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Elsdorfs Bürgermeister Andreas Heller„Wir haben die beste Eisdiele im Kreis“

Lesezeit 6 Minuten
Der Tagebau Hambach hat Elsdorf sehr geprägt. Andreas Heller zeigt die Ausmaße der Abgrabungen.

Der Tagebau Hambach hat Elsdorf sehr geprägt. Andreas Heller zeigt die Ausmaße der Abgrabungen.

Elsdorf – In unserer neuen zehnteiligen Serie sagen uns die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, warum ihre Stadt die schönste im Rhein-Erft-Kreis ist, warum sich ein Besuch ihrer Lieblingsplätze lohnt, ob die Nähe zu Köln Fluch oder Segen ist, und was sie an ihrer Stadt ärgert.

Herr Eller, wie würden Sie jemandem Elsdorf beschreiben, der noch nie hier war?

Heller: Er oder sie muss zunächst einmal ein bisschen Fantasie mitbringen und sich vorstellen können, dass die Dinge in ein paar Jahren anders und schöner aussehen werden. Elsdorf ist der Ort, an dem sich entscheidet, ob der Kohleausstieg in Deutschland wirklich gelingt. Wir sind die kleinste Stadt im Kreis, aber die mit dem größten Entwicklungspotenzial.

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Warum ist Elsdorf die schönste Stadt im Kreis?

Elsdorf ist nicht die schönste Stadt, da haben andere Städte wie Brühl ganz andere Möglichkeiten. Wichtiger als die Schönheit einer Stadt ist vielleicht der Umstand, dass sich die Bürger mit ihrer Stadt identifizieren. Und das tun die Elsdorfer, auch wenn sie das nicht immer so zum Ausdruck bringen. Bedingt durch den Bergbau haben wir hier viel durch- und mitgemacht – deshalb haben wir uns eine gute Zukunft verdient.

Was ist Ihr Lieblingsort in Elsdorf?

Ich würde einem Auswärtigen unser wunderschönes Freibad zeigen, das überregional bekannt ist. Außerdem haben wir mit Cucco’s die beste Eisdiele im Kreis. Anschließend würde ich mit ihm zur Abbruchkante fahren, ihm den Tagebau zeigen und ihm unsere Zukunft erklären. Und schließlich würde ich ihm eines unserer schönen Neubaugebiete zeigen.

Und welcher ist ihr Lieblingsort im Kreis?

Brühl ist in der Tat insgesamt eine sehr schöne Stadt. Da bin ich gerne unterwegs. Ich finde auch, dass die Sophienhöhe ein außergewöhnlicher Ort ist – sie ist sehr vielfältig und hat eine hohe Naherholungsfunktion. Grundsätzlich fahre ich gerne mit dem Fahrrad durch den Kreis, nur nicht durch die Fußgängerzonen. Aber auch in Bedburg bin ich sehr gerne unterwegs.

Sind die Lage und die Nähe zu Köln mehr Fluch oder Segen?

Wir begreifen unsere Situation und Lage als Chance. Weil wir noch das bieten können, was sich viele Leute aus dem Umland wünschen. Bei uns ist Wohnraum noch bezahlbar, wir haben kurze Wege und eine gute Infrastruktur, inklusive Kindergärten und Schulen. Mir ist ein solcher Wachstumsprozess mit all seinen Folgen lieber, als wenn wir über Schließungen von Kitas oder Sportplätzen reden müssten. Das wäre um ein Vielfaches schmerzhafter.

Was tun Sie gegen galoppierende Grundstückspreise?

Die Lösung wird darin bestehen, nicht so weiterzumachen wie bisher. Es ist an der Zeit, dass man nicht mehr das allgemeine Lebensziel der Deutschen definieren kann – nämlich ein frei stehendes Einfamilienhaus. Wir müssen über neue Wohnformen nachdenken, über die Art und Weise, wie man baut und darüber wie man Verkehre organisiert. Ein „Weiter so!“ würde bedeuten, immer mehr Flächen zu versiegeln. Vielmehr müssen wir die vorhandenen Flächen besser und effektiver nutzen.

Was ist die größte Herausforderung für Elsdorf und den Rhein-Erft-Kreis in den nächsten zehn Jahren?

Die größte Herausforderung neben dem Strukturwandel, der Schaffung von Arbeitsplätzen und dem Erhalt von Wertschöpfung besteht darin, dass wir das Wachstum unserer Städte steuern müssen. Wir leben ja nun einmal in einem Ballungsraum, der von Zuzügen profitiert. Es gibt aber eine weitere Herausforderung, die oft unterschätzt wird. Sie besteht darin, das Alte und das Neue miteinander zu verbinden. Wir sind ländlich geprägt und haben Karnevals- und Schützenvereine – und müssen darauf bedacht sein, dass sich diejenigen, die neu zu uns kommen, in diese Strukturen einbringen. Ansonsten haben wir das abgeschottete Neubaugebiet, wo die Leute nur zum Schlafen herkommen. Das möchte ich nicht. Zu guter Letzt müssen wir auch schauen, wie wir den Herausforderungen durch den Klimawandel begegnen. Sie zu bewältigen, wird die Kommunen vor nicht bezahlbare Herausforderungen stellen. Wenn wir energetische Standards erfüllen sollen, wird das eine Unmenge kosten, die die Kommunen nicht haben. Klimawandel ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Da müssen folglich auch alle mit anpacken. Wir beraten sie auch gerne bei der Anschaffung einer Photovoltaikanlage, aber einen Zuschuss können wir nicht geben. Ein anderes Beispiel: ein Mülleimer am Spielplatz. Muss das sein? Ich sage Nein. Bitte nehmt euren Müll wieder mit nach Hause! Es wird unsere große gemeinsame Aufgabe sein, ein klares Rollenverständnis zu entwickeln. So wie bisher können wir nicht weitermachen.

Zur Person

Geboren: 6. Mai 1977 in Elsdorf

Privat: in fester Beziehung lebend, zwei Kinder

Beruflicher Werdegang: als Diplom-Finanzwirt war Heller bei der Finanzverwaltung beschäftigt

Politik: 2002 in die CDU eingetreten, 2009 in den Rat gewählt, seit 2014 Bürgermeister, bei der Wahl 2020 setzte er sich im ersten Wahlgang mit 58,7 Prozent gegen seinen Herausforderer durch.

Was fehlt in Elsdorf – was wünschen Sie sich?

Es fehlt ein wertschätzender Umgang mit unserer Stadt vor dem Hintergrund, dass wir mehr als 40 Jahre den Tagebau vor der Türe hatten. Den haben wir uns nie ausgesucht. Wir wünschen uns einen respektvollen Umgang mit der Leistung, die wir erbracht haben. Ohne Elsdorf, ohne den Tagebau Hambach und ohne die Kraftwerke hier wäre viel Wirtschaftsleistung in NRW nicht möglich gewesen. Hierfür erwarten wir eine angemessene Entschädigung im Rahmen des vorgezogenen Kohleausstiegs durch das Land. Aber auch wir müssen unsere Hausaufgaben machen: Der Strukturwandel und der vorgezogene Kohleausstieg zwingen uns, dass wir uns endlich eigene Gedanken darüber machen, wo wir hinwollen und wohin nicht, was wir können und was nicht. Und das ist gut so.

Was ärgert Sie in/an Elsdorf?

Manchmal ärgere ich mich über unser fehlendes Selbstvertrauen. Der Elsdorfer geht eher pessimistisch an die Dinge heran, als dass er sie als Chance begreift. Wir haben fünf Kilometer Abbruchkante und liegen auf der Sonnenseite. Ich sage jedem: Gebt uns nochmal zehn Jahre. Ihr werdet Euch wundern. Was mich zudem ärgert: Wir müssen dahin kommen, Prozesse beim Planungs- und Vergaberecht schneller und dynamischer zu gestalten. Auf der einen Seite definieren wir neue Rechtsansprüche für Kita, Ganztagsschule und OGS, und auf der anderen Seite muss man europaweite Vergabeverfahren wählen, um sie zu bauen. Das passt nicht.

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Was möchten Sie in dieser Amtszeit noch erreichen?

Es sind entscheidende Zeiten für die Stadt. Es geht darum, die Böschung des Tagebaus Hambach und die Elsdorfer Böschung final zu gestalten. Schließlich soll der Braunkohleplan 2025 beschlossen werden. Das heißt: jetzt oder nie. Ansonsten würde ich die Dinge, die wir angestoßen haben, natürlich gerne fortführen. Wir haben viel in der Stadtentwicklung und in der Wirtschaftsförderung vor. Ich möchte unserer Stadt eine klare Perspektive für die Zukunft geben.

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