Zweiter Jahrestag der FlutErinnerungsstätte in Erftstadt-Blessem eingeweiht – „Dank-Türen“

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Ein Priester segnet zwei Türen, Besucher schauen zu.

Bei einem Dankesfest für Flutopfer und Helfer wurden zwei "Dank-Türen" als Erinnerungsstätte vorgestellt und gesegnet.

Flutopfer und Helfer kamen am Jahrestag der Katastrophe in Erftstadt-Blessem zusammen. Ein Buch bündelt Geschichten von Betroffenen. 

Die Nacht, in der das Wasser kam, werden die Betroffenen nie vergessen. Ihr Hab und Gut wurde von der Flut verschlungen, mancher kam nur knapp mit dem Leben davon. Zwei Jahre danach trafen sich am Samstag in Blessem gut 250 Bewohner, Gemeindemitglieder und Helfer an der Pfarrkirche St. Michael.

Um zu zeigen, was die Gemeinschaft bisher alles geleistet hat, hatte der Arbeitskreis Blessem-Frauenthal mit Hilfe von privaten Spenden und der Geske-Stiftung zu einem Begegnungs- und Dankesfest eingeladen, und zwar an die Stelle, die nach der Flutwelle zu einem Zufluchtsort und Platz der Aufgabenverteilung wurde.

Hier konnten die Menschen einmal durchatmen und sich austauschen. Sie fanden Trost und Ablenkung. Hier wurden Spenden und Materialien gesammelt, Werkzeuge ausgegeben. Die Johanniter organisierten eine tägliche Essensausgabe.

Betroffene erinnern sich zurück 

„Das war einfach großartig“, blickte Heidrun Engels zurück. „Wir hatten ja nichts, kein Wasser, kein Strom. Dieses Miteinander hat mir damals Kraft gegeben. Da standen plötzlich sechs Burschen in meinem Keller und packten mit an.“ Heute hier zu sein, gebe ihr ein gutes Gefühl: „ Ich verspüre jetzt keine Verlustängste mehr.“

„Wenn ich daran zurückdenke, bekomme ich immer noch Gänsehaut“, sagte Hannelore Komischke. „Wir konnten gerade noch unseren Hund und das Hundefutter schnappen und mussten raus aus dem Haus. Inzwischen haben wir renoviert.“ Was heute so locker und leicht klinge, sei harte Arbeit, auch emotional, gewesen, erzählte sie weiter.

Geschichten von Flutopfern in einem Buch erzählt

Am Tisch stimmten ihr Nachbarn zu. Sie alle haben die dramatischen Geschehnisse immer wieder vor Augen. Aus 40 solcher bewegender Geschichten von Flutopfern aus Blessem und Frauenthal wurde inzwischen ein Buch gemacht. Eine achtköpfige Autorengruppe des Arbeitskreises stellte „Stadt, Sand, Fluss“ jüngst vor. Von den ersten 2700 gedruckten Exemplaren gab es die letzten neun auf dem Fest zu kaufen.

Neben Gästen vom Niederrhein, die damals zu den ersten Helfern von außerhalb zählten, waren auch Menschen aus Schmillinghausen in Nordhessen angereist. Sie hatten nach der Flut in ihrer Heimat eine Ferienfreizeit für Kinder aus Blessem organisiert. Aber noch ist nicht alles gut im Ort. Betroffene berichten, dass sie mit finanziellen Schwierigkeiten und Bürokratie kämpfen. Auch Baustellen gibt es weiterhin.

„Dank-Türen“ als Erinnerungsstätte

Für einen besseren Hochwasserschutz setzt sich Rainer von Kempen ein. Als Mitglied des Arbeitskreises engagiert er sich in der Hochwasser-Initiative Erftstadt, die sich inzwischen als offene Bürgerinitiative stadtweit aufgestellt hat. Die Mitglieder wollen mit weiteren Betroffenen der Flutkatastrophe sprechen, um deren Ideen mit in die Bürgerworkshops zu tragen, die die Stadt demnächst veranstalten wird.

Dem Fest ging ein ökumenischer Gottesdienst voraus. Im Anschluss segnete Thomas Blum, Pastoralreferent, auf der Wiese vor der Kirche zwei „Dank-Türen“, die bei der Flut aus den Häusern der Familien Hoffmann und Hebing/Wiener gespült worden waren. Von Johannes Hebing beschriftet, standen sie zunächst an der Frauenthaler Straße. „Ich habe dann das Projekt von Tim Künnemann übernommen“, berichtete Ortsbürgermeister Reiner Dreschmann. Von der Schlosserei Körfgen und der Firma Glas Kastert mit Cortenstahl und Glas gerahmt, bilden die Türen nun eine weitere Erinnerungsstätte.

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