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Krieg in der UkraineAbteilungsleiter aus Ternopil in Erftstadt: „In Gedanken bei meiner Familie“

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Zu sehen ist ein zerbombtes Haus in der westukrainischen Stadt Ternopil.

Am Mittwoch (19. November) wurden zwei neunstöckige Gebäude in der Stadt Ternopil im Westen der Ukraine von Russland bombardiert. 

Volodymyr Kashytskyy aus Ternopil ist derzeit für zwei Wochen in Erftstadt – genau dann, als die Stadt von Russland bombardiert wird.

„Ich habe schon vorher ein beunruhigendes Gefühl gehabt“, sagt Volodymyr Kashytskyy. „Dann habe ich von meinem Sohn und meiner Frau erfahren, dass man angefangen hat, Ternopil zu bombardieren.“ Kashytskyy lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in der Erftstädter Partnerstadt, die am Mittwoch (19. November) einem der schwersten russischen Luftangriffe auf den Westen der Ukraine getroffen wurde.

Das Schicksal weiterer 22 Menschen ist ungewiss. Wahrscheinlich befinden sie sich noch unter den Trümmern
Volodymyr Kashytskyy

„Die heftigsten Einschläge haben zwei neunstöckige Wohngebäude getroffen“, berichtet er im Gespräch am Donnerstag (20. November) mit dieser Redaktion, das eine Übersetzerin vom „Freundeskreis Erftstadt-Jelenia Góra“ dolmetschte. Am Morgen habe er die Information erhalten, dass 26 Menschen umgekommen seien, davon drei Kinder.

Weiter sprach er von 94 Verwundeten, zwölf Personen befänden sich im Krankenhaus in einem sehr schweren Zustand. „Das Schicksal weiterer 22 Menschen ist ungewiss.“ Er vermutet: „Wahrscheinlich befinden sie sich noch unter den Trümmern.“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte die Zahlen der Toten und Vermissten am Donnerstag.

Ternopil: Abteilung organisiert Hilfsgüter für Betroffene

Volodymyr Kashytskyy ist Leiter der Abteilung für internationale Zusammenarbeit und Tourismus der Stadtverwaltung Ternopil. Er habe geholfen, die Zusammenarbeit der Krankenhäuser von Erftstadt und Ternopil aufzubauen. Derzeit ist er für zwei Wochen in Erftstadt. Im Rahmen der Partnerschaft der beiden Städte sowie mit Unterstützung der Engagement Global gGmbH sei es ihm gelungen, einen Praktikumsplatz in der Stadtverwaltung zu erlangen.

Kashytskyy ist die ganze Zeit im Kontakt mit der Ternopiler Verwaltung. Die Abteilung, der er vorstehe, beschäftige sich derzeit damit, Hilfe für betroffene Einwohner und Hilfsgüter zu organisieren. Ein Teil der Betroffenen sei bei Bekannten und Freunden untergekommen. „Die Menschen, die betroffen sind, haben alles verloren.“

Ein Mann steht vor dem Plakat eines Sonnenuntergangs und hält eine ukrainische Flagge.

Volodymyr Kashytskyy leitet der Abteilung für internationale Zusammenarbeit und Tourismus in Ternopil und ist derzeit für zwei Wochen in Erftstadt.

Ein Teil der Menschen sei dort geblieben, um die Ergebnisse der Suche abzuwarten. Bei der Suche in den Ruinen würden spezielle Mitarbeiter für außergewöhnliche Ereignisse aus neun Gebieten der Ukraine eingesetzt, schildert er die aktuelle Situation vor Ort. Damit die ununterbrochene Arbeit an den Ruinen weitergeführt werden könne.

Neben den zwei neunstöckigen Wohngebäuden hätten auch umliegende Gebäude Schaden genommen. Eine große Menge an Privatautos sei verbrannt. Denn überall dort, wo die sogenannte Streumunition hinfiele, entstünden Brände. „In der ganzen Stadt gibt es Probleme mit der Energieversorgung.“ Um Energie zu sparen, werde stundenweise in der Stadt der Strom abgeschaltet, „damit die Stadt überlebensfähig bleibt“.

Erftstadt: Große Betroffenheit in der Partnerstadt

Große Betroffenheit in Erftstadt: „In Gedanken sind wir bei den Menschen in unserer Partnerstadt. Unser Mitgefühl gilt vor allem den Familien, die heute um ihre Liebsten trauern“, teilte Bürgermeisterin Carolin Weitzel mit. Die Stadt Erftstadt sei tief erschüttert und in Gedanken bei den Menschen in der ukrainischen Partnerstadt Ternopil.

Im Februar 2023 hat Erftstadt die Städtepartnerschaft mit Ternopil besiegelt, angestoßen vom Liblarer Jürgen Schreiber. Er und seine Frau Lucyna Malinowska-Schreiber haben in diesem Jahr auf privater Ebene mit Unterstützung des deutsch-ukrainischen Vereins „Blau-Gelbes Kreuz“ einen Schüleraustausch zwischen Erftstadt und Ternopil auf den Weg gebracht. Auch für das kommende Jahr hat das Ehepaar Pläne, diesmal zudem mit Schülern aus der weiteren Partnerstädten Jelenia Góra. Kashytskyy betonte, wie wichtig es sei, dass die Kinder aus dem kriegerischen Gebiet heraus und in eine ruhige Umgebung kämen.

Der Ternopiler sagt: „Selbstverständlich wünschen sich die Leute ein Ende des Krieges, aber zu welchem Preis?“ Und: „Russland bleibt nicht stehen. Heute sind wir auf diesem Platz, und wenn wir nicht mehr da sind, sind die nächsten dran.“

Kashytskyy bleibt bis zum Ende des Projekts in Erftstadt. „Ich bin in Gedanken immer bei meiner Familie und habe telefonischen Kontakt.“

Wer helfen möchte, den bittet Volodymyr Kashytskyy sich an den deutsch-ukrainischen Verein „Blau-Gelbes Kreuz“ zu wenden. Informationen und Kontakt gibt es hier.