Prozess in KölnHürther gesteht Missbrauch von Nachbarskindern in Keller

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Der Angeklagte verbirgt sein Gesicht.

Der Angeklagte verbirgt sein Gesicht.

Köln/Hürth – Er gerierte sich als der nette und hilfsbereite Onkel aus der Nachbarschaft, bot an auf Kinder aufzupassen, ließ sie in seinem Keller an seiner Wohnanschrift in Hürth spielen und übernachten. Die Eltern ahnten offenbar nicht, dass es sich bei dem 54-jährigen Josef D. um einen vorbestraften Sexualstraftäter handelte, der sich Kindern nicht hätte nähern dürfen.

Hürth: Sexueller Missbrauch in 33 Fällen angeklagt

Seit Montag muss sich der Angeklagte vor der Jugendschutzkammer des Kölner Landgerichts verantworten, ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Die Kapuze über den Kopf gezogen, eine Aktenmappe vor dem Kopf, so betrat Josef D. in Begleitung eines Wachtmeisters den Saal 2 des Kölner Justizgebäudes; er wollte sein Gesicht verbergen vor den diversen Fernseh-Teams und Fotografen. Später kam ein grauhaariger Mann mit Brille und dichtem Vollbart zum Vorschein.

Sein Mandant wolle eine umfangreiches Geständnis ablegen, hatte Verteidiger Christoph Weber aus Köln dem Vorsitzenden Richter Christoph Kaufmann bereits im Vorfeld der Verhandlung angekündigt; um den geschädigten Kindern eine Aussage im Zeugenstand zu ersparen.

Hürth: Mädchen am Otto-Maigler-See missbraucht

Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft Josef D. insgesamt 33 Fälle von sexuellem Missbrauch vor, zu Lasten von fünf Mädchen im Alter von acht bis 13 Jahren. Die Taten geschahen im Wesentlichen im Keller des 54-Jährigen in Hürth, den dieser mit Spielzeug, Heizung und Matratzen ausgestattet hatte. Hier habe er sexuelle Handlungen an den Kindern vorgenommen oder vornehmen lassen, zwei Taten waren laut Anklage beischlafähnlich, da sie mit einem Eindringen in dem Körper der Kinder verbunden waren.

Auch bei Ausflügen, auf einem Reiterhof und am Otto-Maigler-See in Hürth, soll es zu Missbrauchstaten gekommen sein. In einem Fall soll der Mann Fotos vom Intimbereich eines der Mädchen angefertigt und über das Handy verbreitet haben.

Der Angeklagte hatte zuvor diverse Kontakte zu erwachsenen Bewohnern in der Nachbarschaft geknüpft, immer seine Hilfe angeboten, etwa bei Renovierungsarbeiten. So entstand auch der Kontakt zu den Kindern. Die Eltern vertrauten dem Mann ihre Töchter an, setzten ihn als Babysitter ein, dankten es ihm mit Geschenken wie Tabak, Kaffee oder Pralinen.

„Jupp“, wie er genannt wurde, durfte die Kinder sogar von der Grundschule abholen. Als ein Junge zufällig durch das Gitter der Kellertür schaute, einen Zungenkuss des Angeklagten an seiner Schwester mitbekam und dies seinen Eltern berichtete, glaubten diese ihm nicht. Der Sohn lüge ja viel, bemerkte der Vater. Der Angeklagte blieb zunächst unbehelligt.

Hürth: Zufällige Verkehrskontrolle entlarvte den Täter

Es ist dem Zufall geschuldet, dass Josef D. Ende März vergangenen Jahres aufflog. So war er mit einem Kind auf dem Motorroller unterwegs und in eine Verkehrskontrolle geraten. Bei der Überprüfung der Personalien stellten die Beamten nicht nur fest, dass der Angeklagte keine gültige Fahrerlaubnis besaß, sondern der wegen Kindesmissbrauchs vorbestrafte Mann offenbar auch gegen Auflagen der Führungsaufsicht verstoßen hatte, da er in Begleitung eines Kindes war.

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Laut Beschluss durfte D. sich weder Kindern nähern, noch sich an Kindergärten, Schulen, Spielplätzen oder Schwimmbädern aufhalten. Ermittlungen wurden aufgenommen, der Täter wurde observiert, Zeugen vernommen. Ein Mädchen offenbarte sich früh der Polizei, woraufhin ein Haftbefehl gegen den 54-Jährigen erging; er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Fall aus Hürth: Kinderschänder rastet im Kölner Gerichtssaal aus

„Es stimmt alles, was da steht“, sagte Josef D. zum Prozessauftakt über den Inhalt der Anklageschrift. Ihn habe das selbst schockiert, als er die Vorwürfe gelesenen habe. Als der Vorsitzende Richter Angaben auf den zeitlichen Ablauf genauer hinterfragte, wurde der Angeklagte auf einmal ungehalten. „Langsam werde ich sauer, dann soll man mich zehn Jahre in den Bunker stecken und gut ist“, sagte er mit erhobener Stimme und verlangte, vom Wachtmeister aus dem Saal gebracht zu werden.

„Das haben Sie gar nicht zu entscheiden“, entgegnete Richter Kaufmann da und erinnerte Josef D. daran, dass er den Kindern doch eine Aussage vor Gericht ersparen wollte. Das ginge nur, wenn er sich detailliert zu allen Anklagepunkten einließe. Nachdem auch Verteidiger Weber beruhigend auf seinen Mandanten eingewirkt hatte, konnte die Befragung ohne weitere Vorkommnisse beendet werden. „Ich möchte mich für meinen Ausraster entschuldigen, ich bin normal nicht so“, meinte Josef D. am Ende seiner Aussage.

Bekommt der Täter Sicherungsverwahrung?

Eine zentrale Rolle kommt im Prozess dem psychiatrischem Sachverständigen Dr. med. Friedrich Krull zu, der mit Angeklagten im Vorfeld über mehrere Stunden gesprochen hat. Krulls Gutachten muss zeigen, ob Josef D. als Hangtäter einzustufen ist und damit eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt; das erscheint aufgrund der Vorstrafen und dem langen Tatzeitraum – die Anklage spricht von 2014 bis 2019 – wahrscheinlich.

Dann könnte eine Sicherungsverwahrung über die Haftzeit hinaus verhängt werden. Eine erste Einschätzung wird für den kommenden Verhandlungstag am Mittwoch erwartet, hier soll sich der Gutachter bereits äußern. Die 2. Große Strafkammer hat insgesamt 17 Verhandlungstage festgesetzt, das umfassende Geständnis dürfte den Prozess aber erheblich abkürzen. Ein Urteil ist bisher für den 14. Februar vorgesehen. 

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