19 Monate nach dem Zugunglück in Hürth, bei dem zwei Arbeiter ums Leben gekommen sind, ist Anklage gegen einen Mitarbeiter erhoben worden.
ErmittlungenAnklage nach Zugunglück in Hürth erhoben – Warnsystem soll im Kofferraum gelegen haben

Bei dem Zugunglück in Hürth waren zwei Arbeiter tödlich verletzt worden.
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Im Zusammenhang mit dem Zugunglück in Hürth im Mai 2023, bei dem zwei Arbeiter von einem Intercity erfasst und getötet wurden, gibt es einen neuen Ermittlungsstand. Wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch (4. Dezember) mitteilte, war ursprünglich gegen zwei Beschuldigte wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Das Verfahren gegen einen der beiden Beschuldigten hat die Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
Dazu schreibt die Staatsanwaltschaft: „Gegen ihn stand der Vorwurf im Raum, als sogenannter ‚Technischer Berechtigter‘ pflichtwidrig die vermeintliche Sperrung der betreffenden Gleise zur Durchführung notwendiger Arbeiten kommuniziert zu haben mit der Folge, dass sich die betreffenden Arbeiter in den – tatsächlich nicht gesperrten –Gleisabschnitt begaben und zwei Personen von einem heranfahrenden Intercity tödlich erfasst wurden. Nach Durchführung umfangreicher Ermittlungen hat sich ein solcher Sorgfaltspflichtverstoß jedoch nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit belegen lassen.“
Gegen den zweiten Beschuldigten hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen beim Amtsgericht Brühl erhoben. Angeklagt ist ein 53-jähriger Mann, der für die Sicherung der Baustelle verantwortlich gewesen sein soll. Ein Bautrupp sollte an dem sonnigen Maitag sogenannte Handstopfarbeiten an den Gleisen in Höhe Hürth-Fischenich durchführen. Handstopfarbeiten im Gleisbau sind eine wesentliche Tätigkeit, um die Gleisstabilität, den Schienenaustausch und andere Instandhaltungsmaßnahmen zu gewährleisten.
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Beschuldigter soll Zugstrecke für Arbeiter freigegeben haben
Bei diesen Arbeiten handelt es sich um manuelle Eingriffe, bei denen erfahrene Fachkräfte die Schienen sorgfältig stopfen, um die richtige Spurweite und Höhe sicherzustellen. Wie die Direktorin des Amtsgerichts Brühl, Susann Ulbert-Maur, in einem Gespräch mit dieser Redaktion erklärte, soll der 53-Jährige „grünes Licht“ für die Arbeiten gegeben haben, obwohl die Zugstrecke noch nicht gesperrt war.

Ein Großaufgebot an Feuerwehr- und Rettungskräften war kurz nach dem Unglück an der Einsatzstelle. Die Einsatzkräfte kümmerten sich um mehrere Arbeiter, die einen schweren Schock erlitten hatten.
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Zur Absicherung der Strecke werden in der Regel sogenannte ATWS-Systeme (Automatic Track Warning Systems) eingesetzt. Sie kommen kabelgebunden und funkgestützt zum Einsatz. Mittels Zugdetektoren und akustischen Signalen wird automatisch vor herannahenden Zügen auf dem Betriebsgleis gewarnt. Laut Ulbert-Maur hätte das Warnsystem jeweils 900 Meter vor und hinter der Baustelle montiert werden müssen. Kommt ein Zug, gebe es ein lautes Warnsignal ab. Dieses ATWS-Warnsystem soll aber bei dem 53-Jährigen im Kofferraum gelegen haben, so die Amtsgerichtsdirektorin weiter.
Intercity fuhr mit Tempo 160 auf die Bauarbeiter zu
Um 11.18 Uhr rollte an dem Donnerstag (4. Mai 2023) der IC 2005, der von Emden über Köln nach Koblenz unterwegs war, mit Tempo 160 auf die Baustelle zu. Der Lokführer habe eine Schnellbremsung eingeleitet und Signalpfiffe abgegeben. Ulbert-Maur: „Der Bremsweg betrug 608 Meter.“ Die Arbeitsmaschinen seien sehr laut gewesen. Ein Zug auf einem Nebengleis habe zusätzliche Geräusche verursacht, sodass die Arbeiter die Warnsignale zu spät gehört hätten.
Einigen Arbeitern an der Baustelle gelang es noch durch einen Sprung zur Seite, ihr Leben zu retten. Ein Mitarbeiter eines Tiefbauunternehmens und eine Sicherheitskraft konnten nicht mehr rechtzeitig reagieren. Wann der Prozess beginnen wird, steht noch nicht fest. Das Amtsgericht prüft nun die Anklage. Mit Prozessbeginn wird nicht vor Februar gerechnet.