40 Feuerwehrleute rückten aus, als ein Autofahrer in eine Schülergruppe gefahren war. Ein Team der psychisch-sozialen Unterstützung betreut die Helfer.
„Ein grausames Bild“So gehen die Einsatzkräfte mit dem tödlichen Unfall in Hürth um

Viele Menschen haben an der Unfallstelle Blumen, Kerzen und Stofftiere niedergelegt. Die Gedenkstätte wurde vom Verkehrskreisel an den Straßenrand verlegt.
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„Das war auch für uns als Feuerwehr alles andere als ein alltäglicher Einsatz“, sagt Michael Mund. Er ist Chef der Feuerwehr Hürth. Selber war er bei dem schrecklichen Unfall am 4. Juni im Einsatz, als am Vormittag auf der Frechener Straße an der Kreuzung Theresienhöhe ein Pkw in eine Gruppe Viertklässler gefahren war.
Der 20-jährige polizeibekannte Fahrer soll mit überhöhter Geschwindigkeit bei Rot über die Ampel gefahren sein. Dabei hat er zwei Menschen das Leben genommen. Nur wenige Tage nach dem Unfall sind zuerst das zehnjährige Mädchen und dann auch der 25-jährige Schulbegleiter an ihren sehr schweren Verletzungen im Krankenhaus gestorben. Beide waren zunächst an der Unfallstelle reanimiert worden.

Die zehnjährige Avin ist bei dem Verkehrsunfall in Hürth ums Leben gekommen. Das Foto zeigt sie auf dem Herkules-Monument in Kassel.
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„Das Bild, das sich den Einsatzkräften bot, war einfach grausam“, berichtet Mund. In solchen Fällen sei es wichtig, den Fokus direkt auf die Hilfeleistung und die Einsatzstandards zu legen. Auch die Einsatzroutine helfe, professionell zu handeln.
Die Notfallseelsorger haben wir dann direkt zur Unfallstelle gerufen
„Zeitgleich musste ja über die Rettungsmaßnahmen hinausgehend direkt eine ganze Menge geregelt und organisiert werden“, sagt Mund. Zu klären war zum Beispiel, in welche Krankenhäuser die Schwerverletzten und die Verletzten eingeliefert werden und wer von den Unfallzeugen und Betroffenen psychische Hilfe benötigt.
Hürth: Für den Transport der Schwerverletzten wurden zwei Rettungshubschrauber angefordert
„Die Notfallseelsorger haben wir dann direkt zur Unfallstelle gerufen“, berichtet Michael Mund. Für den Transport der Schwerverletzten in die Kliniken wurden zwei Rettungshubschrauber angefordert. Auch weitere Rettungskräfte und Notärzte wurden an der Unfallstelle gebraucht. Am Ende waren Rettungskräfte aus dem ganzen Rhein-Erft-Kreis und den Nachbarlandkreisen an der Unfallstelle.
Parallel zu der Menschenrettung und -versorgung am Unfallort sei schnell klar gewesen, dass auch die Einsatzkräfte Hilfe brauchen. Die Feuerwehr Hürth hat für solche Fälle ein eigenes Team der psychisch-sozialen Unterstützung (PSU). „Unser PSU-Team wird nach schlimmen Unfällen längst standardmäßig zur Wache zur Nachbesprechung gerufen“, erklärt Mund.
Die Nachsorge ist auch wichtig, um einer möglichen psychischen Belastungsstörung entgegen zu wirken
Und nur durch eine direkte Verweigerung könnten sich die Feuerwehrleute dieser Gesprächsrunde entziehen. „Aber die Gespräche mit unserem PSU-Team sind sehr anerkannt und sehr gut“, weiß Hürths Feuerwehrsprecher Marvin Habbig. Keiner seiner Kollegen, ob vom Haupt- oder Ehrenamt, käme deswegen auf die Idee, sich dieser Gespräche zu entziehen. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall. „Da ist längst eine sehr vertrauensvolle Beziehung entstanden und eine große Offenheit, sich der Nachsorge zu stellen“, merkt Habbig an.
Die Nachsorge ist auch wichtig, um einer möglichen psychischen Belastungsstörung entgegenzuwirken. „Unser PSU-Team sieht da auch sehr genau hin und erkennt, ob und welche Belastung vorliegen könnte und welche Hilfe nötig ist“, berichtet Mund. Gegebenenfalls werden dann weitere Gruppen-, mitunter auch Einzelgespräche angeboten. Sollte darüber hinaus noch weitere Hilfe bei der Aufarbeitung von Geschehnissen nötig sein vermittelt das PSU-Team aber auch an Fachstellen weiter.
Öfter haben die Feuerwehrleute ihrem Chef bereits von den positiven Auswirkungen der PSU-Nachsorge nach schweren Einsätzen berichtet. Auch beim Einsatz auf der Frechener Straße vor knapp zwei Wochen haben wohl alle etwa 40 Hürther Feuerwehrleute den Einsatz bisher verkraftet. „Wichtig ist es aber immer, dranzubleiben. Ein PSU-Einsatz schließt nie ab, man muss dranbleiben – langfristig und über das gesamte Berufsleben“, so Mund.