Tag der ArchiveStadthistoriker erinnerten an Weinanbau in Hürth

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Stadtarchivar Michael Cöln mit einer Gruppe Besucher.

Am "Tag der Archive" gewährte Stadtarchivar Michael Cöln (l.) den vielen Gästen auch Einblick ins normalerweise nicht zugängliche Aktenmagazin im Hürther Rathauskeller.

Für Besucher hat das Hürther Stadtarchiv am bundesweiten Tag der Archive seine Türen geöffnet. „Essen und Trinken“ lautete das Thema des Tags.

Da die flüssigen Vorräte damals nicht lange gelagert wurden, sondern in der Regel unverzüglich durch die durstigen Kehlen wanderten, konnte Eric Barthelemy seinen Gästen keine Kostproben mehr anbieten. Das war wohl auch besser so. „Der Hürther Wein dürfte ein ziemlich saurer Hund gewesen sein, wahrscheinlich ein blasser Rosé mit wenig Alkohol von sehr überschaubarer Qualität“, vermutet der Stadtarchiv-Mitarbeiter.

Doch auch ohne Weinprobe war ein Abstecher ins Erdgeschoss und in den Keller des Rathauses am Sonntagnachmittag durchaus lohnenswert. Auf dem Programm stand der bundesweit alle zwei Jahre begangene „Tag der Archive“. „Essen und Trinken“ lautete diesmal das Rahmenthema, und die Hürther Stadthistoriker warteten mit einem ebenso lehrreichen wie unterhaltsamen Informationsangebot auf.

Kölner tranken Wein aus Hürth

Beispielsweise konnte man erfahren, woher die Weingartenstraße ihren Namen hat. So konnte im Hochmittelalter dank einer klimatischen Warmphase auf dem Hang bei Kendenich, aber auch auf dem Gebiet des heutigen Hürth-Parks tatsächlich Weinbau betrieben werden. Ideale Absatzmöglichkeiten fanden sich in Köln, wo es angesichts des schnellen Bevölkerungswachstums an sauberem Trinkwasser mangelte. „Deshalb tranken die Menschen Wein, pro Person waren es täglich ein bis zwei Liter“, weiß das Stadtarchiv zu berichten.

Auch in späteren Jahrhunderten ließen es sich zumindest die Wohlhabenden gut gehen. Das zeigt etwa ein Rechnungsbuch aus dem Jahr 1739, aus dem hervorgeht, was sich die feine Gesellschaft so alles liefern ließ – beispielsweise Pinienkerne, Parmesan, Kaffee, Kapern, Mandeln und Kandiszucker. „Das einfache Volk musste sich allerdings vorwiegend von Roggenbrot und Grütze ernähren“, erzählte Eric Barthelemy beim Rundgang durch die kleine, aber interessante Ausstellung, zu der auch eine Fotoschau über Traditionsgaststätten im Wandel der Zeiten gehörte. Andere Dokumente erinnerten beispielsweise an die fast vergessene Schokoladenfabrik Thelen & Krämer, die von 1906 bis 1911 ein wichtiger Wirtschaftsfaktor war.

In den Magazinräumen des Archivs lagern mehr als hunderttausend Akten

Derweil führte Stadtarchivar Michael Cöln die Besucherinnen und Besucher ins Allerheiligste des Stadtarchivs: In den beiden klimatisierten Magazinräumen im Keller werden in langen Gängen voll mit großen Rollregalschränken mehr als 100 000 Aktensätze sorgsam aufbewahrt. Hier ist zuweilen auch penible Handarbeit gefragt: Vor der Einlagerung müssen sämtliche Büro- und Heftklammern aus den Akten gefriemelt werden, weil sie auf Dauer das Papier schwer beschädigen könnten.

Zu den vielen amtlichen Dokumenten, die schon aus rechtlichen Gründen gesichert werden müssen, kommen zahlreiche Fundstücke aus den Kellern und den Speichern von Hürthern. „Oft bringen uns stadtgeschichtlich interessierte Menschen ihre alten Schätzchen vorbei. Zu bewerten, ob sich die Aufbewahrung lohnt, ist Kernaufgabe eines Stadtarchivs“, erklärt Michael Cöln. „Immer umfangreicher wird auch unser digitales Archiv. Es erleichtert den systematischen Zugriff auf die alten Dokumente erheblich, ist im Aufbau aber recht zeitaufwendig.“

An Arbeit mangelt es den Stadthistorikern also nicht. So freut sich der Stadtarchivar darüber, dass sich zu den beiden Mitarbeitern Eric Barthelemy und Erik Heller auch ein kleiner Kreis von rührigen Ehrenamtlichen gesellt hat. Sie kümmern sich beispielsweise um die umfangreichen Sammlung historischer Fotos und Publikationen, schreiben Beiträge für die jährlich erscheinenden „Mitteilungen aus dem Stadtarchiv“ oder helfen bei Vortragsveranstaltungen und Stadtführungen.

Gäste seien übrigens nicht nur zu besonderen Gelegenheiten wie dem „Tag der Archive“ willkommen, betont Michael Cöln: „Wir verstehen uns als offenes Stadtarchiv und gewähren auch im Alltag gern Einblick in unsere Arbeit und in unseren Fundus. Stöbern ist nach kurzer Terminabsprache ausdrücklich erlaubt.“

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