KerpenEltern kritisieren Vorsitzenden des VfL Sindorf wegen Äußerungen über Muslime

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Auch beim VfL Sindorf ist man gegen Rassismus, aber nun gibt es Streit  - Auslöser sind Schweinswürstchen.

Kerpen-Sindorf – Beim VfL Sindorf schwelt ein Streit. Eltern der erfolgreichen C-Jugend kritisieren den Vereinsvorsitzenden Hans-Peter Floß.

Eigentlich ging es um ein erfreuliches Ereignis für beide Seiten. Die Kicker des VfL Sindorf können besonders gut mit dem Ball umgehen. Sie stiegen in die Sonderstaffel auf. Das sollte gefeiert werden. Die Hauptvorstand bot sogar Unterstützung an. Den Eltern sollten etwa 200 bis 250 Euro für Getränke, Hamburger und Würstchen zur Verfügung stehen. Diese Würstchen werden im vereinseigenen Kühlschranks gelagert – allerdings nur Würstchen aus Schweinefleisch und Burger aus Rindfleisch.

Eltern beschweren sich und wenden sich an Bürgermeister

Auf den Hinweis eines muslimischen Vaters, ob es nicht auch Grillgut gebe, das halal sei, kam es zum Streit. Halal kann man mit „zulässig“ oder „erlaubt“ übersetzen. Es handelt sich um Lebensmittel, die nach muslimischer Ansicht gegessen werden dürfen. Schweinefleisch zählt nicht dazu. Der Streit hat Kreise gezogen. Die Eltern wandten sich an den Bürgermeister und die Integrationsbeauftragte.

Vater Kamil Biber berichtete davon, dass der Vorsitzende ihm gegenüber gesagt habe, „der Glaube bleibe beim VfL Sindorf draußen vor der Tür des Sportplatzes“. Eigentlich fühlt der Vater sich zwar beim VfL Sindorf sehr wohl und er betont: „Hier wird im Jugendbereich viel geleistet, aber hin und wieder knackt es mal im Verhältnis zum Hauptvorstand.“

Spielervater Holger Mende sieht die integrative Kraft des Sports durch Floß’ Aussage gefährdet: „Er fordert die Eltern und Kinder muslimischen Glaubens auf, sich anzupassen und das zu essen, was serviert wird, oder es zu lassen.“ Kamil Biber ergänzt: „Herr Floß sagte, wenn wir das Vereinsgelände beträten, wären wir ja keine Muslime oder Christen mehr, sondern nur noch Mitglieder des Vereins oder Zuschauer.“

Ärger beim VfL Sindorf: Hans-Peter Floß weist die Kritik zurück

Das weist Hans-Peter Floß im Gespräch zurück: „Das habe ich so nicht gesagt.“ Was er gemeint habe, sei: „Ich habe gesagt, es bleibt bei uns alles vor der Tür. Wir haben Multikultur in unserem Verein. Von den etwa 600 Mitgliedern sind sehr viele mit Migrationshintergrund.“ Auch habe der Verein 80 Euro für Halal-Fleisch zu dem Fest beigesteuert.

Der Verein halte zwei Grills vor, einen für Rind- und einen für Schweinefleisch. Einen eigenen Grill, um etwas halal zuzubereiten, gebe es allerdings nicht, räumt Floß ein. Ein solcher Grill würde „nicht akzeptiert“ werden, glaubt Floß, der aber auch sagt: „Das ist eine reine Frage der Esskultur. Ich möchte nicht, dass Probleme entstehen durch Religionen. Ob Hindu, Jude, Christ – jeder soll das leben.“ Er sei auch gläubig, sagt Floß, aber: „Wenn ich beten will, dann gehe ich in die Kirche. Und wenn ich hier zum VfL Sindorf komme, dann machen wir Sport.“

DFB will Vielfalt in den Gremien

Holger Mende sieht die muslimischen Eltern in eine Ecke gedrängt: „Er (Floß, d.Red.) wirft ihnen vor, immer nur Probleme zu machen.“ Floß hingegen sagt: „Ich hab nichts gegen fremde Kulturen. In manchen Mannschaften haben 70 Prozent einen Migrationshintergrund.“ Die Sache scheint festgefahren. Jetzt kann eigentlich nur noch der Deutsche Fußballbund helfen, denn der bietet in solchen Fällen seine Unterstützung an. Der Fußballverband Mittelrhein (FVM) hat dazu auf Basis des DFB-Integrationskonzeptes fünf Thesen veröffentlicht.

In den ersten beiden Thesen geht es darum, in den Fußball-Gremien Vielfalt abzubilden, könnte etwa heißen: In den Fußballvereinsvorständen Menschen mit Migrationshintergrund zu haben, ist kein Nachteil. Da gibt es in Sindorf Nachholbedarf. Für Menschen, die Verantwortung im Fußballsport tragen, werden auch „Leadership-Programme und Qualifizierungsmaßnahmen gezielt für Menschen mit internationaler Geschichte umgesetzt“, informiert der Verband.

Gegen jede Form von Diskriminierung

Der FVM positioniert sich klar „gegen jede Form von Diskriminierung“. In diesem Zusammenhang wurde Anfang 2020 zudem die zentrale Anlaufstelle für „Gewalt-, Diskriminierungs- und Extremismusvorfälle“ gegründet. Hauptaufgabe sei neben Erfassung und Analyse der Vorfälle, „den Vereinen Unterstützungsangebote an die Hand zu geben sowie bei Konflikten zu vermitteln“. So steht es in der fünften These des FVM.

„Es ist immer förderlich, in die Kommunikation zu treten“, sagt Nina Hambalek vom FVM vorsichtig. Dazu biete der Verband auch Gesprächsrunden an. Bei Konflikten kann man sich auch direkte Hilfe beim Fußball-Verband Mittelrhein holen. Es gibt mit Philipp Theobald (0203/71722201) einen Referenten für Integration als Ansprechpartner und Vermittlungsinstanz.

Das könnte Sie auch interessieren:

Theobald sagt zu dem Würstchenstreit: „Es sind solch vermeintlich kleinen Dinge, die aber Großes auslösen können. Unser Ziel ist, Ansprechpartner zu sein, damit sich beide Seiten wieder etwas näherkommen und alle zu sensibilisieren.“

KStA abonnieren