Gerrit Wustmann aus Kerpen schreibt Horrorstorys mit einer Prise Humor.
Buchautor aus KerpenDas Gruseln in der Nachbarschaft

Gerrit Wustmann schreibt Horrorgeschichten mit Humor.
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Gerrit Wustmann hat es faustdick hinter den Ohren. Egal, ob die Zombie-Apokalypse in der Provinz ausbricht oder hinter den Mauern gepflegter Eigenheime das Unaussprechliche lauert – mit seinen Kurzgeschichten hat sich der 1982 geborene Kerpener als Experte modernen Horrors etabliert. Mit „Sterben in deinem Geweih“ (Sujet Verlag) legt er seinen zweiten Band mit Storys vor, die die Leser gleichermaßen schaudern wie schmunzeln lassen.
„Das Horror-Genre existiert auf dem deutschen Buchmarkt so gut wie gar nicht“, bedauert Wustmann, „dabei hat sich dieser Bereich gerade in den letzten 20 Jahren stark erneuert. Dort wird inzwischen sehr literarisch geschrieben und experimentiert.“ Erstmals auffällig wurde der Autor mit einer atmosphärischen Lyrik-Trilogie zur Metropole Istanbul, die auch auf Türkisch erschienen ist. Obwohl seine Gedichte in mehrere Sprachen übersetzt und ausgezeichnet wurden, hat er dieses Genre hinter sich gelassen: „Irgendwann war ich bei der Lyrik an einem Punkt angelangt, an dem ich mich wiederholte, sowohl inhaltlich als auch formal.“
Schon als Kind angefangen zu schreiben
Heute ist Gerrit Wustmann vor allem als Autor, Übersetzer, Moderator und Journalist unterwegs: „Ich habe schon als Kind angefangen zu schreiben und viel zu lesen, das ist bis heute so. Ein Tag, an dem ich nicht zum Lesen komme, ist ein schlechter Tag. Da ist es nur schlüssig, dass ich Literatur zu meinem Lebensmittelpunkt gemacht habe.“ Bislang sind 15 Bücher von ihm erschienen. Als Journalist, Herausgeber und Übersetzer legt er einen Schwerpunkt auf Literatur aus dem türkischen und persisch-arabischen Raum: „In dieser Region sind sowohl Lyrik als auch Prosa noch relativ jung. Das macht ihren Reiz aus, weil dort im Vergleich zu uns viel mehr experimentiert wird. Deshalb gibt es auch immer wieder Neues zu entdecken.“
Bei Wustmanns eigenen Texten liegt die Inspiration näher: „Für mich muss Horror nicht unbedingt etwas mit Monstern zu tun haben. Mitunter genügt schon eine Alltagssituation mit einem unangenehmen Unterton; also Sachen, die wir eigentlich alle kennen - gerne auch humorvoll, denn ich finde, Horror und Humor gehören zusammen.“ Manche von Wustmanns Lesern erinnern diese Storys an Roald Dahl oder Stephen King – doch der Kerpener hat seine eigene literarische Handschrift entwickelt. Bei ihm reichen eine kleine Nachlässigkeit, fehlende Kommunikation oder schlichtweg schiere Einsamkeit aus, um dem Schicksal seiner Protagonisten eine wirklich sehr unschöne Wendung zu geben.
Meine Geschichten sind keine Abziehbilder
Oft meint man die Figuren in diesen Geschichten aus dem eigenen Leben und Umfeld zu kennen: „Meine Figuren sollen keine Abziehbilder sein. Die klassischen Bösewichter finde ich langweilig.“ Ein locker gesponnener roter Faden mäandert durch die zwölf Geschichten des neuen Buchs und verbindet sie mit dem Vorgängerband „Nichts daran ist witzig“ (2023). Dabei punktet gerade die Beiläufigkeit, mit der Wustmann seine Geschichten erzählt und ihre Protagonisten ungerührt ins Verderben stürzen lässt. Risiken und Nebenwirkungen für die Leser sind da durchaus eingeschlossen.
So wird man sich nach der Lektüre wohl kaum wieder unbefangen einem handelsüblichen Handstaubsauger nähern oder ohne düstere Gedanken durch die Kühlabteilung eines Supermarkts flanieren. Unter den clever und süffig geschriebenen Storys ragt die Novelle „Nole“ heraus, eine Amour fou in der urbanen Kulturschickeria, die dem etwas kryptischen Buchtitel „Sterben in deinem Geweih“ auf sehr blutige Weise Sinn gibt.
Weitere Horror-Kurzgeschichten sollen folgen. Das Buch: Gerrit Wustmann: Sterben in deinem Geweih, Elf Storys und eine Novelle, Sujet Verlag, 326 Seiten, 20 Euro.