Rechte DrohungenPolizeischutz für SPD-Kandidat nach Video an Kerpener Muslime

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Andreas Lipp will in der Stichwahl das Amt des Bürgermeisters für sich entscheiden.

Andreas Lipp will in der Stichwahl das Amt des Bürgermeisters für sich entscheiden.

Kerpen – Massive Bedrohungen und Hetze aus dem rechten Spektrum gibt es gegen den SPD-Bürgermeisterkandidaten Andreas Lipp. Dieser hat mittlerweile Anzeige bei der Polizei gestellt, er steht unter Polizeischutz.

Lipp hatte ein Video aufgenommen, das sich an die „Jugendlichen und jungen Menschen unserer muslimischen Gemeinden in unserer Kolpingstadt“ richtete. „Ich wurde darum von Vertretern dieser muslimischen Gemeinden in Kerpen gebeten“, sagt Lipp. Diese hätten ihm mitgeteilt, dass sich die Jugendlichen mit ihren Bedürfnissen in der heutigen Politik nicht genug wahrgenommen fühlten. Das Video sollte dann intern über die Whatsapp-Gruppen der Gemeinden an deren Jugendliche weitergeleitet werden.

Video wird von antimuslimischen Seiten weiterverbreitet

In dem knapp eine Minute langen Video bot Lipp an, mit den Jugendlichen über Themen wie den Muezzinruf, das Frauenschwimmen, sportliche Teilhabe und preisgünstiges Wohnen zu reden. Das Video sei dann – von wem, ist unklar – auf Facebook-Seiten gepostet worden und somit öffentlich abrufbar gewesen.

Es wird nun deutschlandweit von rechten und antimuslimischen Internetseiten und Medien weiterverbreitet und kritisiert. „SPD-Kandidat wirbt mit Muezzin-Ruf und Frauenschwimmen um muslimische Wählerstimmen“, schreibt etwa das in rechtspopulistischen Kreisen bekannte Magazin „Compact“ über den Vorgang. Lipp wird nun im Internet beschimpft und sogar mit dem Tod bedroht.

Rückendeckung von Spürck

„Wir sind schockiert darüber, wie ein Gesprächsangebot an eine bestimmte Gruppe von Mitbürgern in unserer Stadt zu solch einem Hass und solcher Hetze gegen den Kandidaten führen kann“, meint SPD-Stadtverbandsvorsitzender Daniel Dobbelstein dazu. Lipp berichtet, wie ihn nun gänzlich unbekannte Leute aus ganz Europa, teils unter einem Pseudonym, per Internet beleidigten und bedrohten. Auch habe es schon anonyme Anrufe in seinem Haus gegeben.

„Ich lasse mich davon aber nicht einschüchtern“, versichert er. Sein einziger Fehler bei dem Video sei gewesen, dass er die muslimischen Jugendlichen mit „Ihr seid die Zukunft dieser Stadt“ angesprochen habe. Es hätte heißen müssen: „Ihr seid auch die Zukunft dieser Stadt.“ Lipp weist darauf hin, dass er auch für andere Bevölkerungsgruppen Wahlvideos erstellt habe. Zudem erinnerte er an das Motto: „Kerpen gelingt gemeinsam.“ Da sei es selbstverständlich für ihn, auch mit muslimischen Jugendlichen über die Themen zu reden, die diese bewegten.

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Rückendeckung gibt es von seinem Kontrahenten in der Stichwahl, Bürgermeister Dieter Spürck (CDU): Politische Amtsinhaber und die, „die ein Amt anstreben, dürfen nicht persönlich attackiert werden – egal aus welcher Richtung oder aus welchem Spektrum“, sagte Spürck. „Dieses Verhalten darf nicht toleriert werden.“

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