Der zweite Bauabschnitt und der Neubau einer Grundschule in Sindorf sind eng miteinander verknüpft. Das könnte nun zu Problemen führen.
GlashütteProjektentwickler fürchtet Aus für Teile des Baugebiets und Schule in Kerpen

Eine Visualisierung des geplanten Neubaugebiets Alte Glashütte.
Copyright: Lorber Paul Architekten
Steht das Bauprojekt Alte Glashütte in seiner bisherigen Form auf der Kippe? Das zumindest befürchtet der Projektentwickler, die Periskop Development GmbH aus Berlin. Wie Petra Müller, Head of Development, der Redaktion mitteilt, geht es vor allem um den zweiten Bauabschnitt, der dem eigentlichen Areal der Alten Glashütte gegenüber an der Hüttenstraße liegt.
„Die Bemühungen der Periskop Development GmbH, den zweiten Teil des ehemaligen Industriegeländes baurechtlich in ein Wohngebiet zu transformieren, werden seit mehreren Monaten von der Stadt Kerpen nicht mehr geteilt“, sagt sie: „Versuche, mit den behördlichen und politischen Entscheidern zu diesem Sachverhalt zu kommunizieren, werden leider nur spärlich erwidert. Eine Zusammenarbeit zur Planung und Entwicklung des zweiten Bauabschnitts findet nicht statt.“
Kerpen: Erst lief die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Firma glatt
Dabei sei die Zusammenarbeit zuerst „kooperativ und zielorientiert“ gewesen, betont sie: „In Workshops konnten wir gemeinsame Lösungen entwickeln, die auf die Bedarfe der Kolpingstadt Kerpen zugeschnitten waren.“ Bisher sei für den Projektentwickler nicht ersichtlich, wann mit einer Bauleitplanung für den zweiten Bauabschnitt zu rechnen sei.
Den Grund für diese Verzögerung vermutet Müller in der Schulplanung der Kolpingstadt. Denn die Entwicklung des zweiten Bauabschnitts sei abhängig von einer weiteren Grundschule in Sindorf, wie die Verwaltung den Projektentwicklern mitgeteilt habe. „Dem beigefügten Schulentwicklungsplan Kerpen konnten wir mit Erstaunen entnehmen, dass die Stadt schon vor langer Zeit Planspiele in Auftrag gegeben hat, die eine Verzögerung beziehungsweise Absage des zweiten Bauabschnitts in Betracht zogen. Damit scheint die Stadt Kerpen Schulplätze einsparen zu wollen und auf den seit 2017 geplanten Grundschulneubau zu verzichten“, sagt Müller.
Projektentwickler: Analyse des Schulentwicklungsplans sei fehlerhaft
Die zugrundeliegenden Prognosen des Schulentwicklungsplans fußen aber aus Sicht der Projektentwickler-Firma auf fehlerhaften Annahmen. Demnach rechne die Stadt inklusive des Baugebiets Glashütte mit zu hohen Schülerzahlen, die wiederum überhaupt erst die Notwendigkeit eines Schulneubaus verursachten. Im Umkehrschluss stehe nun die Befürchtung im Raum, dass es für den Schulneubau keinen Bedarf mehr gebe, wenn der zweite Bauabschnitt gestrichen werde. Entsprechend ließ die Firma selbst einen Gutachter auf die Schulplanung schauen.
Müller erläutert: „Einer gutachterlichen Stellungnahme zufolge ist diese von der Stadt beauftragte Schulplatzbedarfsanalyse für Kerpen-Sindorf in weiten Teilen methodisch fehlerhaft. Die dort angenommenen Schülerzahlen sind grundsätzlich zu hoch angesetzt und bilden die zukünftige Entwicklung unzureichend ab. Fehlerbereinigt kann angenommen werden, dass der zweite Bauabschnitt keine relevanten Auswirkungen auf die Notwendigkeit eines Grundschulneubaus in Kerpen Sindorf hat.“
Wunsch nach besserer Zusammenarbeit
Petra Müller betont, dass die Stadt aus ihrer Sicht dringend neuen Wohnraum benötigt. Diesen Wunsch hätten auch die Bürgerinnen und Bürger bei der jüngsten Informationsveranstaltung geäußert. „Gleichzeitig wurde 2017 mit einem Grundsatzbeschluss festgestellt, dass Sindorf eine neue Grundschule benötigt. Wissend um die aktuelle Haushaltssituation haben wir der Stadt leider vergeblich mehrere Angebote unterbreitet, diesen Grundschulneubau zu unterstützen“, führt sie aus.
„Sollte die Stadt den Wohnungsneubau des zweiten Bauabschnitts absagen, um sich damit den Grundschulneubau zu sparen, wäre das für die weitere Entwicklung Kerpens sicherlich nicht positiv. Deshalb hoffen wir, dass die Stadt die Zusammenarbeit zur Entwicklung des zweiten Bauabschnitts wieder aufnimmt, um mit uns tragfähige Lösungen für den benötigten Wohnungsbau und die Grundschule in Sindorf zu erarbeiten“, sagt Müller.
Auf Anfrage der Redaktion bestätigt die Stadt: „Der zweite Bauabschnitt ist abhängig von der Inbetriebnahme der dritten Grundschule in Sindorf.“ Dass derzeit noch keine Bauleitplanung für den zweiten Bauabschnitt in Sicht ist, lässt sich mit einem Blick auf den aktuellen Stand des Vorhabens erklären: „Der Bebauungsplan SI 392 Quartier an der Glashütte war vom 20. Februar 2025 bis zum 4. Februar 2025 in der frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung. Derzeit werden die für das weitere Planverfahren notwendigen Unterlagen und Gutachten erstellt“, erklärt Sabine Schüller aus dem Bürgermeisterbüro: „Im Anschluss daran erfolgt der Beschluss zur Offenlage (vermutlich ca. Ende 2025/Anfang 2026). An die Offenlage schließt sich noch der Satzungsbeschluss an, bevor der Bebauungsplan rechtskräftig wird. Erst danach kann mit der Realisierung begonnen werden.“
Auf die Frage, ob weiterhin mit einer neuen Grundschule in Sindorf zu rechnen ist, bleibt die Stadt jedoch vage: „Derzeit wird der Bau der dritten Grundschule in Sindorf geplant und vorbereitet. Durch den Bau der Grundschule werden die bereits bestehenden Grundschulen in Sindorf entlastet und der künftige Bedarf an Grundschulplätzen in Sindorf abgedeckt.“
Stadt: Überbelegung der Eingangsquoten gebe es nicht
Wie die Zahlen des Schulentwicklungsplans (SEP) zustande kommen, erklärt Schüller wie folgt: „Die Prognose fußt auf den Einwohner*innenzahlen laut Melderegister und den Einschulungsquoten der letzten Jahre. Die Eingangsquoten decken den Zu-/Fortzug, Rückstellungen, Schulbesuch von Privat- und Förderschulen, sowie die Bewegung zwischen den Schuleinzugsbereichen ab (im Mittel der letzten sechs Schuljahre). Außerdem wurden die Effekte der geplanten Neubaugebiete einbezogen.“
Eine Überbelegung der Eingangsquote der Schulen gebe es nicht. „Diese Quote kann unter und über 100 liegen. Dies ist aber dann keine Überbelegung. Die Eingangsquote für die Zukunft kann über 100 liegen, wenn zu erwarten ist, dass mehr Kinder eingeschult werden, als zum Zeitpunkt der SEP-Erstellung Kinder im Einzugsbereich der Schule gemeldet waren.“ Als einen möglichen Grund dafür nennt Schüller die prognostizierten Zuzüge durch Neubaugebiete - wie etwa der Alten Glashütte.
Alte Glashütte gilt als identitätsstiftend für Sindorf
Die Alte Glashütte gilt in Sindorf als identitätsstiftend. Lange diskutiert wurde etwa, ob das Fabrikgebäude bleiben kann. Nach diversen Gutachten wurde allerdings in Absprache mit dem Projektentwickler entschieden, dass ein Großteil des alten Bauwerks abgebrochen werden muss, so auch die alte Kathedrale, eine Halle für die Herstellung von Pressglas.
In einer Bürgerveranstaltung im Januar informierte die Periskop GmbH die Öffentlichkeit etwa darüber, dass sie 160 Wohnungen auf dem etwa 100.000 Quadratmeter großen Areal bauen wolle. Auch ein Quartiertreff, eine Kita, weiteres Gewerbe und eine Gastronomie waren angedacht. Nicht nur für Kerpener soll das moderne Neubaugebiet neuen Wohnraum schaffen, sondern auch über das Stadtgebiet hinaus Interesse wecken, etwa bei Berufspendlern.