Mit einem Wert von 1,57 ist Pulheim Schlusslicht unter den 76 im Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe aufgelisteten Städten in NRW.
Hitze-CheckPulheim ist die drittwärmste Stadt in NRW - Zu wenig Grün

Die Deutsche Umwelthilfe hat festgestellt, dass es in Pulheim zu wenig Grün gibt.
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Das Ergebnis überrascht Karen Schmithüsen, die Gründerin der Ortsgruppe Pulheim im Nabu Rhein-Erft, nicht. Der zweite bundesweite Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe (DUH) belegt, dass Pulheim zu den Städten mit den höchsten Temperaturen in NRW zählt. Unter den Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern rangiert Pulheim auf Platz drei, hinter Euskirchen und Köln.
Der Grund: Es fehlt an Bäumen, Blühstreifen, Hecken, also an dreidimensionalen Vegetationskörpern, wie die DUH sie nennt. Mit einem Wert von 1,57 ist Pulheim Schlusslicht unter den 76 aufgelisteten Städten in NRW. „Da es in der Stadt zu wenige Bäume und Grünflächen gibt, fehlen die natürliche Verdunstung, die für Kühle sorgt, und natürlich Schatten“, sagt Schmithüsen im Gespräch mit der Redaktion.
Pulheim: Klimaresiliente Bäume pflanzen
Über das nun von der DUH kritisierte mangelnde „Grünvolumen“ haben Karen Schmithüsen und ihre Mitstreiter Anfang Mai mit Bürgermeister Frank Keppeler gesprochen. Fünf Themen hätten sie für das Gespräch ausgewählt, darunter die Begrünung im Stadtkern. „Der Marktplatz, der Platz vor dem Köster-Saal, der angrenzende Parkplatz vor Denn's Bio, der neue Parkplatz an den Schienen, der Parkplatz von der Aldi-Filiale selbst und das Parkhaus – alles ist versiegelt, Grün gibt es kaum. Das fällt massiv auf.“
Das muss nach Ansicht der zweifachen Mutter, die mit ihrer Familie in Sinnersdorf lebt, nicht so bleiben. Nicht all diese Flächen seien durchgängig betoniert oder asphaltiert. „Man könnte Pflastersteine entfernen und kleine Pflanzinseln schaffen, um klimaresiliente Bäume zu pflanzen oder die Flächen mit robusten Stauden zu begrünen. Wenn das zum Beispiel wegen Feuerwehrzufahrten nicht möglich ist, gibt es ja auch mobile Pflanzkübel mit Rankgittern.“
Das Interesse ist da, vor allem bei Kindern
Wichtig findet Karen Schmithüsen, dass die Stadt bereits geplante Bauprojekte überdenkt. „Auf neuen Parkplätzen sollten Bäume alle zwei Parktaschen und nicht alle zehn gepflanzt werden. Auch über den Bodenbelag von Parkplätzen sollte man nachdenken, hier gibt es mehr als durchgängigen Asphalt, zum Beispiel Rasengittersteine. Und in schon bestehenden (Neu-)Baugebieten sollte sie vermehrt Blühstreifen anlegen.“ Für die Pflege der Blühstreifen und Baumscheiben schlägt Karen Schmithüsen vor, Patenschaften zu vergeben. „Schulen fragen uns die NABU Rhein-Erft Ortsgruppe Pulheim‚ ‚was können wir für den Umweltschutz machen‘. Das Interesse ist da, vor allem bei Kindern, ist die zweifache Mutter überzeugt.“
Positiv wertet Karen Schmithüsen, dass die Stadt Dach- und Fassadenbegrünung fördert. „Aber warum werden städtische Gebäude nicht begrünt? Verwaltungsgebäude? Der Dr.-Hans-Köster-Saal? Bushaltestellen? Schulen? Die Stadt sollte vorangehen, um die Temperatur in Pulheim nachhaltig zu senken. Es ist wichtig, dass sie flexibler wird und kreativer.“ Angesprochen auf die Petition, die sie in der vergangenen Woche gestartet hat, sagt sie: „Sie läuft noch, 1100 Menschen unterstützen sie bislang.“ Sie überlege nun die weiteren Schritte.
Baumscheiben ohne Bäume
Auch Michael Gotschika, passionierter Landschaftsgärtner im Ruhestand, unterstützt die Petition. Der Pulheimer beklagt schon lange, „dass es in Pulheim zu wenig Grün gibt und das vorhandene nicht qualifiziert genug gepflegt wird“. Verwunderlich findet er, dass es in der Stadt mehr als 100 Baumscheiben ohne Bäume gebe.
„Teils stehen da Büsche. Aber es wäre viel sinnvoller und nachhaltiger, Bäume zu pflanzen, da sie im Vergleich zu einem Strauch eine immense Blattmasse entwickeln können. Wir brauchen Schatten und Verdunstung.“ Es gebe klimaresiliente Arten, wie etwa Feld- und Säulenahorne.
Verrohrte Abschnitte des Pulheimer Bachs öffnen
Nicht nachvollziehbar ist für Michael Gotschika, dass die Stadt in den Neubaugebieten am Geyener Berg „die einmalige Chance nicht genutzt hat, viel mehr Bäume zu pflanzen. Es hätte problemlos das Drei- oder Vierfache sein können, ohne dass ein Parkplatz wegfällt oder ein Gehweg zu schmal ist“.
Auch Horst Engel unterstützt die Petition für ein kühleres Pulheim. Die Stadt könne zusätzliche Bäume pflanzen, aber auch Brunnen errichten. Weiter regt der Vorsitzende des Unterhaltungsverbandes Pulheimer Bach an, noch verrohrte Abschnitte des Pulheimer Bachs zu öffnen. „Möglich wäre das in Sinthern, Geyen und in Pulheim, im Abschnitt zwischen der Widdersdorfer Straße und der Straße ‚Im Büngertchen‘.“ Die Stadt müsse dafür den nötigen Grunderwerb tätigen. „Er wird vom Land gefördert, bis zu 80 Prozent“, weiß Horst Engel aus diversen erfolgreichen Renaturierungsprojekten am Pulheimer Bach.
Die Verwaltung prüft derzeit die erhobenen Daten und die daraus abgeleiteten Ergebnisse aus dem Hitze-Check der DUH. „Unabhängig von dieser Studie beschäftigt sich die Verwaltung bereits mit der Thematik. So wird derzeit das Klimawandel-Anpassungskonzept erarbeitet, mit dem auf die Folgen des Klimawandels reagiert werden soll“, teilt Stadtsprecherin Ruth Henn auf Nachfrage mit.
Darüber hinaus habe die Verwaltung Projekte ins Leben gerufen, die schon jetzt zur Abkühlung beitragen sollen, wie etwa das Förderprogramm zur Dach- und Fassadenbegrünung oder die Wettbewerbe zum Umbau von Schotter- in naturnahe Gärten. Auch soll es im Stadtgebiet Trinkwasserbrunnen geben. Um auf die Folgen des Klimawandels zu reagieren, verwende die Stadt bei Neupflanzungen im öffentlichen Raum standortgerechte, klimaresieliente Baum- und Straucharten.