Auf dem Weg nach VietnamSportwissenschaftler Till Kämpfer durchquert 20 Länder mit dem Rad

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Ein Rad lehnt an einen Baum neben einem Zelt im Hintergrund geht die Sonne unter und bescheint Heißluftbaloons am Himmel

Till Kämpfer hat sich mit seinem Rad bewaffnet von Köln nach Saigon durchgeschlagen.

Kämpfer musste sich auf seiner Reise mit Ameisen und Mücken herumschlagen. Das hielt ihn aber nicht ab, mit dem Rad 27.105 km zurückzulegen.

In der eigenen Geburtstagsnacht findet sich Till Kämpfer am 25. November schlafend in einem Zelt mitten in der Natur Asiens wieder. Der sich dem Ende zuneigende Tag war sehr anstrengend für den frisch gebackenen Sportwissenschaftler, da er mit seinem Fahrrad und dem dazugehörigen Radhänger knappe 100 Kilometer über ruckelige Schotterpisten gefahren ist.

Sein Zelt hatte er vor dem Zubettgehen an einem wunderschönen See aufgeschlagen, doch den Ausblick auf eben jenen konnte der Radsportler des Pulheimer SC nicht lange genießen, da sich Mücken auf seine Haut stürzten.

Schlafplatz voller Ameisen

Vor den Stichen der Insekten suchte er Schutz im Zelt und verarbeitet dort die Eindrücke seiner bisherigen Reise, die am 5. Mai in Köln gestartet war und am 31. Dezember ihr vorläufiges Ende in Ho-Chi-Minh-Stadt (ehemals Saigon), Vietnam, fand, in seinen Träumen.

Doch ein sich langsam ausbreitendes Kribbeln auf seinem Körper reißt Kämpfer aus dem Schlaf. Hastig sucht er seine Lampe und schaltet das Licht an. Sein Körper und sein Schlafplatz sind voll mit Ameisen, die durch ein Loch im Boden des Zeltes auf der Suche nach Essen zu dem Weltenbummler nun hineindringen. Der gebürtige Kasseler ist zu erschöpft, um sich dem Kampf gegen die Ameisen zu stellen. Er sucht sich einen kleinen freien Platz im Zelt und versucht, seine ungebetenen Gäste irgendwie auszublenden.

Das war wahrscheinlich der schlimmste Geburtstag, den ich je hatte.
Till Kämpfer, Sportwissenschaftler

„Das war wahrscheinlich der schlimmste Geburtstag, den ich je hatte“, berichtet Till Kämpfer knappe zwei Monate später von Bangkok, Thailand, aus und fügt lachend an: „Es gab so einige weitere Momente, in denen ich mich gefragt habe: Warum mache ich das eigentlich?“

Die Idee, nur mit einem Fahrrad und dem nötigsten an Gepäck von Köln aus an den südöstlichsten Punkt Asiens zu gelangen, kam Kämpfer während seines Studiums an der Sporthochschule Köln. 2017 testete der damalige Sportstudent sein Projekt einmal an, indem er sich aufmachte, um nach Portugal an den westlichsten Punkt Europas zu fahren. Die Testfahrt in Richtung Portugal gelang ohne Probleme und so war für Kämpfer klar, dass der Unternehmung durch Asien nach der Abgabe seiner Masterarbeit im Frühjahr 2022 nichts mehr im Wege stehen sollte.

35 Wochen voller Abenteuer

Während der asiatische Teil von Kämpfers insgesamt 35-wöchiger Reise, auf der er durch 20 Länder reiste und 27.105 km fuhr, von vielen abenteuerlichen Geschichten geprägt war, begann der Start auf dem europäischen Kontinent verhältnismäßig ruhig. Von seinem Startpunkt Köln aus fand er bis nach Österreich immer eine feste Unterkunft bei Freunden und Verwandten.

Drei Männer posieren für ein Selfie

Auf seiner Reise begegneten Till Kämpfer viele hilfsbereite Menschen

„Erst nach Wien ging es mit dem Zelten und dem Selbstorganisieren los“, erklärt der Sportwissenschaftler und befindet: „Richtig exotisch wurde meine Reise dann erst mit dem Übergang von Europa nach Asien, als ich mir erstmals Gedanken machen musste, was ich überhaupt essen, wo ich überhaupt lang fahren kann. In fremden Ländern musste ich mich zudem in Supermärkten immer neu einstellen und habe viel Zeit damit verbracht, ein Auge dafür zu bekommen, Essen mit möglichst vielen Kilokalorien zu finden. In Europa war einem alles noch viel bekannter und einfacher zu organisieren.“

Auch wenn Till Kämpfers Reise durch einige Krankheiten, Verletzungen und vielen mechanischen Schäden am Fahrrad nicht gerade erleichtert wurde, fand er in der Fremde doch immer wieder hilfsbereite Menschen, die ihn bei sich schlafen ließen, Hotelzimmer spendierten und ihm einfach mal für mehrere Tage ihre jeweiligen Städte zeigten. So lernte er unter anderem in Schiras, Iran, auf der Suche nach einer Duschmöglichkeit Ali kennen, der ihm die Stadt zeigte und abends Schlüssel organisierte, um nachts im städtischen Schwimmbad zu schwimmen.

Stress mit Hunden und Polizei

Doch das Pulheimer Vereinsmitglied traf nicht nur auf Menschen, die ihm wohlgesonnen waren: „Gerade im Iran und in Pakistan musste ich viele Verhöre über mich ergehen lassen, die nicht gerade angenehm waren. Die pakistanische Polizei begleitete mich darüber hinaus auf jedem Meter meiner Tour und ließ mich des Öfteren nicht anhalten, um einen Schlafplatz für die Nacht aufzubauen.“

Auch mit den Wildtieren hatte es Kämpfer oft nicht leicht. Während ihn die meisten Tiere in Ruhe ließen und er sie gelassen bestaunen konnte, so zum Beispiel einen Braunbären im Hochgebirge Pakistans, hatte er vor allem mit wilden Hunden seine Kämpfe auszutragen. „Vorher war ich echt ein Hundefreund, aber jetzt nicht mehr“, stellt der Globetrotter klar und begründet: „Die Hunde waren aggressiv und wollten immer Stress. Zweimal wurde ich gebissen, weshalb ich mir in Armenien mitten in der Nacht ein Krankenhaus suchen musste, um mir eine Tollwutimpfung abzuholen.“ Aber auch Mücken und gerade Ameisen waren nicht nur an seinem Geburtstag eine zusätzliche Last.

Kämpfer ist nach extra Kilometern mit dem Rad wieder zu Hause

Seit dem vergangenen Wochenende befindet sich Till Kämpfer wieder Zuhause, obwohl er sein Hauptziel Ho-Chi-Minh-Stadt schon an Silvester erreicht hatte. Doch von Bangkok aus waren für ihn die Flüge deutlich günstiger nach Hause, weshalb er ein paar extra Kilometer mit dem Rad dankend annahm, um noch weitere Teile Asiens zu erkunden.

In nächster Zeit möchte sich der Sportwissenschaftler zwar erst einmal auf seinen Job konzentrieren, dennoch reift in ihm schon eine Idee für eine weitere Radtour. „Ich würde gerne eine Reise von Deutschland nach Russland, Amerika, Australien und über Asien zurück nach Deutschland fahren. Aber das ist bis jetzt nur eine Idee und nichts Konkretes“, gibt sich Kämpfer für zukünftige Vorhaben vage.

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