Schunkeln auf Abstand?Karnevalsvereine stellen sich auf Ausfall der Session ein

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Volle Säle zu Karneval – wie hier in der Session 2019/2020 im Feierabendhaus Knapsack – wird es vorerst wohl nicht geben.

Volle Säle zu Karneval – wie hier in der Session 2019/2020 im Feierabendhaus Knapsack – wird es vorerst wohl nicht geben.

Rhein-Erft-Kreis – Wenn er ehrlich ist, rechnet Michael Schmalen nicht damit, dass bald wieder gesungen, getanzt und geschunkelt werden kann. Der Präsident der Lechenicher Narrenzunft (LNZ) glaubt nicht, dass die kommende Karnevalssession stattfindet – zumindest nicht so wie sonst. Die Corona-Pandemie treibt auch die Jecken im Rhein-Erft-Kreis um. Denn ob die vielen Veranstaltungen, für die sie schon Künstler gebucht und viel organisiert haben, stattfinden können, weiß noch niemand.

Das Promenadenfest habe die LNZ bereits abgesagt. „Das ist ein herber Verlust und war viel Arbeit“, sagt Schmalen. Letztendlich hänge alles an den Vorgaben von oben. Die Verträge mit Künstlern und Agenturen habe die Narrenzunft schon zwei Jahre im Voraus abgeschlossen. Was eine Absage für die bestehenden Verpflichtungen bedeute, wisse er noch nicht. Die LNZ hat jedenfalls schon Konsequenzen aus der Situation gezogen.

Kein Dreigestirn, keine Sitzungen, kein Schunkeln

Ein Dreigestirn wird es in der Session 2020/2021 nicht geben. Schmalen hat Interessenten bereits abgesagt. „Wir können die Vorleistungen keinem zumuten, das wäre nicht seriös“, sagt er. Die Tollitäten müssten vor der Sessionseröffnung Orden bestellen und Ornate mieten. Wenigstens wäre ein Ausfall der Session für seine Narrenzunft nicht existenzbedrohend. „Da sind wir gut aufgestellt“, sagt er.

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Auch Andreas Wette, Geschäftsführer der Großen Knapsacker Karnevalsgesellschaft, bezweifelt, dass die fünf großen Sitzungen im Frühjahr 2021 im Hürther Feierabendhaus stattfinden können. Dabei sind sämtliche der knapp 4000 Karten schon reserviert, alle Künstler gebucht. „Unser Literat arbeitet schon am Programm für 2022.“ Wohl erst im Juni werde klar sein, ob die Sitzungen im Frühjahr stattfinden könnten. Dabei steht für Wette fest: Gefeiert wird entweder ganz – oder gar nicht. Dass die Jecken auf Abstand gehen und vielleicht jeweils nur ein halb gefüllter Saal schunkelt, sei keine Alternative. „Dafür sind die Kosten zu hoch“, sagt Wette, „das rechnet sich nicht.“

Veranstaltungen für dieses Jahr bereits abgeschrieben

Immerhin geht er davon aus, dass die GKKG „mit einem blauen Auge davonkommen“ werde. Dazu trage die gute Beziehung zum Chemieparkbetreiber Yncoris bei, dem Hausherrn im Feierabendhaus, der wohl auf Zahlungen verzichten werde. Viel hänge aber von den Verträgen mit den Künstleragenturen ab, die noch geprüft würden. Die Veranstaltungen für dieses Jahr wie Sessionseröffnung, Korpsappell und Gardetreffen hat die GKKG bereits abgeschrieben.

„Wir haben erst mal alles durchgeplant wie immer“, sagt Frank Klöser, Vorsitzender der KG Fidelio in Elsdorf. „Aber wir hängen in der Luft.“ Gerade befinde sich die KG in Gesprächen mit Agenturen und Künstlern. Auswirkungen, sagt Klöser, hätte ein Sessionsausfall auf die KG schon, schließlich habe man schon frühe Ausgaben tätigen müssen. Auch Klöser glaubt nicht recht daran, dass der Karneval in diesem Jahr stattfindet.

„Thema wird bei uns fast jeden Tag diskutiert“

Das Bauchgefühl von Christian Karaschinski, Präsident des Bergheimer Festkomitees und Vorsitzender sowie Präsident der KG ABC, verheißt auch nichts Gutes. „Ich habe Bedenken“, sagt er, angesprochen auf Veranstaltungen, die ab November geplant sind. Unter den Vorständen innerhalb des Festkomitees spreche man sich seit ein paar Tagen ab. Ein Thema sei auch, wie man aus Verträgen herauskomme. „Wir wollen die Vereine ja finanziell nicht ruinieren“, sagt er. Deshalb planen die Karnevalisten vorsorglich für den schlechtesten Fall, so gut das eben gehe.

„Das Thema wird bei uns fast jeden Tag diskutiert“, sagt Rainer Nieschalk, Präsident des Festkomitees Brühler Karneval. Er merkt an, dass, selbst wenn eine Session stattfinden könnte, die Entscheidung darüber so spät fallen werde, dass zum Beispiel Ordensmacher nicht mehr hinterherkämen. Dass eine normale Session stattfindet, glaubt er nicht. Sollte die Ansage kommen, die Session komplett ausfallen zu lassen, und die Vereine kämen damit aus den Verträgen mit Künstlern und Agenturen heraus, wäre das laut Nieschalk für die Vereine zu verkraften.

Kein Impfstoff heißt kein Karneval

Andreas Granrath, Präsident der Fidelen Falkenjäger aus Brühl, glaubt: „Solange es keinen Impfstoff gibt, wird es keinen Karneval geben.“ Dennoch hofft er, dass zumindest im kommenden Jahr gefeiert werden kann. Bisher planen die Falkenjäger weiter. „Wir haben die Künstler ja eineinhalb Jahre im Voraus gebucht“, sagt Granrath. Dennoch sei der Verein vorbereitet, seine Veranstaltungen absagen zu müssen.

Auch auf die eigenen Kräfte hat Corona Auswirkungen: Die Falkenjäger sind ein aktives Auftrittscorps, trainieren können sie im Moment aber nicht. Existenzbedrohend wäre für die Brühler ein Ausfall der Session jedoch nicht, sagt Granrath.

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