Vor dem Teilabriss des Gebäudes muss ein neuer Stromanschluss verlegt werden. Die Elterninitiative wandte sich mit einem Hilferuf an die Redaktion.
Neunkirchen-SeelscheidWestnetz lässt Antrag auf Stromanschluss monatelang liegen – Kita auf der Kippe

Dieser einstöckige Anbau soll abgerissen und durch einen zweistöckigen Neubau in Modulbauweise ersetzt werden.
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Abrissreif ist der Altbau der Aktion Kindergarten aus dem Jahr 1971. Der Träger, eine Elterninitiative, hat einen neuen, zweistöckigen Anbau geplant, um die Finanzierung des Dreieinhalb-Millionen-Projekts gekämpft, die Behörden ins Boot geholt. Doch weil Westnetz einen wichtigen Antrag nicht bearbeitete, war die ganze Planung in Gefahr.
Denn bevor die Bagger in wenigen Tagen in der Rathausstraße anrollen, muss zunächst der alte Stromanschluss gekappt und ein neuer für den verbleibenden Gebäudeteil installiert werden. Eine Kleinigkeit, so dachten Kindergartenleiterin Silke Surkus und Verwaltungsmitarbeiterin Anne Busch. Doch der Netzbetreiber habe zunächst nicht auf den am 10. Februar gestellten Antrag reagiert, trotz des Hinweises auf Dringlichkeit, und habe sich trotz vieler schriftlicher und persönlicher Anfragen taub gestellt.
Bei den Verantwortlichen des Neunkirchener Kindergartens wuchs die Verzweiflung
„Alle Gewerke stehen bereit, wir haben jeden Tag abwechselnd bei Westnetz angerufen“, schildert Surkus die wachsende Verzweiflung. Busch hat den Vorgang akribisch dokumentiert und schließlich einen Hilferuf an die Redaktion gesandt. Die Zeit drängte – und es war kein Termin in Sicht.
Vor einigen Wochen hätten sie kurzzeitig Hoffnung geschöpft. Am 13. Mai hatte sich Westnetz gemeldet und die Zusendung eines Lageplans und weiterer Informationen zum Anschluss angefordert. „Die Unterlagen haben wir einen Tag später vollständig übermittelt“, berichtet Anne Busch. Dann hörten sie – nichts.

Tipi mit Strom, Heizung und Wlan: Das Übergangsquartier könne später für Yogastunden und ähnliches genutzt werden, erklärt Leiterin Silke Surkus.
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Auch telefonische Nachfragen über die offizielle Servicenummer nach dem Bearbeitungsstand liefen ins Leere: „Es gab keine konkreten Auskünfte oder verbindlichen Aussagen zum weiteren Vorgehen.“ Eine E-Mail der Elterninitiative vom 22. Mai, in der nochmals auf die Dringlichkeit und die drohenden Folgen für den Kita-Betrieb hingewiesen wurde, blieb unbeantwortet.
Surkus und Busch gaben nicht auf, riefen täglich abwechselnd an. Das letzte Telefonat Mitte Juni, in dem sie entnervt verlangten, mit einem Vorgesetzten zu sprechen, sei abrupt beendet worden. In ihrer Not sandten sie einen Hilferuf an unsere Redaktion.
Es gehe schließlich nicht um irgendein Neubauvorhaben, sondern um die Betreuung von 100 Kindern im Alter von zehn Monaten bis zur Grundschule und um Planbarkeit für die Eltern. Die fünfgruppige Kita, die üblicherweise auch in den Ferien durchgehend geöffnet hat, sollte für den Teilabriss ab Ende Juni lediglich für eineinhalb Wochen geschlossen werden.
Unser Elektriker braucht auch noch Zeit, um den neuen Anschluss zu verlegen.
Als Ausweichquartier während der einjährigen Bauzeit des zweistöckigen neuen Gebäudes steht längst ein Tipi – mit Holzfußboden, Strom, Heizung und WLAN. Das könne auch später genutzt werden, zum Beispiel für Yogastunden und von den Pfadfindern. Die Kita wird Familienzentrum und auf Bitten des Kreisjugendamtes auf sechs Gruppen erweitert.
Doch damit der Kindergarten auch nach dem Teilabriss weiterhin mit Strom versorgt werden kann, müsse zuvor die Anschlussverlegung erfolgen, erläutert Anne Busch. „Danach benötigt unser Elektriker noch ausreichend Zeit, um den neuen Anschluss fachgerecht in Betrieb zu nehmen.“ 48 Beschäftigte, viele in Teilzeit, hat die Elterninitiative, es wird frisch gekocht.
Elektriker stellte Termin in frühestens sechs Monaten in Aussicht
Die Redaktion schaltete sich ein, und noch am selben Tag, am späten Nachmittag, landete eine E-Mail im Postfach des Kindergartens mit dem Rat, sich doch heute noch direkt mit einem benannten Fachunternehmen aus der Region in Verbindung zu setzen, Absender: Westnetz. Der Elektroinstallateur war indes schon im Feierabend und stellte ihnen am nächsten Tag – oh Schreck – erst einen Termin frühestens in sechs Monaten in Aussicht, erzählt die Leiterin.
Dann aber habe er zum Glück flexibel reagiert. So sei der Ortstermin jetzt glatt über die Bühne gegangen, schildern Surkus und Busch erleichtert und dankbar. Der Anruf der Zeitung habe das Ganze erst ins Rollen gebracht, davon sind sie überzeugt. Westnetz-Sprecher Patrick Plate räumt das ein. Er tritt aber dem Eindruck entgegen, dass in seinem Unternehmen ein Schlendrian herrsche, für ihn liegt der Fehler im System. Eine umfassende IT-Umstellung im Frühjahr nennt er als Ursache für die Serie an Pleiten, Pech und Pannen.
„Wir entschuldigen uns für die längere Bearbeitungszeit, die unsere Kundinnen und Kunden anders von uns gewohnt sind.“ Leider gebe es zurzeit längere Warte- und Bearbeitungszeiten. „Daran arbeiten wir mit Hochdruck“, teilte Plate mit. Surkus und Busch hätten in fast allem recht, nur bezüglich des unterbrochenen Telefonats wolle er widersprechen: „Niemand von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern legt einfach so auf. Vielleicht gab es eine technische Störung.“