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Nach Kritik an AfD-StandWerbegemeinschaft Neunkirchen-Seelscheid sperrt nun alle Parteien aus

Lesezeit 3 Minuten
AfD-Stand auf der Hauptstraße in Neunkirchen-Seelscheid

Der AfD-Stand beim Frühlingsfest Neunkirchen sorgte für Kritik. Nun hat die Werbegemeinschaft reagiert. 

Ein Stand der AfD auf dem Neunkirchener Frühlingsfest hat für Kritik gesorgt. Nun haben die Organisatoren des Festes die Reißleine gezogen.

Die rechtspopulistische Partei AfD wird sich in Zukunft nicht mehr auf Veranstaltungen von „Wir in Neunkirchen-Seelscheid“ präsentieren dürfen. Diese Entscheidung traf der Vorstand der Werbegemeinschaft. Der Stand der AfD auf der Hauptstraße war auf Kritik gestoßen. In einem offenen Brief eines empörten Bürgers waren die Organisatoren gar in die rechte Ecke gerückt worden.

Unsere Redaktion brachte das Thema an die breite Öffentlichkeit und fragte bei der Werbegemeinschaft nach. Der langjährige „Wir“-Vorsitzende Manfred Gallitz wehrte sich gegen die im Brief formulierten Unterstellungen und beschrieb das Dilemma: Es gelte das Gebot der Gleichbehandlung, man habe der AfD rechtlich den Zugang nicht verwehren können, wenn sich andere politische Parteien präsentieren dürften.    

Werbegemeinschaft Neunkirchen-Seelscheid fürchtete rechtliche Konsequenzen

Vor Jahren bereits sei die Werbegemeinschaft gezwungen gewesen, eine politische Vereinigung, nämlich „Die Partei“, zuzulassen. Das hatte der Rhein-Sieg-Kreis verfügt und auch einen Standort mitten auf dem Fest bestimmt. Diesmal habe man die AfD, die im Vorfeld mit juristischen Schritten gedroht habe, zumindest an den südlichen Rand verbannt.

Das aber war dem Bürger sauer aufgestoßen, der aus Wolperath kam und angesichts der blau-roten Werbebanner, garniert mit schwarz-rot-goldenen Fähnchen am Zugang zum Festgelände direkt wieder kehrtmachte. Seine Frage: Wie könne man einer Partei, die vom Verfassungsschutz als in Gänze rechtsextrem eingeschätzt werde, nur eine solche Bühne bieten?       

Diese Bühne wird es schon beim Seelscheider Sommer am 14. September nicht mehr geben. Allerdings werde nicht nur die AfD verbannt, teilte Gallitz auf Anfrage der Redaktion mit, sondern auch „die örtlichen demokratischen Parteien CDU, SPD, FDP und Grüne“, die schon lange Bestandteil der Veranstaltungen seien „und gern gesehene und willkommene Teilnehmer“.

Aus diesem Grund haben wir uns einstimmig entschieden, keine politischen Parteien mehr zuzulassen.
Manfred Gallitz, Vorsitzender der Werbegemeinschaft „Wir Neunkirchen-Seelscheider“

Die Werbegemeinschaft habe keine Möglichkeit gesehen, rechtssichere Teilnahmebedingungen festzulegen, welche nur diese Parteien zulassen würde. „Aus diesem Grund haben wir uns einstimmig entschieden, keine politischen Parteien, Wählergruppen oder Bürgerinitiativen mehr zuzulassen. Die Entscheidung ist uns wirklich sehr schwergefallen“, heißt es in einem Brief an die vier Parteien.

Diese Leistungsschauen sollten nur noch dem eigentlichen Zweck dienen, der Präsentation von Handel, Handwerk, Gewerbe sowie private Ausstellern und örtlichen Vereinen.

Die örtliche FDP kritisiert diese Entscheidung als „Verbieteritis“. Es sei auf dem Frühlingsfest nicht zu lautstarken Auseinandersetzungen oder Rempeleien gekommen, schreibt der Parteisprecher und sachkundige Bürger Eberhard Seiffe in einer Pressemitteilung. Die meisten Bürger hätten die AfD-Präsentation ruhig und gelassen hingenommen – „missbilligend oder uninteressiert oder auch wohlwollend“. Nach Ansicht „der meisten Politiker“ sei das genau die richtige Methode des Umgangs.

„Einige wenige Schreihälse“ hätten das jedoch anders gesehen. Seiffe verbindet das mit einem Seitenhieb auf die Presse und deren „emotional aufgeladene“ Artikel. „Wir Neunkirchen-Seelscheider“ hätte diese Berichterstattung „als äußerst unfair und diffamierend empfinden müssen“, schließlich stecke viel ehrenamtliche Arbeit im Frühlingsfest.

AfD ist in Neunkirchen-Seelscheid die zweitstärkste Partei

Nun alle Parteien zu verbannen, sei kein Erfolg für die Demokratie. Hingegen seien „politisch motivierte Vereine, aus deren Reihen die Proteste kamen“, nicht vom Ausschluss betroffen. Der FDP-Sprecher meint damit vermutlich das überparteiliche Bündnis „Neunkirchen-Seelscheid ist bunt“. Vonseiten der Werbegemeinschaft wurde die Berichterstattung unserer Redaktion nicht kritisiert.

Man sollte sich besser „gegen Schreihälse von Rechts und von Links“ mit Argumenten auseinandersetzen, empfiehlt der Liberale, immerhin sei die AfD in Neunkirchen-Seelscheid, wenn auch schwächer als im Bundesdurchschnitt, die zweitstärkste Partei am Ort. „Schade ist nur, dass die demokratischen Parteien auf Festen der Gemeinde keine Möglichkeit mehr haben, mit Bürgern darüber zu diskutieren.“