Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Bürgerinformation400 Anwohner bei Fragestunde in Neunkirchen-Seelscheid zu geplanter Unterkunft

Lesezeit 4 Minuten
Voll besetzte Stuhlreihen gab es bei der Bürgerinformation der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid in der Aula der Gesamtschule.

Voll besetzte Stuhlreihen gab es bei der Bürgerinformation der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid in der Aula der Gesamtschule.

In der Ortslage Höfferhof soll am Sportplatz eine Unterbringung für bis zu 84 Geflüchtete entstehen. 

Nur wenige Stühle waren bei der Bürgerinformations-Veranstaltung der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid frei geblieben. „Wir haben für 400 Personen die Aula bestuhlt“, sagte eine Sprecherin der Gemeinde. Die Bürgerinitiative gegen die geplante Unterkunft für insgesamt 84 Geflüchtete am Sportplatz Höfferhof hatte mit Flugblättern auf die Fragestunde aufmerksam gemacht.  

Bürgerinitiative übergab Unterschriften-Liste

Die Stimmung war nicht nur aus den Reihen der Bürgerinitiative gereizt. Es gab immer wieder Zwischenrufe. Aussagen und Fragen pro und kontra der dezentralen Unterbringung wurden mit Applaus unterstützt. Nachdem Familienamtsleiter Stefan Franken in einem 45-minütigen Vortrag die Situation ausführlich beschrieben hatte, ging es in den knapp zweistündigen Austausch, der schlussendlich dann aber sachlich blieb und einigermaßen friedlich über die Bühne ging.   

„Wir werden alle Folien, Zahlen, Daten und Fakten in den nächsten Tagen ins Internet stellen“, begann Franken seine Ausführungen. Damit reagierte die Gemeinde wohl auch auf die bislang schlechte Informationspolitik. Der erste Beschluss erfolgte nur in nicht-öffentlicher Sitzung. Danach seien offensichtlich nicht alle Anwohner mit Infoflyern versorgt worden. „Wir nehmen diesen Hinweis sehr ernst und prüfen dies intern. Wir möchten uns aber bereits jetzt aufrichtig für diese entstandenes Versehen entschuldigen“, hieß es in einem Schreiben der Gemeinde.

Stefan Kiebart, Sprecher der Bürgerinitiative, überreichte 450 Unterschriften an Bürgermeisterin Nicole Berka.

Stefan Kiebart, Sprecher der Bürgerinitiative, überreichte 450 Unterschriften an Bürgermeisterin Nicole Berka.

Die Vertreter der Bürgerinitiative betonten, dass sie nichts gegen Flüchtlinge seien. Allerdings befürchtet man bei 84 Personen das Problem der Integration und die Entstehung einer Parallel-Gesellschaft. „Warum so eine Masse auf so engen Raum“, sagte eine Anwohnerin. Die Initiative übergab der Bürgermeisterin eine Liste mit 450 Unterschriften gegen die geplanten Maßnahmen. Auch ein Bürgerbegehren schloss BI-Sprecher Stefan Kiebart nicht aus.

Im Vorfeld war der Gemeinde eine lange Liste an Fragen und Bedenken zugestellt worden, die Stefan Franken in seinen Ausführungen beantworten konnte. Zunächst einmal betonte er die Dringlichkeit einer weiteren Geflüchteten-Unterkunft. Die Aufnahmeverpflichtung der Gemeinde durch die Bezirksregierung liege derzeit bei 144 Personen, die zu den aktuellen 238 Personen noch aufgenommen werden müssen.  

Die derzeitige Unterbringung der Flüchtlinge auf dem Thurn-Gelände muss aufgelöst werden, weil sie im Jahr 2022 nur für drei Jahre provisorisch eingerichtet worden war. Zudem wird das Gelände von der interkommunalen Entwicklungsgesellschaft mit der Gemeinde Much genutzt. Hier soll der Wirtschaftsstandort Innovations-Quartier Neunkirchen-Süd wachsen. 

Familienamtsleiter Stefan Franken erläuterte die Pläne.

Familienamtsleiter Stefan Franken erläuterte die Pläne.

In dem bereits beschlossenen Heim für Geflüchtete in Hochhausen entstehen derzeit 132 Plätze. Man habe sechs mögliche andere Standorte für weitere dezentrale Unterbringungen überprüft. Der Sportplatz in Höfferhof habe die höchste Priorisierung vor der alten Kita in Seelscheid und dem Sportplatz in Breitscheid.

Drei andere Gemeinde-eigene Alternativstandorte fallen weg. Dazu gehören der Josef-Lascheid-Platz in Seelscheid und der Hardtweg in Birkenfeld wegen anderer Baumaßnahmen. Das Gelände des alten Bauhofes wird derzeit vom Jugendzentrum genutzt. Sorgen bereitet den Bürgern die Befristung der Baugenehmigung. Diese sei zunächst für drei Jahre erteilt, könne aber per Gesetz auch um drei Jahre verlängert werden. Auch die Größe der beiden geplanten eingeschossigen Gebäude mit je 350 Quadratmeter sorgte für Kritik.

In der Ortslage Höfferhof stehen Wohnungen leer

Es sei absehbar gewesen, dass die Anlage auf dem Thurn-Gelände enden würde. „Warum hat die Gemeinde bei der Suche nach neuen Standorten nicht alle Bürger mit ins Boot genommen?“, fragte eine Anwesende. Sie thematisierte auch den möglichen Eingriff in die Natur. „Warum kann man uns nicht sagen, wie viele Bäume wirklich wegmüssen?“ Es seien auf jeden Fall Ersatzbepflanzungen vorgesehen, erwiderte Franken.  

„Wir sitzen hier zusammen vor, und nicht in einem förmlichen Verfahren“, betonte die Bürgermeisterin. „Wir sind hier nicht final, sondern in der Planung. Wir haben auch schon ohne Flüchtlinge ein Wohnproblem“, fügte sie an. 

Auf dem Höfferhof gibt laut den Anwohnern wohl leerstehende Häuser und Wohnungen. „Warum werden diese Einheiten nicht an Flüchtlinge vermietet?“, fragte Stefan Franken. Es gebe 152 Personen mit dauerhaftem Bleiberecht und somit Wohnberechtigungsschein. „Sie werden vom Jobcenter betreut, und die Miete wird vom Sozialamt bezahlt.“

Über die weiteren Schritte und die Ergebnisse der Planungen wird voraussichtlich der Sozialausschuss der Gemeinde am 25. Juni vorberaten. Eine endgültige Entscheidung wird der Gemeinderat am 10. Juli treffen.