Cannabisplantage in KönigswinterAngeklagte wollten „das schnelle große Geld“ machen

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Prozessauftakt zur Cannabisplantage in Königswinter am Bonner Landgericht: Die beiden Angeklagten mit ihren Verteidigern. 

Bonn/Königswinter – Der kapitale Fall um den Betrieb einer Cannabisplantage in einem Altbau im Bergdorf Bockeroth konnte am Donnerstag starten. Vier mal war das Verfahren vor dem Bonner Landgericht seit dem Frühjahr auch wegen Corona-Erkrankungen der beiden Angeklagten oder auch Verteidiger geplatzt. Am Donnerstag zählte der Kammervorsitzender Jens Rausch vorab die Anzahl der Personen auf der Anklagebank und zeigte sich durchaus erfreut: „Vier! Also komplett.“ Den beiden Angeklagten – 28 und 29 Jahre alt – wird gemeinschaftlicher Drogenhandel in vier Fällen vorgeworfen: Zwischen März 2019 und November 2020 sollen sie allein bei drei Ernten insgesamt rund 30 Kilo Marihuana erwirtschaftet haben. Der Wert der geernteten Drogen soll laut Anklage 80.000 Euro betragen haben, sie unterliegen der Einziehung.

Die befreundeten Angeklagten haben zum Prozessauftakt Geständnisse abgelegt: Beide berichteten sie von großen finanziellen Problemen – und hofften mit der Plantage „das schnelle große Geld“ zu machen. Aber das sei ein fataler Irrtum gewesen: Denn schnell und leicht sei gar nichts gewesen.

Die beiden Cannabis-Anbauer hätten keinen grünen Daumen

25.000 Euro hätten sie investiert, um das Ding auf mehreren Etagen ans Laufen zu bringen. Auch gab es wegen botanischer Unkenntnisse durchaus Ernteeinbußen: „Wir haben zwar handwerkliche Fähigkeiten,“ räumt der Ältere ein, „aber beide keinen grünen Daumen.“ Deswegen bestreiten die Angeklagten auch, dass die erste Ernte 10,2 Kilo erbracht hätte. Der eine schätzt, es waren fünf, der andere höchsten zwei Kilo.

Trotz scheinbar perfekter Tarnung flog der Fall auf: Die Freunde hatten sich mit verschlüsselten sowie ortungssicheren Handys ausgestattet, die sie bei einer illegalen Firma besorgt hatten: Hierdurch fühlten sich die jungen Cannabis-Bauern sicher und chatteten offen über ihr illegales Projekt.

SEK-Razzia in Königswinter im November 2020

Interpol jedoch nahm den europäischen Anbieter mit den präparierten Handys hoch, leitete einen Riesendatensatz nach Deutschland, darunter die Chats des Duos. Die beiden Angeklagten wurden observiert, GPS-Tracker führten die Bonner Ermittler zur abgelegenen Plantage. Am 19. November 2020 kam es zu einer spektakulären SEK-Razzia, 592 Cannabispflanzen in verschiedenen Wachstumsphasen, die15 Kilo Marihuana ergeben hätten, wurden beschlagnahmt.

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Die Idee hatte wohl der Ältere, der seinen Banker-Job wegen „Unmoralität der Branche“ aufgegeben hatte: Nachdem er beim ersten Versuch, sich selbstständig zu machen, scheiterte und 80.000 Euro Schulden hatte, begegnete ihm im Internet die Bockerother Immobilie: Mit der fixen Idee, mal „in eine Plantage zu investieren“, mietete er Ende 2018 das günstige Haus, wartete aber noch ein Jahr, bis er seinen Freund – Zerspannungstechniker, langjähriger Kiffer und wohl auch Darknet-Händler – mit ins Boot nahm.

Nach der Razzia hatte sich der Ältere – der nicht vorbestraft und deswegen auch nicht in U-Haft kam – in einer Hinsicht für Anstand entschieden. Damit der Vermieter nicht „auf einem Schutthaufen sitzen bleibt“, habe er die Plantage allein wieder zum Haus gemacht und komplett saniert. „Das Ganze“, so der Ex-Banker, „war ein sehr untauglicher Weg, schnell Geld zu verdienen. Es tut mir sehr leid.“ 

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