„Wir werden in die Knie gezwungen“Tierheim in Bonn verhängt Aufnahmestopp für Hunde

Lesezeit 4 Minuten
Mischlinge stehen in einem Gehege in einem Tierheim.

Das Tierheim in Bonn ist voll und hat keinen Platz mehr, um Hunde unterzubringen. (Symbolbild)

Die Situation in den Tierheimen wird immer angespannter. Die Anzahl der abgegebenen Tiere nimmt zu, aber es fehlt der Platz. 

Das Bonner Tierheim kann keine Hunde mehr aufnehmen – die Kapazitäten sind ausgeschöpft. Seit Freitag, 22. September, gibt es den Aufnahmestopp. Rund 100 Tiere befinden sich nach Angaben der Stadt Bonn derzeit im Tierheim. Ein Teil davon sei im Frühjahr und Sommer auch nachts in Außenzwingern untergebracht. „Da die Nächte nun im Herbst kühler sind, müssen auch diese Tiere sich nachts im Innern aufhalten“, erklärt eine Stadtsprecherin.

„Wir haben de facto keinen Platz mehr. Wenn kein Zwinger mehr frei ist, können wir kein Tier mehr unterbringen“, sagt Julia Zerwas, Leiterin des Tierheims in Bonn. Einfach sei die ganze Situation nicht. „Uns als Tierheim geht es damit nicht gut. So ein Aufnahmestopp ist das allerletzte, was wir wollen, weil wir wissen, wie viel Tiere es in Not gibt. Aber wir werden in die Knie gezwungen.“

Derzeit werde versucht, winterfeste Quartiere für Hunde zu schaffen, damit sie auch im Winter draußen gehalten werden können. „Doch das geht nicht von heute auf morgen und es muss auch erst einmal finanziert werden“, so Zerwas. 

Stadt Bonn bittet bei Fundhunden andere Tierheime um Hilfe

Bei Fundhunden verweist das Tierheim auf der Webseite nun an die Stadt Bonn. Die steht nach eigenen Angaben im Kontakt mit Tierheimen in der Umgebung, um dort übergangsweise Fundtiere unterbringen zu können. Dies könne aber keine nachhaltige Lösung sein, da diese vor ähnlichen Herausforderungen stehen, wie das Tierheim in Bonn, so die Sprecherin der Stadt.

„Wir wollen niemanden im Regen stehen lassen“, sagt Zerwas. Mit einem ausgesetzten Hund könne man sich trotzdem an das Tierheim wenden. Es könne in jedem Fall der Chip ausgelesen werden, in der Hoffnung, dass dies zum Besitzer führt. Ansonsten arbeite das Tierheim eng mit der Stadt zusammen, um Tiere sicher unterzubringen. 

Tierheime stoßen an Grenzen – Problem in ganz Deutschland

„Die jetzige Situation hat sich angekündigt, da das Tierheim in Bonn, genauso wie die anderen Tierheime, bei den eigenen Aufnahmemöglichkeiten an die Kapazitätsgrenzen gelangt ist“, sagt die Stadt-Sprecherin. Die Problematik werde „aller Voraussicht nach länger bestehen bleiben, weil es in ganz Deutschland zu einem strukturellen Problem für die Tierheime geworden ist.“

Insgesamt nehme die Anzahl der Tiere, die aktuell in Tierheime eingeliefert werden, rasant zu. Viele Tiere, die während der Corona-Pandemie zugelegt wurden, würden nun abgegeben, weil die Zeit fehlt, so die Sprecherin der Stadt. Gleichzeitig stiegen die Kosten, wie etwa für medizinische Behandlungen. Auch zahlreiche Geflüchtete aus der Ukraine könnten ihre mitgebrachten Haustiere nicht mehr versorgen.

Stadt Bonn sucht mit Tierheim nach Lösungen

Erst vor kurzem hatten Tierheime, darunter auch das Tierheim in Bonn, einen Brandbrief an die Bundesregierung gerichtet. Sie berichteten von den dramatischen Zuständen und forderten Maßnahmen von der Politik.

„Es ist wirklich fünf nach 12“, sagt Zerwas. „Es muss ganz dringend etwas passieren, sonst implodiert alles.“ Dass es auf den Brandbrief noch keine einzige öffentliche Reaktion gegeben habe, empfindet sie als sehr traurig.

Die Stadt Bonn versuche, langfristig zusammen mit dem Tierheim nach Lösungen zu suchen, wie mehr Aufnahmekapazitäten und Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden können. Für den neuen Vertrag mit dem Tierheim Bonn für 2023, habe die Stadt bereits den finanziellen Zuschuss annähernd verdoppelt, um Tiere aufnehmen, tierschutz- und artgerecht unterbringen und ärztlich versorgen lassen zu können.

Finanzielle Unterstützung sei ein guter Weg, so Zerwas. Sie gibt aber auch zu Bedenken: „Geld ist kein Platz. Wir benötigen mehr Platz, sonst können wir – oder eher die Stadt – ihrer Pflichtaufgabe nicht mehr nachkommen.“

Tierheim Bonn: Katzen können wieder aufgenommen werden

Während das Tierheim in Bonn keine Hunde mehr aufnehmen kann, wurde der vor kurzem verhängte Aufnahmestopp für Katzen beendet. Es hatte einen Verdachtsfall einer für Katzen hochansteckenden Krankheit gegeben, die sogenannte Katzenseuche. Nach positiven vorläufigen Tests habe das Labor Entwarnung gegeben, so Zerwas. Gleichzeitig hatte aber auch der Platz bei den Katzen nicht mehr ausgereicht. Neu geschaffener Platz sei nach der Aufhebung der Sperre innerhalb eines Tages mit fünf Fundkatzen schon wieder zur Hälfte belegt. Die Not bleibt also auch hier bestehen. 

KStA abonnieren