Rainer Tüschenbönner hatte für die AfD kandidiert, war aber noch vor der Wahl ausgetreten; sein Mandat nahm er mit.
Beschimpft mit „Linke Ratte“Unbekannte überfallen Kommunalpolitiker in Windeck – Staatsschutz ermittelt

Im Gemeinderat Windeck sitzt Rainer Tüschenbönner als parteiloser Einzelvertreter (rechts vorn).
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Nach einem Überfall auf das parteilose Ratsmitglied Rainer Tüschenbönner in Windeck ermittelt der Staatsschutz. Der Gemeindevertreter war zusammengeschlagen worden, als er nach der Sitzung des Betriebsausschusses am 10. Dezember nach Hause kam.
Wie Stefan Birk von der Pressestelle der Polizei in Siegburg bestätigte, hat Tüschenbönner Anzeige wegen Körperverletzung erstattet. Vor seinem Haus in Kocherscheid wurde er demnach von Unbekannten überfallen, die ihm dort aufgelauert haben müssen. Die brachten ihm mehrere heftige Schläge auf den Kopf bei; Tüschenbönner erlitt dabei ein Schädelhirntrauma und erhebliche Verletzungen im Gesicht.
Angriff in Windeck hat möglicherweise politischen Hintergrund
Ein Auge ist blau unterlaufen, das andere war stark zugeschwollen. Seine Brille landete bei dem Überfall auf der Erde und blieb unbeschädigt. Mit Rücksicht auf seine Familie entschloss sich Tüschenbönner aber erst kurz vor der Sitzung des Gemeinderates am 16. Dezember dazu, mit dem Zwischenfall an die Öffentlichkeit zu gehen, zumal der Überfall möglicherweise einen politischen Hintergrund hat.

Rainer Tüschenbönner wurde von Unbekannten angegriffen und verletzt.
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Dem WDR sagte Tüschenbönner, zwei Vermummte hätten ihn zusammengeschlagen. Einer haben ihn festgehalten, der zweite immer wieder auf einen Kopf eingeschlagen. Dabei hätten ihn die Angreifer als „linke Ratte“ und „Verräter“ bezeichnet.
Tüschenbönner hatte sich vor der Kommunalwahl am 14. September für die AfD um ein Ratsmandat beworben, hatte sich aber noch vor der Wahl von der AfD distanziert. Ohne Angabe von Gründen erklärte er damals, in einer Fraktion der AfD nicht mitarbeiten zu wollen. Auf Listenplatz 3 gewählt, nahm er das Mandat an, trat aber aus der Partei aus und zog als parteiloser Gemeindevertreter in den Rat ein.
Tüschenbönner nahm sein Mandat im Windecker Gemeinderat trotz AfD-Austritts mit
Bei der Sitzung saß er jetzt zwischen Bündnisgrünen und CDU, räumlich getrennt von den AfD-Vertretern. „Aus Gründen, die wir nicht nachvollziehen können“, erklärte im November vor der konstituierenden Sitzung des Gemeinderats die AfD, habe Tüschenbönner die Partei kurz vor der Wahl verlassen. So spät, „dass kein Eingreifen mehr möglich war“. Nach Tüschenbönners Ausscheiden verfügt die AfD noch über vier Mandate im Gemeinderat.
In der Sitzung des Rates eine Woche nach dem Angriff sprach Bürgermeisterin Alexandra Gauß (Bündnis 90/Die Grünen) dem Überfallenen und seiner Familie zunächst das tiefe Mitgefühl aller Gemeindevertreter und der Verwaltungsmitarbeiter aus. Eine solche Tat dürfe nicht ohne Folgen bleiben. Gauß: „Wir alle stehen für ein respektvolles und sachliches Miteinander.“
Fraktionen in Windeck verurteilen die Tat
Unter lautem Beifall dankte die Bürgermeisterin auch den Einsatzkräften für ihr schnelles Handeln. Erheblich betroffen zeigte sich auch Thomas Ritzer (Grüne). Viele hätten wohl geglaubt, dass so etwas im freundlichen Windeck nicht geschehen könne. Ritzer: „Wir dürfen nicht wegschauen, wenn Menschen, die sich für unser Gemeinwohl einsetzen, so angegriffen werden.“
Für die CDU zeigte sich Evelyn Höller fassungslos und betonte, unterschiedliche Auffassungen dürften nicht in Gewalt umschlagen. Und SPD-Sprecher Daniel Stenger sagte, so etwas habe er im beschaulichen Windecker Ländchen nicht für möglich gehalten. Stenger: „Wir hoffen alle, dass die Täter überführt werden können. Jetzt müssen wir alle enger zusammenrücken!“

