KunsttageKunstschaffende zeigen in Hennef skurrile Facetten des Alltags

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Hennefer Kunsttage: Auch Friedhelm Zöllner stellt aus. 

Hennef – Der erste von vielen Blickfängen in der Meys Fabrik waren die Häkelfiguren von Manuela Prinz. Wilhelm Buschs vom Magendrücken geplagter Schneider Böck oder der schnarchende Lehrer Lämpel haben es der Eitorferin ebenso angetan wie ein Schwarzmarkthändler nebst Edeluhren unter der Jacke oder der Cowboy, der ein totes Pferd reitet.

Ausstellung in Meys Fabrik bis 6. November zu sehen

Seit elf Jahren häkelt Prinz und lässt sich seitdem treiben von ihrer „Da geht noch mehr“-Devise: „Der Gesichtsausdruck ist eine ständige Herausforderung“, schildert die Autodidaktin, die vorher malte und töpferte.

Prinz ist eine von 18 Künstlerinnen und Künstlern, die die Initiative Kunst Hennef zu den Kunsttagen eingeladen hatte. Diese bezeichnete Bürgermeister Mario Dahm bei der Eröffnung als „Gemeinschaftswerk“, das fester Bestandteil in der Kulturlandschaft sei.

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Bei der Vernissage präsentierte Alexander Sobocinski virtuoses Gitarrenspiel. 

Bis zum kommenden Sonntag dauert die Ausstellung, am Samstag gibt es ab 19 Uhr die Lange Kunstnacht. Dort garnieren die Sängerin Ursula Guesta und Pianisten Sebastian Rodriguez mit ihrem „Argentine Tango“ die bildende Kunst.

Farbenglühende Bilder und kritische Alltagsbetrachtungen

Bei der Vernissage präsentierte Alexander Sobocinski virtuoses Gitarrenspiel, mit Motown-Sound von Stevie Wonder, Gipsy-Rhythmen eines Django Reinhardt und dem unvergänglichen „Chan Chan“ aus „Buona Vista Social Club“.

Sobo, so der Künstlername des gebürtigen Polen und Wahl-Bonners, verzichtete auf seine Band, stellte den voluminösen Klang mit bis zu fünf Gitarren mittels Loop her.

Im Mittelpunkt standen freilich die Exponate der Kunstschaffenden. Wie die farbenglühenden Bilder von Klaus Stanek, der auf Aquarellstifte unter Beimischung von wassermischbarer Ölfarbe setzt. „Die Vielschichtigkeit und deren Veränderung hinsichtlich der Wahrnehmung“ zu beschreiben ist die Prämisse des Hennefers.

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Zarte Spatzen in Aquarell. 

Das könne schon mal dauern: „Während Betrachter sagen, das Bild ist fertig, finde ich oft noch zu Veränderndes.“

Gastausstellerin Cornelia Harrs plakatiert in ihren Arbeiten die Alltagsnot: das Sterben der Wälder, die Ahr-Katastrophe mit Wegweisern, die unter Wasser zwischen einem Skelett und Fischen die Richtung weisen oder die Schlafende auf einer Bahnhofsbank. „Als Zugfahrerin erlebe ich solche Szenen täglich“, sagte die Bonnerin.

„Alte Sachen, die einst lebten, neues Leben einzuhauchen“, ist die Intention von Peter Grewe. Der ehemalige Kunstpädagoge fertigt aus verrosteten Schrauben und Eisenstücken schrille Vögel. Bei seinen Bildern lasse er sich oft vom Vorgehen der Kinder leiten, die Personen ohne Rücksicht auf Schwerkraft und Richtung irgendwo frei im Raum platzierten.

Ohne den Hennefer Bauhof wären die Kunsttage nicht zu stemmen gewesen

Erstmals stellte Friedhelm Zöllner aus: Skulpturen mit Innenleben aus Draht. Die farbenfrohen Objekte kamen an bei den Gästen, punkteten mit Originalität oder als warnende Zeigefinger.

So kontrastierte ein bananenförmiger, in Rot gehaltener Bumerang (Zöllner: „Ein Angriffskrieg wird immer zum Bumerang“) eine Figur mit einem Thorax aus Transistoren und Halbleitern, die der ehemalige Schulrat „Künstliche Intelligenz“ taufte.

Initiativen-Vorsitzende Karin Kunczik-Rüdiger, die selbst mit ihren aus Bitumen und Rost geschaffenen Bildern überzeugte, sprach von einer gelungenen Ausstellung. „Großen Dank“ richtete sie an das Kulturamt und den Bauhof, „ohne die die Kunsttage nicht zu stemmen gewesen wären“.

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