Projekt InklusionRollstuhlfahrer haben im Hennefer Kino einen bequemen Platz

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Ein Mann im Rollstuhl hat im Kino-Saal im Parkett seinen Platz eingenommen.

Keinen Rasiersitz in der ersten Reihe: Im Parkett hatte Rollstuhlfahrer Khalid Bohlal einen guten Platz im Kur-Theater

Premiere im Kur-Theater Hennef: Beim ersten inklusiven Kinoabend zum Abschluss des Projekts „Inklusion gesucht!“ war das Haus fast ausgebucht.

Khalid Bohlal besucht nur selten das Kino. Mit seinem Elektro-Rollstuhl komme er zwar ins Siegburger Cineplex, sagt er, „aber da sitze ich dann so“ – Bohlal legt den Kopf in den Nacken. Im Hennefer Kur-Theater ist der 53-Jährige zum ersten Mal. Der Verein „Für Alle Hennef“ und das Jugendamt haben zum inklusiven Kino-Erlebnis eingeladen, eine Premiere.

Das Kur-Theater mit seinen knapp 200 Sitzen ist annähernd ausgebucht. Obwohl es sich um einen Altbau handelt, gelangen Rollstuhlfahrer problemlos hinein. Die Flügeltür des Entrees ist breit genug, und auch dahinter lauern erstmal keine Barrieren. Rampen wurden für den Abend nicht installiert. „Die brauchen wir gar nicht“, erklärt Petra Stratmann vom Verein, der das Kino seit 2003 führt. 

Stufenlos mit dem Rollstuhl ins Parkett des Kur-Theaters

In der Tat gibt es kurze Treppen nur zum Balkon. Der Weg ins Parkett ist stufenlos. Khalid Bohlal hat zwar nur einen Platz am Rand, aber keinen Rasiersitz. In komfortabler Entfernung zur Leinwand kann er sich einrichten. Auf beiden Seitengängen, so ist es mit der Stadt abgesprochen, darf je ein Rollstuhl stehen. Audio-Deskriptionen für Menschen mit Sehbehinderung waren nicht gewünscht worden.

Eine Gruppe von Erwachsenen und jungen Leuten mit Rosen und Plakaten steht auf der Kinobühne.

Vor dem Film wurde präsentiert, wo und welche Verbesserungen im Sinne der Inklusion in Hennef möglich sind.

Vor dem Filmstart ruft Anna Seidel vom Jugendamt eine Reihe junger Leute auf die Bühne. Die 16- bis 25-Jährigen haben sich in den vergangenen Wochen an einigen Orten in Hennef umgeschaut, um festzustellen, wie es dort um die Inklusion bestellt ist und was sich verbessern lässt.

Kommunikationstafel für Jugendpark auf dem Wunschzettel

„Wir waren als Erstes im Jugendpark“, berichtet einer aus der Gruppe, die vorschlägt, eine Kommunikationstafel aufzuhängen. Die Tafel mit Symbolen kann Menschen ohne effektive Lautsprache helfen, sich verständigen.

In der Stadtbibliothek haben die Besucher Bücher in Braille-Schrift vermisst. Ein entsprechendes Geschenk für die Bibliothek hatten sie ins Kur-Theater mitgebracht: das tastbare Kinderbuch „Rike Ringelnatter, komm nach Hause!“ wird nach Aufnahme in den Katalog im Regal stehen. Auch für ein Fitness-Studio interessierte sich die Gruppe, und eine Visite in einem Supermarkt steht noch dem Programm.

Ein bunt illustriertes Plakat zum Thema Hilfen und Hindernisse bei der Inklusion.

Das Plakat „Inklusion gesucht!“ zeigt, was Menschen mit Behinderung hilft und was ihnen schadet.

Ein Hingucker ist das Plakat, das die Hennefer Künstlerin Anna Karina Birkenstock mitgestaltet hat. „Inklusion gesucht! Was brauchst du, um dabei zu sein?“ ist die Sammlung von illustrierten Hilfen und Hindernissen wie Respekt, geschützter Raum und Begleitung beziehungsweise Ausgrenzung, Herablassung und Barrieren überschrieben. Das Plakat soll gedruckt werden und auch als Postkarte erhältlich sein. „Wir wollen, dass die Ergebnisse nicht verloren gehen“, erklärt Seidel.

Das inklusive Kino-Erlebnis war die Abschluss-Veranstaltung des Hennefer Projekts „Inklusion gesucht“. Geholfen hat ein Zuschuss von 150.000 Euro aus dem Bundesprogramm „Das Zukunftspaket“. So war freier Eintritt möglich. Gezeigt wurde übrigens die Tragikomödie „Wochenendrebellen“ mit einem autistischen Jungen als Hauptfigur.

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