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Hennefer HufschmiedPediküre mit glühenden Eisen

4 min

Das glühende Eisen wird in Form geschmiedet.

Rhein-Sieg-Kreis – Es faucht, es zischt, es qualmt. Der scharfe Geruch von verbranntem Horn zieht über den Hof. Und mitten im Qualm steht ein Mann mit Schiebermütze und Lederschürze, das Hinterbein eines Pferdes auf den Knien und presst ein rotglühendes Eisen auf die Unterseite des Pferdehufs.

Michael Möllmann ist Hufschmied, seit mehr als 25 Jahren, und seine Arbeit ist hart: Fast immer im Freien, in Kälte, Regen, Hitze; mit manchmal schwierigen Pferden und noch schwierigeren Besitzern. Einen Traumberuf hat er trotzdem, findet der Hufschmied aus Wellesberg. „Ich möchte nichts anderes machen. Mit Pferden arbeiten und immer an der frischen Luft sein!“

Zwischen vier und 15 Pferden pro Tag

Zwischen vier und 15 Pferden beschlägt Möllmann am Tag, fährt dafür quer durch den Kreis und darüber hinaus. Seine Kunden sind große Gestüte wie Deutschlands bedeutendster Zuchtbetrieb für Vollblüter, das Gestüt Schlenderhahn in Quadrath-Ichendorf ebenso wie Privatleute. Dressurpferde, Springpferde und Gangpferde bekommen bei ihm eine Pediküre, immer genau abgestimmt auf die Reitweise und den Pferdehuf.

Heute kümmert sich der Hufschmied um die Füße des riesigen Niederländerwallachs Vox und des 17-jährigen Vollblüters Woody in einem Privatstall in Niederpleis. Die beiden sind Routiniers und geben brav die Hufe, aber sie brauchen dennoch besondere Aufmerksamkeit: „Woody steht immer versetzt, er belastet die Trachten auf der einen und die Zehe auf der anderen Seite.“ Die Folge ist ein sogenannter Bockhuf, den der Hufschmied durch entsprechenden Beschlag ausgleichen muss. Die Hufe von Vox haben dagegen Risse und brechen aus. Ihm verpasst Möllmann ein Eisen mit einer „Schwebe“, damit das Horn wieder gesund nachwachsen kann.

Wissen über die Anatomie

Seit Kindesbeinen ist der gebürtige Münsterländer den Pferden verfallen. „Mit sechs Jahren habe ich angefangen zu reiten und wollte später unbedingt mit Pferden arbeiten.“ Früh entschied er sich, Hufschmied zu werden. Doch das ging nur über Umwege, denn der Job ist kein Ausbildungsberuf: „Ich habe eine Lehre als Kunstschmied gemacht und mich zum Hufschmied weiter qualifiziert.“

Dazu gehört, zwei Monate als Praktikant bei einem Hufschmied zu arbeiten und vier Monate eine entsprechende Schule zu besuchen. Darauf folgt noch ein einmonatiger Eignungstest, bei dem der angehende Hufschmied zeigen muss, ob er tauglich ist. Denn zum Beruf des Hufschmieds gehört nicht nur das Schneiden und Raspeln eines Hufs und das Formen des heißen Eisens, sondern auch Wissen über die Anatomie und das Verhalten des Pferdes. Ständige Fortbildungen, die zum Beispiel von Pferdekliniken für von orthopädische Beschläge angeboten werden, sind für ein Muss. Wichtige Voraussetzung für den Beruf ist nicht zuletzt der richtige Umgang mit dem Tier. „Man muss Pferde verstehen“, sagt Möllmann.

Dass er dafür ein Händchen hat, beweist sein Camarguewallach: Der geht für ihn durchs Feuer. Dafür braucht der Pferdemann nicht einmal die Zügel. Mit zwei Fackeln rechts und links in der Hand steuert er sein Pferd mitten durch eine Feuerwand. Damit tritt der Hennefer auch bei Vorführungen auf. Seinen eigenen Stall hat er jedoch vor einiger Zeit aufgegeben: „Dafür fehlte mir die Zeit.“

Musste man früher als Voraussetzung für die Weiterbildung zum Hufschmied noch einen Teilberuf lernen, so reicht heute ein Gesellenbrief aus jeder Berufsrichtung. „Man kann Schreiner oder Friseur sein“, erzählt Möllmann. „Dahinter steckt die Idee, dass ein Hufschmied mit einer solchen Vorausbildung wieder in seinen alten Job zurückwechseln kann, wenn der Rücken kaputt ist.“

Für Möllmann keine Option. Auch wenn sein Job ihm schon mehr als 25 Knochenbrüche beschert hat. „Einmal musste ich nur ein Eisen wieder befestigen, und gerade als ich den Huf hochhebe, kommt eine Fliege, und das Pferd schlägt danach.“

Treffer, Arm dreimal gebrochen. Möllmann zuckt mit den Achseln. „Ist eben so. Das Pferd hat’s ja nicht böse gemeint.“

Der Bericht über den Hufschmied Michael Möllmann aus Hennef ist Teil unserer Serie "Altes Handwerk". In der letzten Folge stellten wir die Buchbinderin Ute Fischer aus Seelscheid vor. Den Bericht "An der Heftlade wird eingefädelt" können Sie hier nachlesen.

In der fünften Folge berichteten wir über "Jules Käsekiste" aus Much vor . Den Bericht "Vom Hofladen nach ganz Deutschland" können Sie hier nachlesen.

In der vierten Folge stellten wir den Schuhmeister Heinz Becker aus Siegburg vor. Den Bericht Der Meister erfüllt Lebensträume" können Sie hier nachlesen.

In der dritten Folge berichteten wir über den Uhrmacher Torsten Reichmann aus Windeck. Den Bericht "Der Verwalter der Zeit" können Sie hier nachlesen.

In der zweiten Folge berichteten wir über den Keramiker Rolf Seebach aus Much. Den Bericht "Freie Bahn für schwelenden Rauch" können Sie hier nachlesen:

In der ersten Folge stellten wir einen Sattler aus Ruppichteroth vor. Den Bericht "Passendes für Kaltblut und Ziege" können Sie hier nachlesen: