Interview zum Missbrauchsgutachten„Wenn der Täter nicht bestraft wird, ist das fatal“

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Am Donnerstag ist das Missbrauchsgutachten des Erzbistums Köln vorgestellt worden. 

  • Helen Bonert ist Leiterin des Weißen Rings in Rhein-Sieg.
  • Im Interview mit Sandra Ebert spricht sie über die Konsequenzen aus dem Missbrauchsgutachten.

Was bedeutet der heutige Tag für die Opfer des Missbrauchs?

Jeder Betroffene reagiert anders. Aber alle sind ja Opfer einer Gewalttat geworden, die zum Teil Jahre zurück liegt. Ich nehme sehr stark an, dass von den Opfern erwartet wird, dass diese Täter bestraft werden. Doch die Gerichtsbarkeit des Staates und das Kirchenrecht sind zwei sehr unterschiedliche Paar Schuhe – und das führt zu sehr viel Leid.

Die beauftragte Anwaltskanzlei hat aber doch zahlreiche Pflichtverletzungen im Umgang mit Missbrauchsfällen – gemessen am staatlichen und kirchlichen Recht – festgestellt.

Die Opfer interessiert es nicht in erster Linie, ob auch die zur Rechenschaft gezogen werden, die dafür gesorgt haben, dass die Fälle nicht weiter verfolgt wurden. Das kommt erst im nächsten Schritt. Die Opfer wollen vor allem eins sehen: Der, der mich verfolgt und missbraucht hat, der wird bestraft. Wenn das nicht passiert, ist das fatal. Ob dieses Gutachten je genug sein wird, weiß ich nicht.

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Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und Offizial Günter Assenmacher wurden von ihren Aufgaben entbunden. Ist das kein gutes Signal?

Jetzt haben wir zwei, die der Kardinal in Urlaub geschickt hat. Das ist meiner persönlichen Meinung nach zu wenig. Berichte über Missbrauch in der katholischen Kirche gibt es schon sehr lange, und erst jetzt ist etwas passiert.

Für das jetzt vorgestellte Gutachten wurden Fälle untersucht, die seit 1975 der Kirchenleitung bekannt waren. Kann die Opferhilfe mit diesen Daten noch agieren?

Viele Fälle sind juristisch gesehen verjährt, da kann ich nichts mehr machen. Die Täter, sofern sie noch leben, verlieren jetzt vielleicht ihr Priesteramt, aber sie werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Das hat Geschmäckle. Und wir haben noch ein Problem: Die zugesagte Entschädigung von 5000 Euro für die Opfer ist viel zu wenig.

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