Die Koalition im Rat der Stadt Königswinter und die CDU als größte Oppositionsfraktion beurteilen die Entwicklung der Stadt Königswinter seit 2020 höchst unterschiedlich.
Vor der WahlWie Koalition und Opposition die Entwicklung der Stadt Königswinter bewerten

Die Rheinpromenade in Königswinter wird modernisiert.
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„Wir haben geliefert“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Lindemann, „und das unter schwierigen Bedingungen.“ Zusammen mit seinen Koalitionspartnern von der Königswinterer Wählerinitiative (KöWi) und dem Bündnis 90/Die Grünen zog er dieser Tage eine positive Bilanz der zu Ende gehenden Wahlperiode. Kaum verwunderlich, dass die CDU als stärkste Oppositionsfraktion im Rat der Stadt Königswinter das ganz anders sieht. Nicht nur in der Altstadt sei „die Bilanz der Koalition mehr als nur durchwachsen“, erklärte die Union auf Anfrage der Redaktion, nachdem sich das Dreierbündnis zuvor in einer Pressekonferenz geäußert hatte. Einige Themen, die in den vergangenen fünf Jahren eine wichtige Rolle gespielt haben:
Altstadt: Man habe große Investitionen auf den Weg gebracht, so die Koalition. In diesem Sommer beginne der Bau der Ersatzstraße, nach dem Bau der Bahnunterführung an der Drachenfelsstraße folge die „Neustrukturierung und Modernisierung der Rheinallee und der Rheinpromenade“. Sie erhalte „eine höhere Aufenthaltsqualität“ und werde „fit für die Zukunft gemacht“.
Als „dysfunktional“ lehnt dagegen die CDU die auf der Rheinallee geplante Verkehrsführung ab. Das 14-Millionen-Euro-Projekt für einen 600 Meter großen „Umgestaltungsraum“ wirke „wie aus der Zeit gefallen“. Nach der Wahl strebe man eine „Bestandsaufnahme“ an und wolle „die dann noch vorhandenen Handlungsoptionen“ aufzeigen. Das Projekt ist inzwischen weit gediehen, das Land NRW hat sieben Millionen Euro aus der Städtebauförderung bewilligt.
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Bürgerbeteiligung: Nach der Wahl war ein Ausschuss für Bürgerbeteiligung gebildet worden. Er hat 2023 Leitlinien vorgelegt, die auf Intervention des Rhein-Sieg-Kreises allerdings überarbeitet werden mussten. Eine mit viel Mühe erarbeitete „Bürgerbeteiligungssatzung“ musste sogar komplett aufgehoben werden. Aber nun werde der Aufbau eines Beteiligungsbeirats vorangetrieben. „Die Grundlagen sind da“, fasste Ulrike Ries-Staudacher (KöWi) die Sicht der Koalition zusammen und erinnerte zudem an die erste Wahl einer Seniorenvertretung.

Erneuert und ausgebaut wurde der Rheinradweg bei Niederdollendorf.
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Aus Sicht der CDU „verkommt“ die angekündigte Bürgerbeteiligung jedoch zur „Luftnummer“. Das groß angekündigte Versprechen, die Bürger stärker einzubinden, sei in vier Jahren nicht erreicht worden. Auch der personelle und finanzielle Aufwand – in Königswinter wurde eine Stabsstelle für Bürgerbeteiligung geschaffen und ein Beteiligungsbüro eingerichtet – müsse mit Blick auf den „Output“ weiter kritisch hinterfragt werden.
Mobilitätswende: Das Radwegekonzept sei erstellt, der Radweg zwischen Niederdollendorf und Oberkassel ausgebaut und das Mietfahrradsystem eingeführt worden, zählt die Koalition Erfolge auf. Die zugesagte Planungsvereinbarung für den Bau eines Berg-Tal-Radwegs mit dem Land sei ein wichtiger Meilenstein. Man wolle aber nicht die ganze Mobilität aufs Fahrrad umstellen, betonte Klaus Ruppert (Grüne) und sprach von einer besseren und engen Verknüpfung der Verkehrsmittel.
Tragfähige Lösungen will auch die CDU bei den Berg-Tal-Radwegeverbindungen. Und auch sie plädiert für Mobilität für alle Generationen und unter anderem für sichere Schulwege. Bei Letzterem verweist die Koalition auf die neu installierte Beleuchtung in Eisbach und erneuerte Zebrastreifen in Heisterbacherrott. Sie begrüßt zudem das Pilotprojekt zur Einrichtung einer Schulstraße in Niederdollendorf nach den Sommerferien.
CDU Königswinter macht geplanten Test für Schulstraße zum Thema im Rat
Die CDU macht das Vorhaben aber zum Thema in der letzten Ratssitzung im September. Es werde von den Betroffenen als „wenig sinnvoll und viel zu kurzfristig erachtet“, heißt es in einer Anfrage. Schule und Bildung: KöWI, SPD und Grüne halten sich zugute, dass sie die Einstellung von Schulsekretärinnen durchgesetzt haben, sodass alle Grundschulen eine eigene Sekretärin bekommen sollten. Lehrer würden so von Verwaltungsarbeit entlastet. Bei der OGS-Betreuung seien neue Einkommensstufen für die Berechnung der Elternbeiträge eingeführt worden, die Besserverdienende belasten, aber Geringverdiener entlasten würden.

Das Lemmerz-Freibad am Drachenfels in Königswinter ist geschlossen und soll saniert werden.
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Die CDU reklamiert für sich, dass sie aus der Opposition heraus teilweise Verbesserungen habe erreichen können. Die Abstände innerhalb der Stufen der OGS- und Kita-Elternbeiträge seien aber nach wie vor zu groß und müssten weiter angepasst werden. Zur Besetzung der Schulsekretariate heißt es von der Opposition, dass sich das Ganze als komplizierte Angelegenheit erwiesen habe und etwa der Stundenzuwachs nicht bei allen Sekretärinnen auf Begeisterung gestoßen sei. „Es wurde aufgestockt, aber die Präsenz in der fraglichen Zeit ist dennoch nicht gewährleistet.“
Freibad: Die Sanierung des Lemmerz-Freibades am Drachenfels sei für die Koalition ein „Herzensthema“, so Manuela Roßbach (KöWi). Es ist seit 2024 geschlossen und soll für – so der letzte Stand – rund neun Millionen Euro saniert werden. Gerne wäre man das schon ein Jahr früher angegangen, betonte Thomas Koppe (Grüne). Durch eine Zufallsmehrheit im Rat hatte die CDU aber die Schließung schon 2023 verhindert. Ziel ist nach wie vor eine Wiederöffnung 2027.
Die CDU sieht den Beschluss von 2023 als „glücklichen Zufall“. So hätten die Bürger auch in dem Jahr noch das Bad genießen können, wenn auch bei reduzierten Öffnungszeiten. Aus ihrer Sicht wäre nach Gesprächen mit den Betreibern vielleicht sogar noch ein Betrieb im Jahr 2024 möglich gewesen, da die Bauarbeiten erst 2025 beginnen sollen.
Wirtschaft: Das Dreierbündnis verweist auf einen intensiveren Dialog mit der Wirtschaft und auf die Bildung des Ausschusses für Kultur, Tourismus und Wirtschaft. Der 2024 durch die Bettensteuer neu geschaffene Fördertopf Stadtmarketing schaffe zusätzliche Möglichkeiten. Stichwort Kultur: Man fördere seit „Regierungsübernahme“ gezielt Theater, Musik, Kunst und kulturelle Projekte.
Koalition spricht von soliden Finanzen der Stadt Königswinter
Die CDU betont den aus ihrer Sicht nötigen Ausbau von Gewerbegebieten. Den Beschluss der Koalition, das geplante Gewerbegebiet Siefen „von vorneherein nachhaltig und klimafreundlich“ zu gestalten, habe sie abgelehnt. Man wolle Betriebe „nicht mit übermäßigen Vorschriften belasten“. Bei der Kulturförderung habe man„im Einvernehmen“ eine gute erste Fassung der Richtlinie verabschieden, man habe aber auf Mängel hinweisen und eine Überarbeitung anstoßen können.
Finanzen: Die Koalition spricht mit Blick auf den städtischen Haushalt von „soliden Finanzen“. Man sei sparsam mit dem Geld umgegangen, habe die Grundsteuer „maßvoll“ erhöht (ab 2022 flossen im Jahr zwei Millionen Euro zusätzlich in die Stadtkasse) und habe die Bettensteuer auch für Geschäftsreisende eingeführt. „Die Gewerbesteuer wurde nicht erhöht.“
CDU-Fraktionschef Stephan Unkelbach hatte die „drastische Erhöhung“ der Grundsteuer als unnötig bezeichnet, sie belaste Familien und einkommensschwache Haushalte. Bei der Ausweitung der Bettensteuer auf Geschäftsreisende warnte er seinerzeit vor einem Wettbewerbsnachteil und womöglich sinkenden Gästezahlen.