Seltene InsektenGottesanbeterinnen sorgen für „echte Sensation“ im Siebengebirge

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Gottesanbeterin im Siebengebrige

Ein männliche Gottesanbeterin im Siebengebirge.

Jungtiere der Gottesanbeterin haben das kalte Frühjahr überlebt. Damit ist erstmals ein Reproduktionsnachweis im südlichen NRW erbracht.

„Es ist eine echte Sensation“, freut sich Marc Schendzielorz über den ungewöhnlichen Fund im Siebengebirge. An einem Südhang entdeckte er zahlreiche Jungtiere der Gottesanbeterin. „Diese Nymphen sind im Frühjahr aus Eiern geschlüpft, die hier im vorigen Jahr von adulten Tieren gelegt worden sind. Damit ist erstmals ein direkter Reproduktionsnachweis im südlichen NRW erbracht.“

Bei einem Ortstermin mit der Redaktion war es kein Problem, zahlreiche Gottesanbeterinnen mit dem wissenschaftlichem Namen Mantis religiosa im Gras und an Büschen zu entdecken. 

Eine Gottesanbeterin im Siebengebirge klettern in einem Brombeerstrauch herum.

Eine Gottesanbeterin im Siebengebirge zwischen Brombeerblättern.

Eigentlich ist Schendzielorz auf der Suche nach Heuschrecken. Er schreibt als Promotionsstipendiat der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) eine Doktorarbeit zum Thema „Veränderung der Heuschreckenfauna in den Naturschutzgebieten Siebengebirge und Rodderberg in 50 Jahren“. Dazu gehört, dass er dort zahlreiche Flächen genau untersucht, um die Ergebnisse mit alten Daten zu vergleichen.

Im Siebengebirge konnten erstmals Jungtiere dokumentiert werden

Immer wieder stieß er dabei jüngst auf Gottesanbeterinnen. Durch die Folgen des Klimawandels ist das seit einigen Jahren nichts Ungewöhnliches mehr. Immer wieder fliegen, beispielsweise von der Mosel kommend, ausgewachsene Tiere an den Rhein und legen hier mutmaßlich auch in einigen Fällen Eier. Allerdings konnten im Siebengebirge bislang keine hier geschlüpften Jungtiere dokumentiert werden. Das hat sich nun geändert.

Schendzielorz informierte die Biologische Station des Rhein-Sieg-Kreises und den Naturschutzbund Deutschland (Nabu) über seinen Fund. Mit beiden Vereinen arbeitet er im Rahmen seiner Doktorarbeit eng zusammen. Insektenexperte Alexander Heyd vom Nabu Bonn unternahm sofort eine Exkursion mit Schendzielorz zum Fundort in Königswinter. Auch er bestätige die „kleine Sensation im Insektenreich“, so Heyd.

Gottesanbeterinnen im Siebengebirge finden ausreichend Nahrung

Die Eier von Gottesanbeterinnen können Temperaturen von bis zu minus 40 Grad Kälte überstehen. Bis zu 300 Eier enthält das Gelege eines Weibchens. Das Problem ist die Versorgung der Jungtiere. Die Nymphen jagen nach dem Schlüpfen andere Insekten. Doch durch die in der Vergangenheit kälteren Temperaturen im Frühjahr schlüpften ihre Lieblingsspeisen wie Heuschrecken und andere Insekten nicht früh genug. Daher blieben Vorkommen der Gottesanbeterin in Deutschland lange auf wenige Wärmeinseln beschränkt. „Es gab bis jetzt einfach zu wenig Nahrung zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Heyd.     

Gottesanbeterin im Siebengebirge, Aleynder Heyd (l.) vom Nabu und Marc Schendzielorz auf der Sucher nach Insekten

Gottesanbeterin im Siebengebirge, Aleynder Heyd (l.) vom Nabu Bonn und Marc Schendzielorz auf der Sucher nach Insekten.

Durch den Klimawandel sind die ersten Monate des Jahres inzwischen wärmer geworden. „Deswegen schlüpfen Larven von Heuschrecken und anderen Insekten teilweise deutlich früher“, so Experte Schendzielorz. Die frisch geschlüpften Gottesanbeterinnen fänden damit auch in unserer Region einen reich gedeckten Tisch. Er erwartet in den nächsten Jahren  zahlreiche weiteren Sichtungen und eine etablierte Population.

Gottesanbeterinnen fressen Männchen nach der Befruchtung auf

Bei den Gottesanbeterinnen sind die Weibchen deutlich größer. Nach der Befruchtung fressen sie in vielen Fällen die deutlich kleineren Männchen, wenn diese nicht schnell genug fliehen können. Sexualkannibalismus nennt sich das. Das Männchen gewährleistet damit immerhin, dass das Weibchen gut genährt mehr Eier und folglich mehr seiner Nachkommen produzieren kann.

Ein braun gefärbte Gottesanbeterin aus dem Siebengebirge.

Ein braun gefärbte Gottesanbeterin aus dem Siebengebirge.

Sie halten ihre zu Fangbeinen umgestalteten Vorderextremitäten in Lauerstellung eng am Körper, sodass sie im Sekundenbruchteil nach vorne schnellen und Beuteinsekten packen können. Deshalb werden sie auch Fangschrecken genannt. In unserer Region tritt Mantis religiosa in zwei gut getarnten Farbenvarianten auf: grün und braun. In Verbindung mit der nahezu bewegungslosen Lauerhaltung eine tödliche Kombination für zufällig vorbeikommende Insekten.

Der Nabu Bonn möchte die regionale Verbreitungskarte um aktuelle Sichtungen erweitern. Er bittet daher alle Naturfreunde, die Augen nach Gottesanbeterinnen offenzuhalten. Bitte melden Sie Ihre Sichtungen, bestmöglich mit Fundort und Bildnachweis, per E-Mail an:  info@nabu-bonn.de

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