Anti-AfD-DemoBusfahrer lässt Lohmarer Demonstranten an Haltestelle stehen – mit Absicht?

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Bushaltestelle an einer breiten Straße

Die Demonstranten mussten auf den nächsten Bus warten, in Donrath aussteigen und zweieinhalb Kilometer bis zum Lohmarer Rathaus laufen.

War es Absicht oder ein Versehen? Der Fahrer eines Linienbusses ließ eine Gruppe nicht einsteigen, die zur Lohmarer Anti-Afd-Demo wollte.

Haltestelle Wahlscheid „Im Müllerhof“, 16.39 Uhr, eine Gruppe älterer Menschen wartet auf den Bus, doch die Linie 558 fährt vorbei, hält etwa 80 Meter hinter der Station am Straßenrand an, lässt zwei Fahrgäste aussteigen - und braust davon. Die Senioren, alle jenseits der 70, wollten zur Anti-Rassismus-Demo in Lohmar.

Hat der Mann am Steuer die Gruppe bewusst stehen lassen? Diese Frage stellt Klaus Schönenberg in einem Beschwerdebrief an das Verkehrsunternehmen RSVG. Schönenberg, ein bekannter Autor aus Lohmar-Wahlscheid, der sich schon seit Jahrzehnten für Frieden und Völkerverständigung stark macht, schildert in seinem Schreiben auch die anschließende Odyssee der Demonstranten.

Der nächste Bus fuhr 30 Minuten später und nicht durch Lohmar-Ort

Die etwas Jüngeren aus der Gruppe waren noch winkend zur 558 geeilt, doch vergeblich. Dann hieß es eine halbe Stunde warten. Doch der nächste Bus der Linie 557 nahm einen anderen Linienweg. Denn mittlerweile war der Demonstrationszug mit etwa 3000 Menschen von der Jabachhalle in Richtung Rathaus gestartet, so dass die Busse Richtung Siegburg nicht über die blockierte Hauptstraße, sondern über die Autobahn 3 fuhren.

Klaus Schönenberg und seine Mitstreitenden, von denen einigen nicht mehr so gut zu Fuß waren, mussten in Donrath am Ellhauser Weg aussteigen und dem Zug hinterhereilen, kamen nach rund 30 Minuten am Lohmarer Rathaus an. Da hatte die Kundgebung – unter anderem mit dem bekannten Kabarettisten Wilfried Schmickler – längst begonnen.

Er hatte den Wartenden die Auskunft geben müssen, dass ein Zustieg nicht möglich ist. Zudem hätte er unsere Leitstelle informieren müssen, dass eine Verstärkerfahrt notwendig ist.
RSVG-Sprecherin Melanie Matyschok zum Vorfall in Lohmar-Wahlscheid

Auf Nachfrage unserer Redaktion teilte RSVG-Sprecherin Melanie Matyschok mit, dass der Vorfall im Unternehmen bekannt sei. Der Fahrauftrag für die 558 sei an ein Subunternehmen vergeben, und der Fahrer habe einige Tage frei, so dass er erst später dazu befragt werden könne. Ergebnis der Befragung: Der Bus sei laut dem Fahrer zu voll gewesen, so dass er die Gruppe nicht habe mitnehmen können.

Der Mann am Steuer habe sich aber falsch verhalten, so Matyschok. Es sei sein Fehler gewesen, dass er nicht angehalten und die Wartenden informiert habe. Der Fahrer habe sich auch nicht bei der RSVG gemeldet und eine Verstärkerfahrt angefordert, was in solchern Fällen angezeigt sei. Es sei keine Absicht gewesen, die Gruppe nicht mitzunehmen. Und es gebe auch keinen politischen Hintergrund. 

Schönenberg stellt diese Antwort nicht zufrieden: „Der Bus ist höchstens zu 60 Prozent gefüllt gewesen, und alle Passagiere saßen. Wir hätten noch Platz gehabt.“ Das bestätigen mehrere Zeuginnen, wie Margarete Bogdanski und Renate Ottersbach. Karin Landsberg, die im Bus saß, schildert, dass Fahrer sehr schnell unterwegs war und bis Lohmar an keiner Station mehr stoppte, obwohl es noch genug freie Plätze gegeben habe.

Klaus Schönenbergs Vorschlag zur Güte: Die RSVG solle 100 Euro an die Flüchtlingshilfe spenden. „Auf meine drei Euro für das Ticket verzichte ich gerne.“  

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