Anwohnende, Politik und Planer gehen gemeinsam durch Lohmar-Honrath, um Impulse für ein fußgängerfreundlicheres Stadtbild aufzustellen.
Fußverkehrscheck in LohmarAuch Honrath soll für Fußgänger sicherer werden

Fußverkehrscheck: Auch Honrath soll Fußgängerfreundlicher werden.
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Etwa 20 Bürgerinnen und Bürger haben sich versammelt, um mitzureden, wenn es um die fußgängerfreundlichere Gestaltung von Honrath geht. Da ist Brunhilde Abrecht von der Lohmarer Seniorenvertretung, Patricia Lindenberg, die als Tagesmutter oft Wagen mit sechs Kindern durch die Honrather Straßen schiebt, und Dieter Schneider, der seit einer Corona-Infektion, bei der er 80 Prozent seiner Lunge verlor, im Rollstuhl sitzt. Unterschiedliche Perspektiven auf alltägliche Wege sind gefragt.
Einen Fußweg von etwa zwei Kilometern haben sie sich heute vorgenommen, von der Ecke Schlehecker Straße/ Rösrather Straße bis zum Honrather Bahnhof. An verschiedenen Stationen gibt Andrea Fromberg vom Kölner Planungsbüro VIA Lösungsimpulse für Probleme, die sich dort für Fußgängerinnen und Fußgänger ergeben. Dann gehen die Anwohnenden, Vertreterinnen und Vertreter aus der Stadtverwaltung und Lokalpolitik sowie Bürgermeisterin Claudia Wieja in die Diskussion. Die Empfehlungen, die sie heute gemeinsam aufstellen, wird die Stadt Lohmar anschließend hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit prüfen.
Planungsbüro: Honrath ist durch Höhenlage keine einfache Kommune
Schon zwei Fußverkehrschecks wurden in der Stadt Lohmar durchgeführt. Bei der Vorstellung der Ergebnisse im Stadtrat sei der Wunsch aufgekommen, dies in weiteren Ortsteilen zu wiederholen, sagt Andrea Fromberg. Honrath bietet den Auftakt, „aufgrund der Lage auf dem Höhenrücken mit besonderen Herausforderungen verbunden.“

Der im Rollstuhl sitzende Anwohner Dieter Schneider zeigt, was abgesenkte Bordsteine in seinem Alltag bedeuten.
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Die Höhenlage ist schon am Treffpunkt ein wichtiges Thema: Die Schlehecker Straße ist viel und schnell befahren. Für Fußgänger und Radfahrer, aber auch Autofahrer, die die Straße kreuzen, gibt es kaum Sicherung. „Ein Kreisverkehr wäre an dieser Stelle auch problematisch, da die Einsehbarkeit durch den Hügel sehr schlecht wäre“, sagt Andrea Fromberg und empfiehlt eine Ampel.
Hier ziehen sehr viele Leute an einem Strang, und das ist in anderen Kommunen nicht immer so.
Im ersten Drittel der Rösrather Straße diskutiert die Gruppe über Gefahren durch parkende Autos. Auf der Straße fehle es an Ausweichmöglichkeiten, was die Unfallgefahr erhöhe, und die Sicht sei für alle Verkehrsteilnehmenden schlecht, merken mehrere Anwohner an. „Die Leute fahren mit wirklich mit hoher Geschwindigkeit an den parkenden Autos vorbei“, so der Anwohner Dietmar Ammen, der sich Sorgen um seine Enkelkinder macht. Fromberg schlägt vor, das Parken hier durch Markierungen zu regulieren. Man müsse sich jedoch bewusst sein, dass die Anzahl der Parkplätze dadurch reduziert werde.

„Drängelgitter“: Sind sie noch sinnvoll oder vor allem ein Hindernis für Menschen mit Kinderwägen oder Rollatoren?
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Außerdem geht es um barrierefreie Bordsteine: „Ich kann das gar nicht nachvollziehen - an den Einfahrten sind die Bordsteine ja immer abgesenkt, aber nicht ganz bis auf den Boden“, sagt der Anwohner Dieter Schneider. Für ihn als Rollstuhlfahrer stellen sie so immer noch Hindernisse dar. Auf der anderen Seite sei eine kleine Kante für beispielsweise blinde Menschen wichtig, um den Gehweg ertasten zu können, erklärt Siegmund Zöllner, der sich im Lohmarer Behindertenbeirat engagiert.
Bordsteine, Drängelgitter, Mülltonnen: Hindernisse für Rollstuhl- und Rollatorfahrende verringen
Ein sogenanntes „Doppelbord“ mit bodennaher Absenkung sei der Standard und sozusagen ein Kompromiss, um verschiedene Barrierefreiheitsanforderungen umzusetzen, so Zöllner. Dieter Schneider macht auch auf das Problem aufmerksam, dass sehr viele Leute ihre Mülltonnen vor der Leerung mitten auf die Gehwege stehen. Für ihn sei es unmöglich, daran vorbeizukommen, „dabei haben die Häuser hier doch alle eine Einfahrt, wo Platz für die Mülltonnen ist“.
An idealerweise zwei Stellen auf der Rösrather Straße empfiehlt Andrea Fromberg das Anlegen von Zebrastreifen. Besonders praktisch könne dies an der Ecke Rösrather Straße/ Siebengebirgsring sein, dort, wo gegenüberliegend eine Abzweigung zur Alten Honrather Straße führt. Der steile Weg durch den Wald herunter zum Honrather Bahnhof sei stark von Fußgängern frequentiert und werde so sichtbarer.

Ein durch niedrige Metallteller abgegrenzter Fußweg führt entlang der Landstraße zum Honrather Bahnhof. Viele Anwohner fühlen sich hier nicht sicher.
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Diskutiert wird auch über die „Drängelgitter“ vor der Wolkenburgstraße. Diese seien ursprünglich aufgestellt worden, um die Durchfahrt von Mopeds zu vermeiden. Da diese sehr eng beieinanderstehen, haben Rollatoren und Kinderwagen hier kein Durchkommen. „Ich kann in Honrath nur ganz bestimmte Wege gehen, und das finden die Kinder auch langweilig“, merkt die Tagesmutter Patricia Lindenberg an, „für mich ist Honrath geteilt“. Im Raum steht der Vorschlag, statt der Stangen nur noch einen Poller aufzustellen.
Ich kann in Honrath nur ganz bestimmte Wege gehen, und das finden die Kinder auch langweilig.
Zum Honrather Bahnhof führt ein schmaler, durch niedrige Metallteller abgegrenzter Fußweg entlang der Landstraße, wo eine Geschwindigkeit von bis zu 70 km/h erlaubt ist. Hier fühlen sich die Anwohnenden nicht sicher, auch weil Autos oft über die Abgrenzung fahren. Bürgermeisterin Claudia Wieja bemerkt, dass sich die Poller auch teilweise von der Straße ablösen. Möglich wäre, sie durch höhere Stangen zu ersetzen, auch eine niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzung ist im Gespräch.
Welche der gemeinsam aufgestellten Ideen wie umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Für die Landesregierung und das Zukunftsnetz Mobilität sei Lohmar bei der Durchführung der lösungsorientierten Fußverkehrs-Checks eine „Vorzeigekommune“, sagt Andrea Fromberg: „Weil die tatsächlich was ändern wollen. Hier ziehen sehr viele Leute an einem Strang, und das ist in anderen Kommunen nicht immer so.“