Mord in LohmarIm Prozess im Mordfall Claudia Otto geht es um ein einzelnes DNA-Partikel

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Zwei Beamte in weißen Anzügen suchen auf einer Veranda Spuren

Kriminalbeamte sicherten 1987 Spuren am Tatort, dem Lokal „Naafshäuschen“.

Im Lohmarer Mordfall Claudia Otto geht es um ein einzelnes DNA-Partikel, das 1987 auf der Leiche gefunden wurde und einem verurteilten Doppelmörder zugeordnet werden konnte.

„Das ist der Tag der Tage“, sagte Rechtsanwalt Uwe Krechel. Sein Mandant ist angeklagt, 1987 in Lohmar die Gastwirtstochter Claudia Otto ermordet und beraubt zu haben. Doch der heute 66-Jährige schweigt. Also ist das Bonner Schwurgericht auf Indizien angewiesen. Am Donnerstag könnte es auf dem Weg der Wahrheitsfindung einen Schritt weitergekommen sein.

Die 23-Jährige war am Morgen des 9. Mai 1987 tot in ihrer Wohnung oberhalb des Gasthauses „Naafshäuschen“ von ihrer Mutter gefunden worden, nackt und an Händen und Füßen gefesselt. Die junge Frau muss mit ihrem Mörder gekämpft haben, möglicherweise fand auch ein Sexualgeschehen statt.

Die Kripo klebte die Leiche mit einer Vielzahl von Folien ab, um Fasern zu finden; die DNA-Analyse stand damals noch am Anfang. Die Folien kamen ins Labor des Landeskriminalamtes (LKA), doch dem Angeklagten, als Gast der Wirtschaft im Kreis der Verdächtigen, konnte nichts nachgewiesen werden.

Mordfall Claudia Otto: Eine Molekularbiologin sagt im Prozess aus

Erst im Dezember 2017 geriet er nach einer neuen Auswertung der DNA-Spuren wieder in den Fokus der Ermittler. Für eine Anklage aber reichten dem Gericht die Beweise nicht: Außer seiner DNA-Spur wurde eine zweite gefunden. Der heute Angeklagte legte Beschwerde ein, der Haftbefehl wurde aufgehoben.

Bei der möglichen Lösung des 35 Jahre alten „Cold Case“ half ihnen Molekularbiologin Professorin Dr. Katja Anslinger; die Rechtsmedizinerin leitet an der Münchener Ludwig-Maximilian-Universität das DNA-Labor. Anslinger bekam aus der Fallakte 36 Folien mit gesicherten Spuren, aus denen sie 344 Einzelpartikel identifizierte. Die Spur F-109, von der Brust des Opfers entnommen, wies den genetischen Fingerabdruck des Angeklagten auf, die daneben liegende Spur F-136 gehörte einem heute über 80 Jahre alten LKA-Beamten, der sie 1987 möglicherweise bei der Untersuchung hinterlassen hatte.

„Was sagt die DNA über die Täterschaft aus?“, fragte Schwurgerichtsvorsitzender Klaus Reinhof. Die Gutachterin verwies auf Empfehlungen der Spurenkommission, eines Gremiums der rechtsmedizinischen und kriminaltechnischen Institute in Deutschland. Danach brauche man „ein Szenario“, um eine Aussage treffen zu können, wie eine DNA „von A nach B“ übertragen worden sein könne. An diesem Punkt hakte Verteidiger Krechel ein: Wie groß, wie schwer müsse Materie sein, damit sie einer Untersuchung genüge, wollte er wissen. Man könne eine Hautschuppe nicht wiegen, antwortete Anslinger, das sei auch für eine Analyse nicht ausschlaggebend.

Die Spur seines Mandanten könne ja auch „angeweht“ worden sein, so wie Staub, insistierte Krechel – sein Mandant war im Jahr 1987 wiederholt im „Naafshäuschen“ gewesen. „Er war drei Wochen vor der Tat zum letzten Mal da“, sagte Richter Reinhof. Die Frage, ob es möglich ist, dass die DNA drei Wochen auf dem Körper von Claudia Otto haften kann oder ihr „frisch“ beigebracht wurde, wird im Verlauf des Verfahrens entscheidend sein.

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