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Cold CaseProzess im Fall Claudia Otto gestartet – Angeklagter streitet Tat ab

Lesezeit 3 Minuten
Der Angeklagte sitzt zwischen seinen Verteidigern auf der Anklagebank vor dem Landgericht Bonn.

Nach 35 Jahren ist in Bonn der Prozess im Fall Claudia Otto gestartet. Ein bereits verurteilter Doppelmörder ist angeklagt.

35 Jahre nach dem Mord an einer jungen Frau in Lohmar steht der mutmaßliche Täter vor dem Landgericht Bonn. Der Angeklagte ist ein verurteilter Doppelmörder. Am ersten Prozesstag schweigt er.

Der schmale Mann mit der Brille ist ein Mörder. So viel steht fest, für die Tötung zweier Menschen im Jahr 1988 saß er 24 Jahre lang in Haft. Doch hat der 66-Jährige auch die Lohmarer Gastwirtstochter Claudia Otto umgebracht?

Was vor 35 Jahren am 9. Mai 1987 im „Naafshäuschen“ geschah, das versucht nun die Schwurgerichtskammer am Landgericht Bonn aufzuklären. Der Angeklagte bestreitet die Tat.

Selbst äußerte er sich nicht zur Sache, sein Anwalt, der bekannte Strafverteidiger Uwe Krechel, gab zum Prozessauftakt nur eine kurze Erklärung für seinen Mandanten ab: „Er möchte nicht mit Ihnen reden, sondern erklären, dass er diese Tat nicht begangen hat.“ Krechel kritisierte dann ausführlich, dass der Angeklagte durch die Berichterstattung in den Medien „vorverurteilt“ und „als Bestie“ dargestellt worden sei.

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Cold Case in Lohmar: Angeklagter war häufig zu Gast im Wirtshaus

Mit Richter Klaus Reinhoff führt einer der Erfahrensten seiner Zunft das nicht alltägliche Verfahren, der Saal war voller Medienvertreter mit Foto- und Filmkameras sowie Mikrofonen.  Seit 18 Jahren ist Reinhoff der Vorsitzende der großen Strafvollstreckungskammer: „Es gibt wohl keine Person am Landgericht, die mehr Mörder gesehen hat“, sagte er.

Der Fall Claudia Otto war ein sogenannter Cold Case. Der Angeklagte geriet zwar schon kurz nach der Tat unter Verdacht – er war häufiger zu Gast in der Wirtschaft –, es gab aber keine Beweise. Jahrzehnte später erst konnten die Ermittler ihm dank neuer technischer Auswertungsmöglichkeiten eine alte DNA-Spur zuordnen.

Zu diesem Zeitpunkt saß der Angeklagte noch in Haft in Ostwestfalen, wo er heute auch seinen Wohnsitz hat. Indes gab es auch eine zweite DNA-Spur, die zunächst nicht zugeordnet werden konnte. Sie gehört zu einem Beamten des Landeskriminalamts, der am Tatort war, das wurde kürzlich bekannt.

Mordfall Claudia Otto: Prozess mit acht Verhandlungstagen angesetzt

Es zeichnet sich ein reiner Indizienprozess ab, acht Verhandlungstage sind angesetzt. „Dieses Verfahren entscheidet sich über die DNA“, sagte der Vorsitzende Richter. Wie die Spuren am Tatort mit Folien gesichert und wie diese aufbewahrt wurden, dazu würden noch Experten des Landeskriminalamts als Zeugen befragt, sagte Reinhoff auf eingehende Nachfragen des Verteidigers. Die gefundenen Fasern, Haare, Abdrücke von Fingern und Turnschuhsohlen ließen sich nicht dem Angeklagten zuordnen.

Claudia Otto hatte erst 14 Tage in der Wohnung über den Gasträumen gelebt, nach dem Abschluss ihres Hotelfach-Studiums. Ihre Mutter entdeckte am Morgen zunächst im Büro den geöffneten, leeren Tresor, fand dann ihre Tochter tot im Bett, gefesselt, mit Nylonstrümpfen und mit einer Krawatte erwürgt. Es fehlten rund 6000 Mark. Hatte die junge Frau einen Einbrecher überrascht?

Der Letzte, der sie vermutlich am Vorabend lebend sah, war ein Kellner. Er war als Zeuge geladen, ist aber kürzlich gestorben. Auch die Eltern des Mordopfers, 85 und 82 Jahre alt, werden nicht vor Gericht aussagen. Sie sind chronisch krank und nicht vernehmungsfähig, so steht es in ihren ärztlichen Attesten. Dem Angeklagten gegenüberzutreten, würde sie einer unzumutbaren „seelischen Belastung“ aussetzen.

Der Prozess wird am Montag, 14. November, fortgesetzt.

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