Warnung vor VersorgungsengpassNetz der Apotheken im Rhein-Sieg-Kreis wird dünner

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau mit blonden Haaren und Brille im weißen Kittel steht in einer Apotheke.

Ulrike Jüngel-Sandner, Inhaberin der Augustinus-Apotheke und Sprecherin der Apotheken im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis

Die Apothekerkammer Nordrhein warnt vor einem drohendem Engpass bei der Versorgung mit Medikamenten in ländlichen Gebieten.

Die auch für den Rhein-Sieg-Kreis zuständige Apothekerkammer Nordrhein warnt vor einem immer dünner werdenden Netz der wohnortnahen Versorgung mit Medikamenten. Für Inhaber von Apotheken werde es immer schwieriger, geeignete Nachfolger zu gewinnen. Endgültige Schließungen seien die Folge.

Neu sei dieser Trend nicht: Laut Apothekerkammer hält die Entwicklung bereits seit 23 Jahren an. Die Bereitschaft, eine Apotheke zu übernehmen, sei derzeit so gering wie niemals zuvor, berichten die Experten der Kammer in einer aktuellen Mitteilung.

An Rhein und Sieg ist die Zahl der Apotheken rückläufig

135 Apotheken zählte die Kammer zum Stichtag 31. Dezember 2022 im Rhein-Sieg-Kreis. Eine Apotheke hat im vergangenen Jahr schließen müssen – zwei sind dazugekommen. Damit steht der Kreis vergleichsweise gut da. Innerhalb des Kammerbezirks ist neben dem Rhein-Sieg-Kreis nur im Kreis Viersen die Gesamtzahl der Apotheken gestiegen.

Klar ist aber: Auch an Rhein und Sieg ist die Zahl der Apotheken in den vergangenen Jahren rückläufig. 2012 waren es noch 143 Apotheken – Ende 2022 acht weniger. Im Durchschnitt ist mittlerweile eine Apotheke im Kreis für die Versorgung von knapp 4500 Menschen verantwortlich. „Unser dichtes Netz bekommt Löcher, das darf so nicht weitergehen“, fordert Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein.

Im gesamten Kammerbezirk, der die Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln umfasst, zählen die Experten 400 Apotheken weniger als noch vor zehn Jahren. Die Politik müsse endlich gegensteuern. „Es muss sich wieder lohnen, eine Apotheke zu übernehmen“, sagt Hoffmann.

Die Bürokratisierung hat massiv zugenommen.
Ulrike Jüngel-Sandner, Sprecherin der Apotheker

Die Apotheken in der Region plagen gleich mehrere Sorgen: „Die Bürokratisierung hat massiv zugenommen“, sagt die Sankt Augustiner Apothekerin Ulrike Jüngel-Sandner, die zugleich als Sprecherin der Apothekerschaft im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis fungiert. Die Zeit, die sie eigentlich mit den Patientinnen und Patienten verbringen müsse, würde mehr und mehr von Verwaltungstätigkeiten aufgefressen. „Das macht mich traurig – dafür bin ich vor 20 Jahren nicht als Apothekerin angetreten.“

Apotheken in Rhein-Sieg: In der Branche herrscht Personalmangel 

Hinzu kämen die Liefer- und Versorgungsengpässe bei Medikamenten und Wirkstoffen, die die Apotheken seit Monaten beschäftigen. „Dauernd auf der Suche nach Alternativen zu sein, um die Patienten versorgen zu können, ist unglaublich zeitraubend“, sagt die Apothekerin.

Nicht zuletzt beschäftigt auch sie der Personalmangel in der Branche. Fachkräfte fehlten, Nachwuchs sei nur noch schwer zu finden. Auch, weil die Apotheken nicht mit den Gehältern mithalten könnten, die die Industrie zahle. Mit Blick auf die aktuellen Zahlen der Apothekerkammer sagt Jüngel-Sandner: „Wir liegen hier noch unter dem Schnitt und stehen besser da als viele andere Regionen.“

Die Versorgung der Bevölkerung vor Ort ist eine schöne Aufgabe.
Ulrike Jüngel-Sandner, Apothekerin in Sankt Augustin

Dennoch gebe auch im ländlichen Raum Gebiete, in denen die Maschen im Netz der Apotheken größer und die Wege für Patientinnen und Patienten weiter würden. Umso mehr wirbt die Sprecherin der Apothekerkammer bei jungen Menschen darum, den Job ergreifen und auch eigene Apotheken zu eröffnen.

„Wenn man Spaß an der Pharmazie und am Umgang mit Menschen hat, ist das ein sehr erfüllender Beruf. Nicht nur die Forschung, auch die Versorgung der Bevölkerung vor Ort ist total wichtig und eine schöne Aufgabe, die ich – trotz aller Schwierigkeiten – immer noch unglaublich gerne erfülle“, sagt die Apothekerin.

KStA abonnieren