UrteilBonner Klinik muss Samenspende von verstorbenem Mann nicht herausgeben

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Eine Eizelle wird befruchtet.

Eine junge Frau aus Niederkassel liebte einen krebskranken Bonner. Kurz vor seinem Tod vereinbarten sie eine künstliche Befruchtung. (Symbolbild)

Vor seinem Tod vereinbarten ein Krebskranker und seiner Frau eine künstliche Befruchtung. Sie klagte vergeblich auf Herausgabe des Spermas.

Das Paar wollte ein gemeinsames Kind, doch das Schicksal verwehrte ihm diesen Wunsch: Der Mann starb an Krebs, und als seine Lebensgefährtin sich mit seinen Samenzellen künstlich befruchten lassen wollte, scheiterte sie vor Gericht.

Die Vorgeschichte: Die Frau aus Niederkassel, Jahrgang 1992, und der zwölf Jahre ältere Mann lebten seit Herbst 2020 zusammen, wollten heiraten und Kinder bekommen, doch im Juni 2021 kehrte bei ihm ein überwunden geglaubtes Synovialsarkom zurück, ein bösartiger Weichteiltumor. Eine Strahlentherapie und eine Operation waren erfolglos, schließlich kam Anfang 2022 eine Lungenembolie dazu. Der Kinderwunsch aber blieb.

Niederkasselerin sollte Samen für künstliche Befruchtung erhalten

Im Februar 2020 hatte der damals 36-Jährige seine Samenzellen im Universitätsklinikum Bonn (UKB) in einem sogenannten kryokonservativen Verfahren einlagern lassen und darüber mit dem Krankenhaus einen Vertrag abgeschlossen. Darin wurde vereinbart, dass nur der Spender oder eine von ihm beauftragte Person die Herausgabe der Zellen verlangen kann; nach seinem Tod sollten sie vernichtet werden, selbst wenn es eine anderslautende Weisung geben sollte.

Als der Tumor immer schlimmer wütete, stellte der Patient am 3. Februar 2022 seiner Lebenspartnerin eine Vollmacht aus, die sie berechtigen sollte, die Samen zum Zweck der künstlichen Befruchtung zu erhalten. Am 15. Februar 2022 starb der 38-Jährige, und zwei Monate später, am 5. April 2022, legte die Niederkasselerin dem UKB die Vollmacht vor. Das Klinikum weigerte sich aber, dem Wunsch auf Herausgabe der Eizellen zu folgen – und bekam jetzt vom Bonner Landgericht Recht.

Wie eine Gerichtssprecherin am Dienstag auf Anfrage mitteilte, hat die 3. Zivilkammer unter Vorsitz von Dr. Susanne Schönenbroicher die Klage der früheren Lebensgefährtin abgewiesen: Sie habe keinen Anspruch auf die Samenspende, weil sie die Vollmacht, wie im Vertrag geregelt, nicht zu Lebzeiten des Mannes vorgelegt habe.

Uniklinik Bonn will Samen des Verstorbenen weiter einlagern

Zudem, so das Gericht weiter, hätte sich das Klinikum mit der Herausgabe der Zellen der Beihilfe zu einer strafbaren Handlung schuldig gemacht. Denn das Gesetz zum Schutz von Embryonen sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe für denjenigen vor, der „wissentlich eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tode künstlich befruchtet“ (Paragraf 4 (1) Nr. 3). Die 31-Jährige hatte den Plan, die künstliche Befruchtung in Holland vornehmen zu lassen.

Die beklagte Klinik, die im Verfahren sehr einfühlsam mit dem Wunsch der Klägerin umgegangen sein soll, will die eingelagerten Eizellen noch nicht vernichten. Da nämlich der Gesetzgeber diesen Paragrafen des Embryonenschutzgesetzes möglicherweise ändern und ihn den Regelungen zur Leihmutterschaft in anderen europäischen Ländern anpassen will, versprach das Klinikum, sie werde die Zellen weiter lagern, solange die Frau die Kosten übernehme.

Niederkasselerin könnte sich nach Gesetzesänderung doch noch befruchten lassen

Sie kann also bei einer entsprechenden Gesetzesänderung immer noch entscheiden, ob sie sich vom Samen des Toten befruchten lassen will.

Die Klinik erklärte in einer Stellungnahme, ihr sei die gerichtliche Klärung wichtig gewesen, dass sich das UKB strafbar machen würde, wenn sie die Samenzellen herausgeben werde.

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