UnangekündigtWestnetz lässt Bäume fällen – Anwohner in Niederkassel empört

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Eine öde Fläche, die einer Wüste ähnelt, ist jetzt dort, wo früher Bäume wuchsen.

Eine öde Wüste: Ulrich von Elstermann, Vorsitzender des Umweltvereins „Pfaffenhütchen“, ist empört über die Rodung der wertvollen Bäume.

Der Verein Pfaffenhütchen hatte die Bäume 2007 gepflanzt. Jetzt wurde die Fläche gerodet – ohne mit dem Verein zu sprechen.

Wer auf der Landesstraße 269 von Niederkassel in Richtung Rheidt unterwegs war, fand sich bisweilen zwischen sattem Grün wieder. Direkt hinter dem Kreisverkehr mit der Spicher Straße wuchsen neben der Umgehungsstraße unter anderem Feldahorne, Ebereschen, Schlehen und Weißdorne.

Doch Anfang November 2023 wurde die rund 2500 Quadratmeter große Fläche gerodet – sehr zum Ärger des Vereins „Pfaffenhütchen“, der die Bäume und Sträucher im Jahr 2007 angepflanzt hatte. Verantwortlich ist Westnetz, das hier ein unterirdisches Kabel verlegen will. Der Vorsitzende des Umweltvereins, Ulrich von Elstermann, ist sich sicher: Westnetz hatte dafür keine Genehmigung.

Abgesägte Baumstümpfe ragen aus dem Boden. Tiere wurde damit der Lebensraum genommen. Die Pflanze kann nun auch keinen lebenserhaltenden Sauerstoff mehr produzieren.

Hier wohnen keine Tiere mehr, kein Blatt produziert mehr wichtigen Sauerstoff für das Leben auf der Erde. Nur noch Stümpfe ragen aus dem Boden.

Noch immer blickt er fassungslos auf die etwa zehnmal 250 Meter lange Fläche neben der L269, auf der Rückseite des Sportplatzes des 1. FC Niederkassel. Kahle Baumstümpfe ragen aus dem feuchten Erdreich, Spuren von Kettenfahrzeugen sind zu sehen. „Da muss mit schwerem Gerät gearbeitet worden sein.“

Bürger aus Niederkassel entdeckte die Fällung der Bäume an der Landstraße 269

Vor zehn Tagen habe ein Vereinsmitglied den „Frevel“, wie von Elstermann es nennt, entdeckt. Er will in Erfahrung gebracht haben, dass Westnetz dort eine unterirdische Stromtrasse verlegen will – und dafür keine Genehmigung von Seiten des Rhein-Sieg-Kreises oder der Stadt Niederkassel erhalten habe. „Die haben einfach Fakten geschaffen.“

Laut Markus Thüren, Pressesprecher der Stadt Niederkassel, sei tatsächlich Westnetz für die Rodung verantwortlich. „Dort soll ein 110 Kilovolt-Kabel verlegt werden. Hierfür besitzt Westnetz drei umweltrechtliche Genehmigungen sowie die erforderlichen privatrechtlichen Gestattungen.“ Der Sprecher verweist an den Kreis, der das Verfahren genehmigt habe.

„Die Anträge wurden im Herbst des vergangenen Jahres gestellt und Mitte Dezember von der Unteren Naturschutzbehörde genehmigt“, sagt dessen Sprecherin Daniela Blumenthaler. Dazu seien Ausnahmen und Befreiungen von bestehenden Gesetzen und dem Landschaftsplan der Stadt Niederkassel erfolgt. „Mit der Baumaßnahme sind auch unausweichlich Baumfällungen verbunden.“

Nur noch blanker Boden ist dort zu sehen, wo früher grüne Bäume wuchsen.

Hie werden bald die Kabel von Westnetz verlegt. Die Fläche an der L269 nach der Rodung.

Westnetz sei zugleich verpflichtet worden, an anderer Stelle neue Bäume zu pflanzen. „Dies muss noch in dieser Pflanzperiode erfolgen“, sagt Markus Thüren. Ulrich von Elstermann kritisiert, dass sein Verein, der den Bewuchs damals anlegte, nicht informiert worden sei. Er erwartet eine gleichwertige Neubepflanzung. „Einfach Jungbäume anzupflanzen, reicht nicht. Die müssen schon 15 Jahre alt sein.“

Kabeltrasse von Westnetz ist 3,4 Kilometer lang und 1,80 Meter tief

Westnetz teilte auf Anfrage mit, die Bauarbeiten seien nötig, um die Umspannanlage Ranzel mit der Freileitung zwischen Bornheim und Siegburg zu verbinden. Ziel sei es, die Kapazität des Stromnetzes im Rhein-Sieg-Kreis zu erhöhen, um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden.

Die Kabeltrasse sei 3,4 Kilometer lang und verlaufe entlang der L269 und der L82. Dazu sei ein 1,80 Meter tiefer und 6,50 Meter breiter Graben nötig. In diesen würden anschließend Leerrohre aus PVC verlegt, dann würden die Hochspannungskabel eingezogen. Westnetz versuche, die Beeinträchtigungen für die Anwohnerinnen und Anwohner möglichst gering zu halten. Die Arbeiten sollen voraussichtlich im Sommer 2024 abgeschlossen sein.

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