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IHK-ReportEinzelhandel bleibt wichtigstes Zugpferd der Innenstädte in Rhein-Sieg

4 min
Blick in die Siegburger Fußgängerzone, ein Kleiderständer im Vordergrund.

Handel und Innenstädte seien unter Druck, so die IHK, man spüre Kaufzurückhaltung.

Kurz vor Ende des Weihnachtsgeschäfts stellte die IHK Bonn/Rhein-Sieg den alle zwei Jahre erscheinenden Einzelhandelsreport vor.

„Steigende Umsätze, zunehmende Sorgen“ – so fasst die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg die Lage des Einzelhandels in Deutschland und der Region zusammen. Sowohl der Handel als auch die Innenstädte, die beide aufeinander angewiesen seien, stünden unter Druck, gerade auch wegen der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage.

Das ist nachzulesen im Einzelhandelsreport 2026, den IHK-Geschäftsführerin Claudia Betzing und Tanja Kröber, Vorsitzende des IHK-Einzelhandelsausschusses, kurz vor dem Ende des Weihnachtsgeschäfts vorstellten. Der Report wird alle zwei Jahre veröffentlicht und stellt die Situation des Einzelhandels dar, dem „wichtigsten Zugpferd für die klassischen Einkaufsstraßen“.

Dabei ist längst ein zweites Pferd vor den Karren gespannt worden, nämlich die Gastronomie. Immer mehr Menschen kommen nämlich in die City, um auszugehen oder eine Veranstaltung zu erleben. Kröber klagte in einem Pressegespräch jedoch darüber, dass steigende Kosten etwa für GEMA-Gebühren beim Bonn-Fest, die sich verdreifacht hätten, oder Brandschutzauflagen die Ausrichtung von Veranstaltungen wie dem Bonner Weihnachtsmarkt erschwert hätten.

Die Stimmung im Einzelhandel der Region bleibt frostig, das belegt die IHK-Konjunkturumfrage vom Oktober

Für die Betriebe in den Innenstädten laufe der Wandel „ununterbrochen“, sagte Betzing: Verkehr und Erreichbarkeit, Kaufzurückhaltung, aktuelle Krisen wie der Ukraine-Krieg – die Herausforderungen für den Handel in der Region seien vielfältig, er stünde unter einem „hohen Anpassungsdruck“. Auf Geschäftsaufgaben folgten Nachnutzungen, die Händler probierten neue Konzepte aus, um Kunden zu holen und an sich zu binden. Kröber, Chefin eines Fachgeschäfts für Optik und Hören am Bonner Friedensplatz, brachte es auf die Formel: „Ich mache die Tür auf, und der Kunde kommt sowieso, das funktioniert nicht mehr.“

Neue Ideen seien also gefragt. Sie nannte als Beispiel das „Late Night Shopping“ mit After-Job-Party in der Galeria am Münsterplatz, bei dem an einem Tag die reguläre Öffnungszeit bis in die späten Abendstunden verlängert worden sei und sich lange Schlangen vor der Kaufhaustür gebildet hätten. Der Verein City-Marketing, in dessen Vorstand Tanja Kröber ebenfalls aktiv ist, hatte die Idee in diesem Jahr übernommen; 26 Geschäfte in Bonn beteiligten sich.

Die Stimmung im Einzelhandel der Region bleibt insgesamt frostig, das belegt die IHK-Konjunkturumfrage vom Oktober. Die aktuelle Geschäftslage wurde im Herbst von einem Drittel der Händler als schlecht bewertet, nur 15 Prozent bezeichneten sie als gut. Dennoch spricht IHK-Geschäftsführerin Betzing von einem Umsatzwachstum von 2,8 Prozent im vergangenen Jahr. Das ist mehr als im bundesweiten Durchschnitt mit 0,9 Prozent. 14 Prozent des gesamten Umsatzes werden online generiert; das sei eine Verdoppelung im Vergleich mit 2018.

Verkaufsfläche in Rhein-Sieg und Bonn ist leicht gewachsen

Die Verkaufsfläche von insgesamt 1,43 Millionen Quadratmetern in Bonn/Rhein-Sieg ist moderat um 0,5 Prozent gewachsen. Davon entfallen 980.000 Quadratmeter auf die Bundesstadt und 433.000 Quadratmeter auf das Umland. Größere Flächenzuwächse wie das „Maximiliancenter“ oder „Urban Soul“ am Bonner Hauptbahnhof waren nach Beobachtungen der Kammer seit Anfang 2024 nicht zu verzeichnen. Ein Teil des Wachstums geht auf Discounter zurück, die vor einigen Jahren noch im Schnitt eine Fläche von 800 Quadratmetern bespielten, nun aber oft das Doppelte.

Betrachte man die Verkaufsflächen in Quadratmetern und pro Einwohner, so falle auf, dass viele Städte und Gemeinden im Kreis überdurchschnittlich gut ausgestattet seien, heißt es in dem Report. Vor allem Bornheim mit einer Verkaufsfläche von 2,70, Rheinbach (2,26), Meckenheim (2,75), Siegburg (2,15) und Hennef (1,87) lägen deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1,45 Quadratmetern pro Kopf. Bonn kommt nur auf eine Zahl von 1,34.

Grundsätzlich, sagt Betzing, „hat die Region gute Voraussetzungen, den Wandel zu meistern“. Wichtig bleibe dabei die Erreichbarkeit der Innenstädte. Drei von vier Betrieben hätten in einer Kammerumfrage berichtet, dass sich die Verkehrssituation in den vergangenen zwei Jahren verschlechtert habe. Kröber monierte lange Staus an den Ausfahrten von Tiefgaragen in der Bonner City. Das müsse besser geregelt werden, wünschte sie sich.


Wichtiger Indikator für die Attraktivität einer Innenstadt ist die Einzelhandelszentralität. Die „Sogwirkung“ einer City kann gemessen werden, indem man die Nachfrage der Einheimischen am Wohnort den Umsätzen im Einzelhandel gegenüberstellt. Daraus ergibt sich die Kaufkraftbindungsquote, die in Beziehung zur bundesweiten Quote die Einzelhandelszentralität ergibt.

Messgröße ist die Zahl 100. Bonn liegt bei 108,7, Bornheim bei 108,6, Sankt Augustin bei 104,9 und Siegburg bei 136,3. Das heißt: Diese Städte sind attraktive Handelsstandorte auch für auswärtige Besucher.

Die allgemeine Kaufkraft wird für Bonn mit 33.800 Euro je Einwohner angegeben, für den Rhein-Sieg-Kreis mit 32.273 Euro. In Bonn werden davon 8496 Euro und im Kreis 8107 Euro im Einzelhandel ausgegeben; die onlinerelevante Kaufkraft beträgt für Bonn 1221 Euro und im Umland 1048 Euro. (dbr)