Abo

Hinters Türchen schauenMenschen in Rhein-Sieg verstecken viel Fantasie in lebendigen Adventskalendern

5 min
Lebendiger Adventskalender Schönenberg

Lebendiger Adventskalender Schönenberg

Lebendige Adventskalender bringen Abend für Abend im Advent Nachbarn und Freunde zusammen.

Schokolade, Spielzeug, Müsli, Gewürze, Tee, Düfte und andere Kosmetik: Immer größer wird das Angebot der Adventskalender, die sich spätestens ab Anfang November in den Supermärkten ausbreiten. Vor allem um Gemeinschaft geht es indes bei den lebendigen Adventskalendern: Hier wird gelesen und zugehört, gesungen, geklönt und musiziert. Eine kleine Auswahl stellen wir hier vor. 

In Ruppichteroth bringt der Bürgerverein alles Nötige ins Haus

„Ich hab’ das auch schon geerbt“, gibt Markus Klein Auskunft, Vorsitzender des Bürgervereins in Ruppichteroth-Schönenberg, fragt man ihn nach dem Ursprung der Aktion. „Locker 20 Jahre“ gebe es den Adventskalender schon, manche Mitglieder sind als Gastgeber in jedem Jahr dabei. Die genießen ein „Rundum-sorglos-Paket“, wie Klein erzählt: Am Vorabend beladen Aktive des Vereins einen Anhänger, bringen Bänke und Tische, Heizpilz und Glühweinkocher und Getränke. 

Jeder kann dazukommen
Markus Klein, Vorsitzender des Bürgervereins Schönenberg

Die Ausrichter stellen ein bisschen Gebäck, manche grillen; bei Markus Klein und seiner Familie brennt zudem ein Schwedenfeuer. Besonders gut ist das Türchen beim „Etzenbacher Hof“ bestückt: „Der macht das auch für die Gäste“, weiß Klein, dort spielt sogar eine Band. Aber, und das ist dem Vorsitzenden des Bürgervereins wichtig: „Jeder kann dazukommen.“ Gerade für Neubürger in Schönenberg könne das eine gute Gelegenheit sein, erste Kontakte zu knüpfen.

Ute Klein aus Leuscheid weiß genau, wann es den Adventskalender dort zum ersten Mal gab: Im Jahr 2005 war sie eine „Geburtshelferin“. Im Jahr zuvor hatte Pfarrerin Dorothea Böttcher den Dienst in Leuscheid angetreten, die Idee für den Adventskalender brachte sie mit. Mit geschmückten Fenstern wollte sich ein Kreis engagierter und handwerklich begabter Senioren nicht zufriedengeben, erinnert sich Ute Klein.

In Windeck-Leuscheid kooperieren Bürgerverein und Kirchengemeinde

Stattdessen baute das Team um Willi Fenninger vom Bürgerverein kleine Schränke. Rechtzeitig zum 1. Dezember werden die Schränkchen aus dem Bürgervereinshaus geholt und verteilt. Einen Meter hoch und etwa 70 Zentimeter breit, bilden sie den Rahmen für eine Dekoration, die einen ausgewählten Text illustriert. Denn das Vorlesen einer Geschichte ist fester Bestandteil der täglichen Zusammenkünfte ebenso wie die Musik.

Seit nunmehr 20 Jahren gibt es in Leuscheid den Lebendigen Adventskalender; Mathilde Wittkop und ihr mittlerweile verstorbener Mann waren von Anfang an dabei

Seit nunmehr 20 Jahren gibt es in Leuscheid den Lebendigen Adventskalender; Mathilde Wittkop und ihr mittlerweile verstorbener Mann waren von Anfang an dabei

Liedzettel und Rhythmusinstrumente wandern in der „Törchentasche“ von Haus zu Haus. Zwei der Aktiven spielen Gitarre, bei Bedarf kommt Pfarrerin Böttcher „aus der Dose“ hinzu: Sie hat alle Lieder eingespielt. Mit dem Abendsegen endet nach etwa einer Stunde die adventstägliche Begegnung – was aber nicht heißt, dass nicht Nachbarschaften noch länger beieinander sind, wie Ute Klein betont. Und auch an die Menschen, die vielleicht nicht aus dem Haus können, wird in Leuscheid gedacht: Tag für Tag werden Geschichten und Türchen online gestellt. „Das haben wir nach Corona beibehalten.“

„Wenn Sie um Viertel vor sechs durchs Dorf fahren“, sagt René Kleinen, „dann sehen Sie die Leute in eine Richtung laufen.“ Wer sich denen anschließt, kommt recht wahrscheinlich zum nächsten Fenster im Stadt Blankenberger Adventskalender. Zum 19. Mal gibt es die Aktion in diesem Jahr; für René Kleinen ist es die erste, die er als Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins mit organisiert hat.

Stadt Blankenberger schenken Glühwein aus dem heimischen Wingert aus

Sein Vorgänger Walter Keuenhof habe die Idee damals nach Stadt Blankenberg gebracht, so Kleinen. Seither „wandert“ der Kalender durch die drei Dorfteile Stadt, Berg und Attenberg, in diesem Jahr ist die Stadt Ausrichter, alle Fenster sind innerhalb der Stadtmauer zu finden. Wobei Fenster nicht immer die korrekte Bezeichnung ist: Mancher besorgt sich ein aufgebautes Fenster, weiß Kleinen. Andere bauen ein Hüttchen im Garten oder öffnen das Tor zu einer geschmückten Garage.

Lebendiger Adventskalender Blankenberg

Auch der Nikolaus kommt zum Adventskalender in Stadt Blankenberg.

Es gebe „so viel Fantasie“, schwärmt der Vorsitzende; da sei die Neugier groß, und es komme keine Langeweile auf. Dazu gibt es „maximal ein paar Plätzchen“ – niemand soll sich allzu sehr in Unkosten stürzen. Für den Ausschank von Glühwein reicht der Heimatverein Ausrüstung herum, am Nikolaustag schenkten Walter und Elisabeth Keuenhof sogar Blankenberger Glühwein aus, für den die Trauben im heimischen Wingert gewachsen sind.

Bereits am Auftaktabend hatten die Menschen dicht gedrängt den Marktplatz gefüllt, wo das Blasorchester Uckerath vor dem Weincafé Alt Blankenberg aufspielte. 

In Hennef-Lanzenbach bleiben die Haustüren auf jeden Fall zu

Aus Norddeutschland schwappte die Idee eines Lebendigen Adventskalenders vor zwölf oder dreizehn Jahren auch nach Hennef-Lanzenbach, wie Hartmut Spiekermann berichtet, der Vorsitzende der dortigen Bürgergemeinschaft. Seither werden in Lanzenbach Jahr für Jahr 24 Fenster geschmückt; wer Lust hat, lädt überdies das Dorf zu einem kleinen Umtrunk ein.

Geschnitzte Krippenfiguren, Tannengrün und Lichterketten.

Auch in Hennef-Lanzenbach gibt es einen Lebendigen Adventskalender; außerdem sorgt eine Weihnachtskrippe für festliche Stimmung im Dorf.

Sieben oder acht Aktionen dieser Art sind es in diesem Jahr, vor und in Garagen, auf Terrassen und unter Carports kommen dann zwischen 15 und 100 Personen zusammen – bis zu einem Viertel der Einwohner also. Geklönt wird bei Glühwein, Plätzchen und Punsch; nach einer oder eineinhalb Stunden ist Schluss. Und noch eine feste Regel gibt es: „Die Haustür bleibt zu“, sagt Spiekermann. „Sonst wird es zu persönlich.“

In Siegburg-Zange wirkte der Corona-Eindruck nach

Noch unter dem Eindruck der Corona-Pandemie und ihrer Abstandsgebote organisierte 2021 die Bürgergemeinschaft Siegburg-Zange den ersten Lebendigen Adventskalender. In einer Zeit, so die Vorsitzende Dr. Susanne Haase-Mühlbauer, „als es uns immer deutlicher wurde, wie wichtig Gemeinschaft ist und wie gut es tut, miteinander zu kommunizieren.“ Pate stand damals die längst schon etablierte Aktion im Stadtteil Deichhaus.

Dort gibt es die Tradition der Adventsfenster schon deutlich länger – und strahlt inzwischen sogar aus in Richtung Wolsdorf, wo der Pressesprecher der Bürgergemeinschaft Deichhaus, Norbert Ginkel, und seine Frau wohnen. „Den aktuellen Bedingungen angepasst“ sorge man für vorweihnachtliche Stimmung, so der 1. Vorsitzende Klaus Braukmann: „Wir setzen auf Energiesparlampen, und zur Müllvermeidung bitten wir, die eigene Glühweintasse mitzubringen.“

An 15 Fenstern sind in diesem Jahr Aktionen geplant, bei Mitglied Maria Burgemeister wird Hanne Hallers Lied „Vater unser“, seit Jahren fester Programmpunkt, sogar live von einer Sängerin aus der Nachbarschaft aufgeführt.

Männer und Frauen vor einem weihnachtlich geschmückten Fenster; auf einem Tisch stehen eine Laterne, Tassen und Thermoskanne.

Auch wenn es regnet oder schneit, treffen sich Menschen auf der Zange zum Adventskalender

Mit wachsender Begeisterung machten auch die Menschen auf der Zange mit, sagt Susanne Haase-Mühlbauer von der Bürgergemeinschaft. Die 23 „Fenster“-Tage – am 24. ist das Krippenspiel in St. Hedwig der Treffpunkt – bekomme die Bürgergemeinschaft inzwischen „locker voll“, immer wieder stießen auch Neumitglieder dazu. Unkompliziert und nachhaltig soll die Begegnung sein; wo zu Plätzchen und Heißgetränk, manchmal auch Lesung oder Nikolausbesuch, eingeladen wird, bringen die Gäste inzwischen ihre eigenen Tassen mit.

Sturm und Regen können die Zanger Bürger dabei nicht schrecken. „Alle sind glücklich“, weiß Haase-Mühlbauer. „Auch wenn es regnet oder schneit.“