Paul Standley vom Fußballkreis Sieg„Die Engländer müssten ein bisschen besser sein“

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Claudia Standley mit deutschem Trikot hielt souverän den Schuss von Paul Standley, der das Trikot der „Three Lions“ trug.

Rhein-Sieg-Kreis – Tor oder nicht Tor? Wissenschaftler der Universität Oxford belegten 30 Jahre nach dem legendären Wembley-Tor im Fußball-WM-Finale von 1966: Der Ball war nicht hinter der Linie, Geoff Hursts Treffer hätte also nicht zählen dürfen. „Das könnte man meinen“, räumt Paul Standley ein, um sofort anzufügen, dass dafür das Lattentor von Frank Lampard im WM-Achtelfinalspiel 2010 nicht gegeben worden sei.

Sein Name lässt es bereits ahnen: Standley (56) ist Engländer. Aber nicht nur deshalb haben wir ihn vor der nächsten Auflage des Fußball-Klassikers England gegen Deutschland zu Hause in Sankt Augustin-Menden besucht. Standley ist vom Fach.

Ehemaliger Abwehrspieler engagiert sich im Fußballkreis Sieg

Seit sechs Jahren engagiert er sich im Vorstand des Fußballkreises Sieg. Der Obmann für Freizeit- und Breitensport hat ehedem auch selbst gekickt. Ein eigenes Wembley-Tor ist ihm allerdings nie gelungen. „In 150 Spielen für die Raderthal Kickers habe ich nur ein Tor geschossen“, erzählt er. Dazu muss man sagen, dass er in der Abwehr spielte.

Wembley_Tor_1966

War er drin oder nicht? Über das 3:2 im Endspiel der Fußball-WM streiten Fans in Deutschland und England seit 55 Jahren. Von links: Wolfgang Weber, George Hunt, Torhüter Hans Tilkowski. 

Paul Standley kam 1989 nach Deutschland, wohnte zunächst in Köln, heiratete eine deutsche Frau und arbeitet bei Ford in der Elektronischen Daten-Verarbeitung. Wenn es um Fußball geht, schlägt sein Herz nach wie vor für seinen Heimat-Club Norwich City, dem inzwischen auch Claudia Standley (54) beigetreten ist.

Vor Corona reisten die Eheleute drei- oder viermal im Jahr nach Norwich, um bei einem Spiel live dabei zu sein. Den Wiederaufstieg des von dem Deutschen Daniel Farke trainierten Club in die Premier League mussten sie in der vergangenen Saison aus der Ferne verfolgen.

Zum Ausgang der heutigen Begegnung England-Deutschland im Wembley-Stadion stellt Paul Standley angesichts seiner doppelten Staatsbürgerschaft fest: „Ich kann nur gewinnen oder nur verlieren.“ Was ihm nicht gefalle, sei, wie die englische Boulevard-Presse immer wieder Bezüge zum Krieg konstruiere, wenn England im Fußball auf Deutschland treffe.

Auf alle Fälle werde es ein enges Spiel. „Die Engländer müssten ein bisschen besser sein, aber sie haben es im Wettbewerb noch nicht gezeigt“, sagt Standley, dessen Favorit für den Europameistertitel Italien ist. Für Dienstagabend tippt er auf ein 2:1 für die „Three Lions“. In diese Richtung tendiert auch Claudia Standley, weil ein großes englisches Publikum im Stadion zugelassen sei. „Da bin ich nicht optimistisch.“

Um noch einmal auf das Wembley-Tor vor 55 Jahren zurückzukommen – hier kann man Paul Standleys Fazit nur zustimmen: „Es ist schön, dass es passiert ist, so gibt es immer Gesprächsstoff.“

Wer für europäische Fußballexperten jetzt Turnierfavorit ist

Zum Auftakt der Fußball-Europameisterschaft hatten wir einen Portugiesen, eine Französin und einen gebürtigen Ungarn interviewt, weil Deutschland auf die Nationalmannschaften aus deren Heimatländern traf. Jetzt telefonierten wir noch einmal mit ihnen.

Carlos Maia aus Eitorf musste die Niederlage seiner Portugiesen, denen er den Titelgewinn zugetraut hatte, gegen Belgien mit anschauen. „Die haben nur die zweite Halbzeit gut gespielt“, stellt er für Ronaldo & Co. fest. Der neue Favorit des 48-Jährigen für den Titelgewinn ist Italien. Beim Spiel England-Deutschland tippt Maia auf ein Unentschieden. „Und dann gewinnt Deutschland im Elfmeterschießen.“

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Catherine Collin ist mit dem Abschneiden ihres Heimatlandes Frankreich bisher „recht zufrieden“, auch wenn das Spiel gegen Deutschland kein schönes gewesen sei. Hinsichtlich des Achtelfinales gegen die Schweiz machte sich die 50-Jährige auf jeden Fall keine großen Sorgen und sagte einen 3:1-Sieg für Frankreich voraus.

„Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Deutschland gegen England gewinnt“, sagt Collin. Ein 4:0 sei ihr Wunschergebnis, ein 1:0 sei realistisch. Europameister indes, prognostiziert die Französin, werde Belgien.

Lajos Küne lag mit seiner abgegebenen 2:2-Prognose für das Spiel Deutschland-Ungarn genau richtig. Da der gebürtige Ungar dieses Ergebnis auch in privater Runde getippt hatte, wurde er als dortiger Tipp-Sieger für das Ausscheiden der Ungarn gleichsam ein wenig entschädigt.

„Wir hatten 30 Gäste“, berichtete er. „Denen habe ich Pálinka ausgeschenkt, ab der zweiten Halbzeit waren alle Ungarn-Fans.“ Am Dienstagabend rechnet der 70-Jährige in dem Achtelfinalspiel mit einem 2:1 für England, das auch den Titel holen werde.

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