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HandballDienstältester Schiedsrichter Deutschlands pfeift nach 60 Jahren sein letztes Spiel

Lesezeit 3 Minuten
Handball-Schiedsrichter Werner Hofmann.

Werner Hofmann und sein Sohn Matthias leiteten das letzte Spiel gemeinsam, das der Vater als Schiedsrichter absolvierte.

Werner Hofmann aus Sankt Augustin hat nach 60 aktiven Jahren als Handball-Schiedsrichter aufgehört.

Der dienstälteste Handball-Schiedsrichter Deutschlands hat die Pfeife an den berühmten Nagel gehängt. Seinen letzten Einsatz absolvierte Werner Hofmann aus Sankt Augustin auf dem Oberpleiser Sonnenhügel. Dort traf die A-Jugend der HSG Siebengebirge in einem Freundschaftsspiel auf eine Kreis-Auswahl. An Werner Hofmanns Seite – Handball-Schiedsrichter pfeifen immer zu zweit – leitete sein Sohn Matthias (41) das Spiel, der sonst in der Oberliga Hessen im Einsatz ist.

Vater Hofmann bekam vom Deutschen Handballbund zum Abschied ein Trikot mit der Zahl 60 auf dem Rücken für 60 Jahre als Handball-Schiedsrichter. „Das hat mich sehr gefreut. Man hat mir gesagt, dass es niemanden gibt, der länger im Einsatz ist als ich“, sagte der Schiedsrichter-Veteran.

In den 70er Jahren pfiff Hofmann gemeinsam mit seiner Frau – „für damalige Verhältnisse revolutionär“

Der 77-Jährige hatte in seiner Jugend als aktiver Handballspieler angefangen. 1962 wurde der gebürtige Berliner Mittelfranken-Meister im Feldhandball. Nur ein Jahr später erwarb er aus eigenem Antrieb den Schiedsrichterschein. Bei einem Kleinfeldturnier im unterfränkischen Städtchen Ochsenfurt sprang der ehemalige Luftwaffen-Fachoffizier bei der Bundeswehr aushilfsweise ein, wurde vom bayerischen Schiedsrichterwart für talentiert befunden und zum Oberliga-Lehrgang nach München eingeladen.

1974 verschlug es den Berufssoldaten dann nach Rheine in Westfalen. Dort wurde er als Schiedsrichterwart im Kreis Steinfurt vorgeschlagen und auch gewählt. „Ich kannte niemanden und habe dennoch die Schiedsrichter-Ansetzungen gemacht“, erzählt der Augustiner. „Als Unparteiischer habe ich mit einer Frau zusammen gepfiffen. Das war für damalige Verhältnisse revolutionär. Das hat gut funktioniert. Wir haben uns bis zur Verbandsliga Westfalen hoch gepfiffen.“

1978 schließlich wurde das Luftwaffenamt in Köln-Wahn seine berufliche Heimat und der Handball-Kreis Sieg seine sportliche. „Als der Kreisvorsitzende Christoph Minten 1984 aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste, wurde der Siegburger Helmut Weber mein Partner an der Pfeife.“ Mit ihm stieg Werner Hofmann auf bis in die zweite Liga der Männer und die erste der Frauen.

Hofmann war bei mehreren tausend Spielen als Schiedsrichter im Einsatz

In diese Phase fiel auch ein unvergessliches Ereignis: „Wetterkapriolen verhinderten die Anreise der Referees zum Bundesliga-Spiel Dudenhofen gegen Hüttenberg. Ich war als Schiedsrichterbeobachter vor Ort und musste einspringen und allein pfeifen.“ Die Halle war mit mehr als 2500 Zuschauern brechend voll. Hofmann fasst es augenzwinkernd so zusammen: „Die ausgeliehene Hose rutschte, das Trikot stank, aber das Spiel konnte stattfinden.“

Als Schiedsrichterwart im Kreis Sieg führte Hofmann Videoschulungen ein. Dieses Amt gab er im Jahr 2000 ab, der Dienst an der Pfeife blieb. „Es hat mir weiter Spaß gemacht, und ich war ja noch fit.“ Lange Zeit pfiff er gemeinsam mit Klaus Steinert, weitere Weggefährten waren Jürgen Steimel, Hans-Werner Keppler, Lars Franke und Richard Friese. Zuletzt trat er als Duo mit Georg Moitzfeld in Erscheinung. Erst mit 77 Jahren fiel die Entscheidung, aufzuhören. „Ich bin froh, aber es fehlt mir etwas. In den sechs Jahrzehnten habe ich mehrere Tausend Spiele gepfiffen.“

Im Vergleich zu Fußballern seien Handballer „wesentlich disziplinierter“, betont er. „Wer meckert, geht für zwei Minuten vom Feld.“ Man müsse immer regelkundig sein, der Rest sei Routine. Sein Fazit fällt kurz und knackig aus: „Es hat Spaß gemacht.“

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