Ein NRW-Gesetz erlaubt es den Feuerwehren, auch Jugendfeuerwehrleute mitzunehmen.
„Stolz, Menschen helfen zu können“Warum manche Feuerwehren in Rhein-Sieg Jugendliche mit auf Einsätze nehmen

Bei den Einsätzen, wie hier in Sankt Augustin, steht den Jugendlichen immer eine Aufsichtsperson zur Seite.
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Normalerweise müssen Feuerwehrleute 18 Jahre alt sein, um bei Einsätzen mitfahren zu dürfen. Ein NRW-Gesetz erlaubt es den Feuerwehren, auch Jugendfeuerwehrleute mitzunehmen. Doch nur drei Feuerwehren im Rhein-Sieg-Kreis wenden diese Regelung an. Positive Erfahrungen stehen Bedenken auf der anderen Seite gegenüber.
„Wir konkurrieren in dem Alter mit Playstation, Fußball, Freundin“, sagt Daniel Schriek, Pressesprecher der Sankt Augustiner Feuerwehr. „Wir haben über 140 Jugendliche in der Jugendfeuerwehr, und wir ziehen 70 Prozent unseres Nachwuchses daraus. Teilnehmen kann man schon mit zehn Jahren. Es ist daher schwierig, Jugendliche mit 16, 17 Jahren noch für Zeltlager und Wettbewerbe zu begeistern.“
Feuerwehr Sankt Augustin lässt Jugendliche seit 2016 zu Einsätzen mitfahren
Die Sankt Augustiner Feuerwehr lässt seit 2016 Jugendliche zu Einsätzen mitfahren. Grundlage dafür ist das Gesetz über Brandschutz, Hilfeleistung und Katastrophenschutz (BHKG) des Landes Nordrhein-Westfalen. „Unsere Jugendfeuerwehrleute müssen 16 Jahre alt sein und bestimmte Abzeichen gesammelt haben – außerdem braucht es eine Einverständniserklärung der Eltern“, sagt Sascha Papadopoulos, Jugendwart in Menden. „Grundsätzlich gilt für alle Feuerwehrleute: Sicherheit zuerst. Die Jugendlichen müssen sich außerhalb des Gefahrenbereichs aufhalten und dürfen maximal bis zum Schlauchverteiler gehen.“
Wenn der Melder ertönt, läuft sein Sohn Nico hinüber zum Gerätehaus in Sankt Augustin-Menden. Je nach Einsatzmeldung darf der 17-Jährige auf die Fahrzeuge steigen und mitfahren. „Manchmal mache ich auch nur die Tore auf, während mein Vater sich seine Uniform überzieht“, berichtet er. Bei bestimmten Meldungen ist die Teilnahme von vornherein ausgeschlossen. „Alles, wo mit Personenschaden zu rechnen ist: also Unfälle mit eingeklemmter Person, Brände mit Menschenleben in Gefahr, größere ABC-Lagen und alles auf der Autobahn“, sagt der Schüler.

Michael Reinold, Nico Papadopoulos und Florian Könsgen (vorne, von links) aus der Jugendfeuerwehr Sankt Augustin mit ihren erfahrenen Kollegen.
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Was aber geht: Kleinbrände, Ölspuren, leichtere Verkehrsunfälle. „Da stehen wir dann an der Absperrung und erklären Autofahrern, wo sie lang fahren können. Mich macht es stolz, Menschen helfen zu können“, sagt Florian Könsgen, der wie Nico Papadopoulos ebenfalls mit 17 Jahren an Einsätzen teilnimmt.
Die Möglichkeit zur Teilnahme an Einsätzen erteilt auch die Windecker Feuerwehr ihrem Nachwuchs: „Wir haben seit Jahren gute Erfahrungen damit gemacht“, teilt Pressesprecher Marco Brauner mit. „Wichtig ist uns, dass die Schule nicht darunter leidet, nachts fahren sie auch nicht mit. Einsätze mit Menschenleben in Gefahr sind grundsätzlich tabu.“ Wenn ein Einsatz dramatischer verlaufe als angenommen, würden die Jugendlichen mit einem Mannschaftstransporter zurückgebracht.
Jugendliche wollten bei großem Waldbrand selbst mithelfen dürfen
Bei einem großen Waldbrand vor zwei Jahren, bei dem die Feuerwehr tagelang im Einsatz war, hätten die Jugendlichen von sich aus gefragt, ob sie mithelfen dürften. „Sie waren total begeistert, als sie Schläuche einrollen durften. Ein paar haben auch Nachlöscharbeiten gemacht, das war für sie eine Riesensache, auch mal an einem echten Einsatz teilnehmen zu dürfen.“
Außer Sankt Augustin und Windeck erlaubt die Wachtberger Feuerwehr ihren Jugendlichen, an Einsätzen teilzunehmen. Alle anderen Feuerwehren im Rhein-Sieg-Kreis behalten die Volljährigkeit bei. In Lohmar dürfen Jugendliche ab dem 16. Geburtstag am Übungsdienst der Einsatzabteilung teilnehmen und auch die Grundausbildung beginnen. „Damit wollen wir gewährleisten, dass die Jugendlichen sich langsam akklimatisieren können, ohne dem Stress von Einsätzen ausgesetzt zu sein. Sie sollen Teil der Einsatzabteilung werden und mit dem Erreichen der Volljährigkeit voll ausgebildet unterstützen können“, erläutert Pressesprecher Timo Pleuger.
In Hennef sei das Verfahren in der Vergangenheit an den einzelnen Standorten unterschiedlich geregelt gewesen, sagt Pleugers Kollege Thomas Vitiello. „Auf Wunsch der Einheitsführungen wurden die Bedingungen für die Jugendfeuerwehr einheitlich abgestimmt. Hauptgrund war, alle Jugendlichen gleichzubehandeln. Da immer die Eltern zustimmen müssen, kann es hier zu Konkurrenzgedanken kommen.“

In Windeck sollen Jugendliche auch bald mitfahren dürfen. Ein Standrohr anschließen können sie schon.
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Zum anderen sei bei einer Alarmierung eben nicht immer gleich ersichtlich, ob der Einsatz routinemäßig verlaufe oder gefährlich werde. „Die Verantwortung hat der jeweilige Einsatzleiter. Jugendliche könnten in Situationen geraten, denen sie nicht gewachsen sind. In solchen Fällen gibt es keine Möglichkeit, die Jugendlichen aus dem Geschehen herauszuziehen und in ihr Gerätehaus zurückzufahren“, schildert Vitiello.
Der Hennefer Feuerwehr sei es wichtiger, die Jugendlichen gründlich auf den aktiven Dienst vorzubereiten. „Mit 18 haben sie immer noch fast 50 Jahre Feuerwehrdienst vor sich, in dem sie ihre Fähigkeiten ausbauen und einbringen können“, unterstreicht Vitiello. Dass ältere Jugendliche austräten, weil ihnen zu langweilig sei, könne man nicht beobachten. „Die Gründe für Ein- und Austritte sind vielschichtig und können von Interessenänderungen, über schulische Gründe bis hin zu ersten Beziehungen sehr unterschiedlich sein.“ Zudem seien die meisten Anfängerinnen und Anfänger in den vergangenen Jahren Erwachsene gewesen.
„Uns ist wichtig, dass die älteren Jugendlichen lernen, auf jüngere und schwächere zu achten, zu helfen, zu unterstützen und diese nicht als die Kleinen zu behandeln. Sie sollen gemeinsam mit ihnen agieren und eine Kameradschaft bilden“, betont Vitiello. Feuerwehr sei eben kein Einzelwettbewerb, sondern ein Teamsport. „Die sozialen Fähigkeiten sind hier oft wichtiger als die fachlichen Qualitäten. Daher legen wir sehr viel Wert auf diese Eigenschaften bei der Ausbildung der Jugendlichen.“