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Kommunalwahl 2025Zahlreiche Wahlplakate zerstört – Staatsschutz ermittelt in Sankt Augustin

5 min
Mehr als 30 Wahlplakate der Grünen in Hangelar wurden zerstört, auch nachdem sie wieder ersetzt wurden.

Mehr als 30 Wahlplakate der Grünen in Hangelar wurden zerstört, auch nachdem sie wieder ersetzt wurden.

In Hangelar werden gezielt Plakate der Grünen immer wieder zerstört und sogar gestohlen. Auch andere Kommunen melden Vorfälle.

„In Hangelar muss es eine Person oder Gruppe geben, die gezielt nur die Wahlplakate der Grünen zerstört“, sagt Bernd Heistermann. Am Wochenende 9./10. August wurden mehr als 30 solcher Beschädigungen registriert. „Wir haben die Sache zur Anzeige gebracht“, betont Heistermann, der als Kandidat der Grünen ebenfalls betroffen ist. In der Nacht zum Montag, 18. August, wurden weitere zehn Plakate vor allem in Birlinghoven und Schmerbroich zestört. Die Polizei bestätigt den Eingang der Anzeige. Inzwischen beschäftigt sich auch der Staatsschutz mit den Vorfällen.  

„Wenn nur die Plakate einer Partei zerstört werden, ist davon auszugehen, dass diese Tat gezielt getan wurde, also einen politischen Hintergrund hat“, sagt Michael Beyer von der Pressestelle der Bonner Polizei. Es komme immer vor, dass bei Wahlkämpfen Plakate zerstört würden, aber eine solche Häufung innerhalb kurzer Zeit wie in Sankt Augustin-Hangelar sei ungewöhnlich. Die Ermittlungen laufen.

Wahlplakate sind wichtig, damit sich Menschen über die Inhalte der Parteien informieren können

Dr. Martin Eßer ist als erster Beigeordneter und Wahlleiter in Sankt Augustin für die Abläufe verantwortlich. Er weist darauf hin, „dass Wahlplakate zur Demokratie gehören, damit sich die Menschen über die Inhalte der Parteien informieren können“. Deshalb sei es „sehr bedauerlich“, wenn solche Plakate zerstört würden. Einige Hundert sind zurzeit im Stadtgebiet zu sehen, sie wurden sechs Wochen vor der Wahl aufgehängt, die am 14. September stattfindet.

Stark beschädigt wurde das Plakat von Bernd Heistermann.

Stark beschädigt wurde das Plakat von Bernd Heistermann.

In Hangelar sind bei den Grünen außer Heistermann auch Dr. Helfried Broer und Manfred Monreal betroffen. Am Donnerstag, 14. August, war das Treiben noch nicht beendet. „Am Wochenende wurde elf Plakate von mir zerstört, die ich sofort ersetzt habe. Nun sind acht betroffen“, berichtet Broer. Er fährt jetzt jeden Tag kontrollieren. Das Besondere: Grüne Themenplakate seien zum Teil hängengelassen wurden, die Plakate mit Broers Gesicht wurden alle schon in der ersten Tatnacht zerstört.  

Wahlplakate anderer Parteien wohl nicht zerstört

Broer hatte die weniger beschädigten Wahlplakate repariert und wieder aufgehängt. Um das zu verhindern, haben die Täterinnen oder Täter inzwischen teilweise komplette Plakate mitgenommen oder sie so kleinteilig zerrissen, dass die Schnipsel nicht mehr zusammengesetzt werden können. Auch dass er die Plakate nach der Zerstörung mit einer Leiter besonders hoch gehängt hatte, störte nicht. „Das Wahlplakat einer anderen Partei direkt unter meinem wurde hängen gelassen“, schildert Broer. Es sei ein gezielter Angriff auf die Kandidaten der Grünen gewesen. 

Zerrissen und auf den Boden geworfen wurde dieses Wahlplakat der Grünen.

Zerrissen und auf den Boden geworfen wurde dieses Wahlplakat der Grünen.

„Bis zu zehn Euro kostet die Herstellung eines Plakates. Der finanzielle Schaden ist also nicht so hoch“, berichtet Thomas Pätzold, Ratsmitglied der Grünen. Allerdings komme noch die Arbeit bei der Aufhängung hinzu und zum Beispiel Kosten für Kabelbinder. Die Grünen wollen jetzt weiter Flagge zeigen. „Wir haben besprochen, was wir tun sollen“, sagt Pätzold. Keine neuen Plakate aufzuhängen, sei der falsche Weg. Damit hätten die Täterinnen oder Täter ja ihr Ziel erreicht.

Heistermann hat offiziell zu den Taten Stellung genommen. „Leider verrohen die Sitten im Wahlkampf immer mehr, und die Akzeptanz der demokratischen Spielregeln wird für einige Bewohner von Hangelar offensichtlich immer schwieriger.“ Das mache ihn wütend, aber vor allem traurig. Es sei ein schlimmes Zeichen für den Zustand unserer Demokratie, wenn der Respekt vor der Meinung anderer so weit herabsinke. Keiner müsse jemanden wählen, den er nicht möge oder dessen politische Richtung ihm nicht passe.

„Aber jeder muss es aushalten, dass auch diese anderen ihre Meinungen offen in Wort und Schrift auf allen Medien kundtun. Wer dieses elementare Recht in unserem Land missachtet, stellt sich selbst außerhalb unserer gemeinsamen Ordnung.“

Lohmarer Grüne und CDU melden starke Beschädigungen und Beleidigungen

Auch in Lohmar seien Wahlplakate verstärkt beschädigt worden, sagt Horst Becker, Co-Vorsitzender der Lohmarer Grünen – vor allem kurz, nachdem diese aufgehängt worden seien. Plakaten sowie Bauzaun-Banner seien entfernt, umgedreht, zerstört und übersprüht worden. Das Gesicht der Kandidatin Claudia Wieja oder Logos der Partei seien vermehrt aus den Plakaten herausgeschnitten worden.

„Die ersten anderthalb Wochen war das ganz stark. Jetzt ist es seit ein paar Tagen ruhig, aber ich befürchte, das wird in Richtung Wahltag nochmal schlimmer werden“, sagt Becker. Man habe jedes Mal Strafanzeige erstattet, auch wenn das mutmaßlich nichts bringe. „Wenn wir mal jemanden erwischen würden, dann wäre auch mit Sicherheit direkt eine Strafanzeige fällig. Das ist kein Scherz mehr, das geht zu weit.“

Das ist kein Scherz mehr, das geht zu weit.
Horst Becker, Grüne

Auch die Lohmarer CDU war verstärkt von der Zerstörung von Wahlplakaten betroffen, vor allem am Standort Birk, wie der Stadtverbandsvorsitzende Florian Westerhausen mitteilt. Hier sei unter anderem eine rassistische Beleidigung auf Plakate geschrieben worden: „Das ist auf allen Ebenen widerwärtig und nur zu verurteilen“, sagt Westerhausen. Sowohl in seinem Haustürwahlkampf als auch in den sozialen Medien werde immer wieder deutlich: „Der Ton ist schon härter geworden.“

Dass Menschen an der Haustür wenig Lust auf ein Gespräch haben oder dass Jugendliche mit einem Edding Schnurbärte auf Plakate malen, habe es schon immer gegeben, sagt Westerhausen. Vermehrte Frontalbeleidigungen, beispielsweise „Lügner“, häuften sich jedoch. „Auch dass Wahlplakate angezündet werden, hatte ich vorher so noch nicht erlebt.“ Westerhausen betont, dass Parteimitglieder oder Ratskandidaten ihre Plakate aus eigener Tasche bezahlten und Freiwillige diese in ihrer Freizeit anbrächten. 

Bei der Lohmarer SPD, FDP und UWG wurden vereinzelte Beschädigungen registriert. In Geber und Breidt seien Plakate der SPD angezündet worden – eine neue Beobachtung, die gefährlich sei, sagt die SPD-Stadtverbandsvorsitzende Gisela Becker: „Wenn ich das an einem Punkt habe, wo rundum grün ist, bei der derzeitigen Trockenheit – das ist kein Kinderscherz mehr.“

Vorfälle auch in Königswinter und Bad Honnef

Auch in Königswinter wurden am Wochenende mehrere Wahlplakate der CDU-Bürgermeisterkandidatin Heike Jüngling zerstört, zerschnitten und angezündet. Sie wolle Strafanzeige erstatten, kündigte Jüngling an.

Auch die SPD zeigte sich solidarisch. „Wir verurteilen diese Tat entschieden“, schrieb SPD-Fraktionschef Dirk Lindemann auf Facebook. In Bad Honnef wurden bereits im Juni Wahlplakate des unabhängigen Bürgermeisterkandidaten Bünyamin Yilmaz zerstört.

Bürgermeister Otto Neuhoff (parteilos) sprach sich gegen „jede Form von Gewalt, Einschüchterung oder Vandalismus im politischen Raum„ aus und forderte Respekt und Fairness im Wahlkampf.