GlücksspielSankt Augustiner Professor entwickelt System um Suchtpotenzial zu messen

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Spielautomaten verlocken zu hohen Einsätzen. Für Spielsüchtige sind die Geräte fatal.

Sankt Augustin – „Eigentlich haben nahezu alle Menschen einen natürlichen Spieltrieb“, sagt Professor Franz W. Peren. „Es geht nur darum, ihn zu kanalisieren.“ Peren arbeitet am Institut für Regulierung und Governance am Business Campus der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Durch eine von ihm entwickelte Zertifizierung hat er an dem Staatsvertrag zur Regulierung des Glücksspielwesens in Deutschland maßgeblichen Anteil. Er ist seit dem 1. Juli in Kraft.

„Mit dem Glücksspiel ist es wie mit dem Alkohol“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler, der auch an Universitäten in den USA und Kanada tätig war. Die Prohibition in Amerika habe gezeigt, dass ein Verbot nicht den Ausschank von Hochprozentigem verhindere. Auch in Deutschland habe sich das Glücksspiel zu großen Teilen in die Illegalität verlagert, in „heimliche Spielhöllen oder in illegale Online-Angebote im Internet“.

Glücksspiele bewerten

Mit einen Team von Wissenschaftlern hat Peren ein systematisches Mess- und Bewertungsinstrument zur Quantifizierung des Suchtpotenzials von Glücks- und Geldgewinnspielen entwickelt. Es ist international gültig und nennt sich „Asterig“, als Abkürzung für „Assessment Tool to Measure and Evaluate the Risk Potential of Gambling Products“.

Das Tool stellt in Punktwerten dar, wie groß das Suchtgefährdungspotenzial eines Glücksspiels sein kann, und bietet so einen mathematisch-objektiven Vergleich zwischen verschiedenen Glücksspielen. (vr) 

Allerdings sei dies vom Umfang her nicht vergleichbar mit den Ausschankstätten während der Prohibition 1920 bis 1933 in Amerika. Auch deshalb, weil es in Deutschland offiziell Spielbanken und Automatenaufsteller gebe. Der Staat lege fest, wie gespielt werden könne und welches Umfeld es gebe. „Beim Roulette zum Beispiel gibt es Höchsteinsätze am Tisch, Geldspielautomaten haben eine festgelegte Ausschüttungsquote, die faktisch bei mindestens 75 Prozent liegen darf. Der Betreiber muss zudem noch Gewerbesteuern zahlen.“

Diese Kosten kommen allerdings auf illegale Spielhöllen nicht zu. „Deshalb ist dort die Gewinnausschüttung höher, was gerade spielsüchtige Menschen besonders anlockt“, schildert Peren. Im Staatsvertrag gibt es daher Vorschriften, wie „Süchtige daran gehindert werden können, Unmengen von Geld zu verlieren“. So müsse der Abstand der Automaten in Spielhallen so groß sein, dass Spieler nicht mehrere Geldspielgeräte gleichzeitig bedienen könnten.

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An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg forscht Professor Dr. Dr. Franz W. Peren in Sachen Glücksspiel. 

Wichtig bleibe die behördliche Überwachung. Dies ist im neuen Staatsvertrag festgelegt, an dem sich allerdings nicht alle Bundesländer beteiligen. Legale Spielhallen müssen zertifiziert und mindestens alle zwei Jahre überprüft werden. Zudem, so der Staatsvertrag, müsse der Betreiber einen Sachkundenachweis vorweisen und das Personal der Spielhallen besonders geschult sein.

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Rund 77 Prozent aller Glücksspiele in Deutschland sind offiziell, rund elf Prozent bietet der graue Markt an. „Das sind Internetspiele oder -wetten, die zum Beispiel von Malta aus angeboten werden, die so in Deutschland nicht erlaubt sind, aber zuhause über den Rechner gespielt werden“, erklärt Peren. Ein Anteil von zwölf Prozent des Umsatzes beim Glücksspiel werde illegal erzielt. „Genaue Zahlen gibt es nicht“, sagt der Professor, aber er ist sicher: „In Deutschland wird jährlich ein zweistelliger Milliardenbetrag verzockt.“

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