SeniorenZu den Bewohnern eines Sankt Augustiner Altenheims gehört auch Welpe Ella

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Aufgabe bewältigt: Ganz behutsam apportiert die kräftige Labradorhündin Ella die Tageszeitung.

Aufgabe bewältigt: Ganz behutsam apportiert die kräftige Labradorhündin Ella die Tageszeitung.

  • Zu den Bewohnern des Sankt-Monika-Wohnhauses in Sankt Augustin gehört auch Labradorhündin Ella.
  • In den USA gebe es bereits in vielen Seniorenheimen Hunde, die gezielt zum Beispiel in der Ergotherapie oder in Demenzgruppen eingesetzt werden.

Sankt Augustin – „Hatschi“, die 93-Jährige im Rollstuhl niest und zeigt auf ein etwa drei Meter entferntes Päckchen Taschentücher.

Ella setzt sich in Bewegung, greift die Packung mit spitzen Zähnen, macht kehrt und legt sie der alten Dame in die Hand. Die Runde im Park applaudiert, die Labradorhündin erhält ein Leckerchen.

30 Minuten Training mit Hund

30 Minuten dauert das Training für Tier – und Mensch. Das schafft die Basis einer bislang bundesweit wohl einzigartigen Beziehung: Denn Welpe Ella lebt im CBT-Wohnhaus Sankt Monika.

Ihr Körbchen steht seit rund sechs Monaten im Büro von Seniorenheim-Leiterin Vera Druckrey. Dorthin kann Ella sich zurückziehen, wenn ihr der Trubel zu viel wird.

Der knapp neun Monate alte, große und kräftige Hund bewegt sich frei im Haus, tapst durch Flure und über Treppen, in den Speisesaal und das Café Böhnchen und folgt den Bewohnern auch gern aufs Zimmer.

Viele Hände hätscheln und tätscheln ihr dunkelbraunes Fell, manchmal etwas unbeholfen, immer liebevoll. Für ein Gemütstier wie Ella kein Problem.

Ausbildung zum Assistenzhund

Intelligent und ausgeglichen, ruhig und robust, aufgrund dieser Eigenschaften wählten Vera Druckrey und Isabelle Jabobs den Labrador gezielt bei einem erfahrenen Züchter aus. Für die Ausbildung zum Assistenzhund eigne sich nicht jedes Tier, weiß Hundetrainerin Jacobs, Ellas erste Bezugsperson.

„Sie dürfen weder ängstlich noch aggressiv sein, nicht zu schüchtern oder zartbesaitet.“ Das regelmäßige, intensive Training zweimal in der Woche und der Umgang mit vielen Menschen bedeute Stress.

Der Welpe war eine gute Wahl, das war schnell klar. Ella freut sich offenkundig auf die Übungsstunde, lernt immens schnell. Auf das Kommando „Stups“ bewegt sie mit der Schnauze einen großen, grünen Schaumstoffwürfel, und manchmal kickt die Hündin ihn sogar ungestüm mit der Pfote: „Eine Sechs“, jubeln die Senioren.

Einen von Menschenfuß weggekickten Ball rollt sie zum Ausgangspunkt zurück, sie apportiert auf eine Zielmatte geschleuderte Ringe ebenso wie eine zusammengerollte Zeitung.

Auf die Frage „Ist dir das peinlich?“ senkt sie den Kopf und legt ihn auf den Befehl „Knie“ in den Schoß der Umsitzenden. „Wunderbar“, schwärmt ein 87-Jähriger und hält dem Tier etwas zaghaft einen Käsewürfel hin. „Sie ist vorsichtig“, beruhigt ihn Isabelle Jacobs, „sie hat nur eine große Schnauze“. Lachen. „Es ist ein Verhaltenstraining auch für uns“, sagt Vera Druckrey, für die Bewohner und für die Mitarbeiter, die in der Runde ebenfalls willkommen sind.

Einsatz in der Ergotherapie oder in Demenzgruppen

In den USA gebe es bereits in vielen Seniorenheimen Hunde, die gezielt zum Beispiel in der Ergotherapie oder in Demenzgruppen eingesetzt werden, so Druckrey. Warum nicht also auch in Deutschland?

Die Leiterin sprach vor knapp einem Jahr Hundetrainerin Isabelle Jacobs an, die ihre spezielle Assistenzhund-Ausbildung in den USA absolviert hat. Die 29-Jährige aus Sankt Augustin fühlt sich seit ihrer Schulzeit dem CBT-Wohnhaus verbunden: „Ich habe schon damals meine Hunde mitgebracht.“ Gleichwohl waren beide skeptisch, ob ihr durch Stiftungsgelder finanziertes Projekt gelingt.

„Ella, Ella“, die Senioren rufen, aber der Labrador bleibt auf der Wiese liegen. Grund ist aber nicht die Müdigkeit nach dem anstrengenden Training. Der Befehl „Platz“ ist noch nicht aufgehoben.

Der Welpe hat schon gelernt, dass er nicht zwischen Rollstühlen, Rollatoren und Gehhilfen herumwuseln darf. Noch gibt es nach jeder bestandenen Aufgabe Leckerchen. Bis Ella erwachsen ist.

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