Ein flexibles Konzept ermöglichte den späteren Umbau des Hauses aus dem Jahr 1951 zu zwei Wohneinheiten.
Auszeichnung für BauprojektSo modernisierte ein Sankt Augustiner das Haus seiner Großeltern

Blick ins Fotoalbum: So sah das Haus von Familie Cockx-Stühl früher aus. Es wurde revitalisiert und bleibt so im Besitz der Familie.
Copyright: Stefan Villinger (Repro)
Es war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Baumaterial war knapp. Und das merkte Arnold Stühl, als er im Jahr 1947 den Grundstein für das Einfamilienhaus in Niederpleis legte. Erst 1951 konnte er dort seine Möbel aufstellen. Über sieben Jahrzehnte später gab es wieder einen Einzug. Sein Enkel Leonard lebt nun mit seiner Frau Miriam Cockx-Stühl und der Tochter Amilia in dem komplett renovierten und umgebauten Haus. Es wurde nun von der Landesbausparkasse (LBS) mit dem Hauptpreis „Das Goldene Haus 2025: Neustart für den Altbau“ ausgezeichnet.
„Der Kern des Projektes war es, den Bestand nicht zu verdrängen, sondern mit ihm weiterzubauen“, erklärt Architekt Lucas Schrader. „Mit möglichst wenigen, dafür gezielten Eingriffen wollten wir Ressourcen schonen und gleichzeitig Wohnqualität schaffen.“ Allerdings unterscheidet sich die Sanierung des Hauses in der Wahl der Materialien deutlich von früher. Die Rohstoffe wurden so gewählt, dass ein sortenreiner Rückbau irgendwann möglich ist. So wird im 21. Jahrhundert gebaut.
Auch in Sankt Augustin war nach dem Zweiten Weltkrieg das Material zum Bau von Häusern knapp
Im 20. Jahrhundert war das noch ganz anders. „Beim Öffnen der Wände fanden sich unterschiedliche Materialien in den Mauern“, berichtet Leonard Stühl über nicht völlig unerwartete Funde. Nach dem Krieg sei halt das an Baustoffen verwendet worden, was gerade zur Hand war. „Gehalten hat es bis heute trotzdem gut“, so der 39-Jährige. 130 Quadratmeter Wohnfläche hat das Haus der jungen Familie jetzt.

Gruppenfoto vor dem neuen Haus: Architekt Lucas Schrader, Leonard Stühl, Tochter Amilia, Miriam Cockx-Stühl und LBS-Gebietsleiter Thomas Busch (v.r.).
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Durch den Ausbau des Dachraumes wurde ein zusätzliches Schlafzimmer für die Eltern geschaffen. Diese neue Fläche konnte gewonnen werden, indem er verbreitert wurde. Die neue Auskragung wird von Stützen getragen. Somit schützt der Dachüberstand durch Verschattung vor sommerlicher Überhitzung auch im Bereich der bodentiefen Südverglasung.
Das Projekt zeigt eindrucksvoll, dass auch vermeintlich unscheinbare Nachkriegsbauten zu wertvollen, zukunftsfähigen Wohnhäusern werden können.
90 Projekte aus ganz Deutschland beteiligten sich in diesem Jahr an dem Wettbewerb. LBS-Gebietsleiter Thomas Busch konnte sich nicht erinnern, dass in den letzten Jahren ein erster Platz nach Nordrhein-Westfalen gegangen war. „Das Projekt in Sankt Augustin zeigt eindrucksvoll, dass auch vermeintlich unscheinbare Nachkriegsbauten zu wertvollen, zukunftsfähigen Wohnhäusern werden können.“
Die junge Familie habe Mut bewiesen und eine nachhaltige Alternative zum Abriss geschaffen. Es sei nicht nur respektvoll mit der alten Bausubstanz umgegangen, sondern auch ein flexibles Konzept entwickelt worden, das den Bewohnern über Generationen dienen könne.

Das Haus von Familie Cockx-Stühl wurde revitalisiert und blieb so im Besitz der Familie.
Copyright: Stefan Villinger
Was das genau bedeutet, erklärt der Architekt. „Das Erdgeschoss ist so geplant, dass es durch wenige Eingriffe zu einer eigenen kleinen Wohnung mit barrierefreiem Badezimmer werden kann.“ Somit könnte die erste Etage als zweite Wohnung separat vermietet werden.
Wir haben nach den Vorgaben der Architekten Handwerksbetriebe in der Region angeschrieben und die Aufträge selber vergeben
Bei den Kosten des Umbaus wurde auf den Euro geachtet. So hat der Bauherr in liebevoller Heimarbeit die Treppe ins erste Geschoss selber abgeschliffen und gestrichen. Auch die Bauleitung übernahm das Ehepaar selber.
„Wir haben nach den Vorgaben der Architekten Handwerksbetriebe in der Region angeschrieben und die Aufträge selber vergeben.“ Die Haustechnik wurde ebenfalls einfach gehalten. Auch das sparte Geld. „Die Lebenserwartung der Anlagen liegt bei rund 20 Jahren“, so der Architekt. Dazu gehöre auch, dass die vor wenigen Jahren neu eingebaute Gasheizung weiter genutzt werde.

Barrierefrei ist das Badezimmer im Erdgeschoss.
Copyright: Stefan Villinger
„In der Verwandtschaft freuen sich alle, dass wir das Projekt gestemmt haben“, berichtet das Ehepaar. Das Haus wurde nach dem Tode der Erbauer vermietet. „Als feststand, dass wir uns beruflich in der Region orientieren, entstand auch der Wunsch, das Haus der Großeltern zu übernehmen, um eine Familie zu gründen“, berichtet Leonard Stühl. Und mit der jetzt zehn Monate alten Amilia ging das schneller, als es die beiden eigentlich gedacht hatten.