Wegen Missbrauchsdateien vor GerichtSpur aus Bergisch Gladbach führte nach Siegburg

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Akten im Amtsgericht Siegburg (Symbolbild) 

Siegburg – Der Missbrauchskomplex von Bergisch Gladbach beschäftigt auch Monate nach der Verurteilung des Haupttäters die Justiz: Auf der Anklagebank saß am Montag ein 37-Jähriger aus Siegburg, der über eine Chatgruppe zu dem Bergisch Gladbacher Kontakt hatte.

Im Keller des Siegburgers entdeckten die Ermittler Kinderunterwäsche, auf dessen Handy Videos und Fotos, die sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen zeigen. Der Mann war für die Polizei kein Unbekannter.

Missbrauchsbilder und -videos aus Internetgruppe Erasmus + heruntergeladen

Über die Internetgruppe mit der Bezeichnung „Erasmus +“, offenbar eine zynische Anlehnung an das gleichnamige Studentenaustauschprogramm, wurden die illegalen Dateien an Gleichgesinnte verschickt. Wann er die Filme und Bilder heruntergeladen und wann er sie zuletzt angeschaut hat, daran könne er sich nicht genau erinnern, sagte der Angeklagte, nur dass es „im Suff“ geschah. Er habe gewusst, dass das falsch war.

Durchsuchungen bundesweit

Es war eine Operation unter größter Geheimhaltung im Zuge des großen Kinderpornografie-Falles Bergisch Gladbach: Bundesweit durchsuchten zeitgleich am 6. Mai 2020 etliche Mobile Einsatzkommandos der Polizei (MEKs) Wohnungen von zahlreichen Personen, zu denen der Hauptverdächtige über Chatgruppen in Kontakt stand.

Eine Spur führte auch nach Siegburg – zu einem einschlägig vorbestraften Mechaniker. Auf dessen Handy fanden die Ermittler zwar viele Videos und Fotos, die meisten indes hatte der Mann zuvor gelöscht. Die Staatsanwältin fragte in der Hauptverhandlung, ob die geplanten Durchsuchungen eventuell im Vorfeld durchgesickert sein könnten. „Äußerst unwahrscheinlich“, sagte der Einsatzleiter des Polizeipräsidiums Bonn im Zeugenstand. Die Akten hätten sich sogar in versiegelten Umschlägen befunden. (coh)    

So blieb unklar, ob er zumindest einen Teil der Dateien schon Anfang 2019 besaß, als er zum ersten Mal ins Visier der Fahnder geriet. Wegen Besitzes von Kinder- und Jugendpornografie wurde er im Oktober 2019 zu einer Geldstrafe von 3200 Euro verurteilt (80 Tagessätze à 40 Euro).

Auch der Leitende Ermittler konnte in der Hauptverhandlung nichts zur Klärung beitragen: Die Dateien trügen zwar Zeitstempel, die aber nicht für jeden sichtbar seien, da müssten Gutachter ran, ein kompliziertes und teures Verfahren. Fest steht, dass der Angeklagte 57 von 68 Videos und fast alle Fotos gelöscht hatte, „nur den Download-Ordner hatte er wohl vergessen“, berichtete der Kriminalpolizist im Zeugenstand.

Der Angeklagte erzählte dem Gericht – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – von seiner Homosexualität und von seiner Pädophilie, er habe eine Psychotherapie begonnen. Sein Geständnis wirke sich ebenso strafmildernd aus, sagte Richter Dr. Alexander Bluhm, wie die „Stigmatisierung“: Angehörige und Nachbarn hätten das mitbekommen, das wirke länger als die Strafe. Sein Bruder habe den Kontakt zu ihm abgebrochen, erzählte der Angeklagte, der erst vor zehn Jahren aus dem Elternhaus auszog, allein lebt und kinderlos ist.

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Das Gericht verhängte eine Geldstrafe von 7200 Euro (180 Tagessätze à 40 Euro). Der Angeklagte habe „Glück gehabt“, so der Richter, dass die Taten nach altem Recht verurteilt wurden, das einen Diebstahl höher bestrafte als den Besitz von Kinderpornografie. Nach der Strafverschärfung ist das Schöffengericht zuständig, die Mindeststrafe liegt bei einem Jahr Haft.

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