MitgliederausstellungBewegende Geschichten im Siegburger Pumpwerk

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Mitgliederausstellung des Kunstvereins für den Rhein-Sieg-Kreis im Pumpwerk, Objekt von Norman Junge

Kinetische Objekte von Norman Junge sind zur Mitgliederausstellung des Kunstvereins Rhein-Sieg im Pumpwerk zu sehen.

Der Kunstverein für den Rhein-Sieg-Kreis lädt unter der Überschrift „Stories“ zur Mitgliederausstellung ins Siegburger Pumpwerk      

Geschichten erzählen, das kann ein mächtiger Antrieb für die Künstlerinnen und Künstler sein, und so kommt auch die Mitgliederausstellung des Kunstvereins zu ihrem Titel „Stories“.

Der Vorsitzende Reinhard Lättgen blickte in seiner Eröffnungsansprache weit zurück und mutmaßte gar, Geschichten könnten vielleicht der „zentrale Bestandteil der Kulturgeschichte“ sein, was schon jahrtausendealte Höhlenmalereien gezeigt hätten. Künstler hätten sogar versucht, Dinge zu erklären, die eigentlich unerklärbar sind.

Ausstellung im Pumpwerk in Siegburg: Putins Tisch auf einem Taschentuch

Zu sehen sind bis zum 16. Oktober Arbeiten von 37 Mitgliedern des Vereins. Sabine Hack etwa steuert unter anderem ein Exponat zur jüngeren, düsteren Zeitgeschichte bei: Sie zeigt ein Taschentuch mit einer Zeichnung, auf der sich zwei Herren an einem ungewöhnlich langen Tisch gegenübersetzen. Eine Anspielung auf das beängstigend paranoide Verhalten von Wladimir Putin vor und in dem grausamen Krieg, mit dem er die Ukraine heimsucht.

Eine Gruppe von Menschen steht in einem Raum mit verschiedenen Kunstwerken

Mitgliederausstellung des Kunstvereins für den Rhein-Sieg-Kreis im Pumpwerk, Eröffnung mit Reinhard Lättgen (rechts)

Anspielungsreich ist ein Objekt von Ilse Wegmann: Sie stapelte weiß und schwarz angemalte Milchkartons in einen Käfig, was wohl als Erzählung über Massentierhaltung und Konsum verstanden werden kann, aber auch hintersinnigen ästhetischen Reiz hat. King Size hat Georg Schnitzler einen wandfüllenden Mann in Uniform betitelt, den er aus mit farbiger Kohle bemalten Papierausschnitten zusammenfügte. Auf den ersten Blick wirkt er sehr stattlich. Auf den zweiten Blick steht er halbnackt da.

Fotokünstler greift seine eigene Kindheitsgeschichte voller Gewalt auf

Ein Mann steht vor Schwarz-Weiß-Fotografien, die Kinder zeigen

Herbert Döring-Spengler erzählt mit Mitteln der Fotografie von seiner Kindheit

Seine eigene Kindheitsgeschichte greift der Fotokünstler Herbert Döring- Spengler auf. In einer Schwarz-Weißaufnahme zeigt er einen Jungen, der ängstlich einen Stuhl vor sich hält oder auf einem anderen Bild bettelnd auf der Straße eines Rotlichtviertels steht.

Döring Spengler erzählt von sich und seinem Vater: Dieser habe ihn einmal auf der Reeperbahn sich selbst überlassen, während er sich in einem Etablissement vergnügte. Später wuchs er im Heim auf, war Schlägen und Misshandlungen ausgesetzt. 2020 wurde er mit dem Rheinischen Kunstpreis ausgezeichnet.

Ein Käfig birgt weiße und schwarze Milchkartons

Milchkartons mit Aussage von Ilse Wegmann

Kinetische Objekte erinnern in der Mitgliederausstellung an Norman Junge (1938 bis 2022), der sich einen Namen als Bilderbuchillustrator machte, aber auch als Bildhauer arbeitete: Das Pumpwerk zeigt etwa eine große blaue Fahne, die dank eines schweren halbrunden Metallfußes ins Wippen gebracht werden kann.

Mitgliederausstellung im Pumpwerk in Siegburg: Ein Piano mit nur einer Taste

Ein bombenartiges Objekt an einem Wagenrad lässt sich um 360 Grad drehen, und im Inneren eines Pianos mit nur einer riesigen Taste wird ein Sägeblatt angeschlagen. Der Humor, der darin mitschwingt, erinnert daran, dass Junge auch Texte von Joachim Ringelnatz illustrierte (Geheimes Kinder-Spiel-Buch) oder immer wieder von Ernst Jandl („fünfter sein“, „ottos mops“).

Die Öffnungszeiten des Pumpwerks an der Bonner Straße 65 sind mittwochs von 11 bis 16 Uhr, donnerstags von 13 bis 18 Uhr, freitags von 11 bis 15 Uhr, jeden ersten und dritten Sonntag im Monat von 13 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung.

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