Max Mutzke tritt mit der SWR Bigband in Siegburg auf. Er spricht über fehlenden Gesangsunterricht, den ESC und artgerechte Haltung von Bands.
„Feuerwerk von der ersten bis zur letzten Sekunde“Max Mutzke über seinen Erfolg und die Arbeit mit Stars

Max Mutzke kommt ins Rhein-Sieg-Forum. Wir haben vorher mit ihm gesprochen.
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Vor 21 Jahren erreichte Max Mutzke beim Eurovision Song Contest den achten Platz, was ihn über Nacht berühmt machte. Seitdem ist der 44-Jährige aus der deutschen Rock-, Pop- und Jazzszene nicht mehr wegzudenken.
Am 17. Oktober gibt Mutzke mit der SWR Bigband im Siegburger Rhein-Sieg-Forum ein Konzert. Mit dem gebürtigen Schwarzwälder und Wahlkölner sprach Peter Lorber.
Wenn ja, warum freuen Sie sich auf Siegburg?
Ich freue mich unglaublich, weil ich zeigen kann, wieso es mich stolz macht, mit dieser Band unterwegs zu sein, mit der ich schon lange zusammenspiele. Das ist anders, als hätte man einen Bigband-Job mit nur einer Probe. Hier ist eine ganz andere Nähe, ich kenne jeden Namen, vom Musiker, Techniker bis Lkw-Fahrer. An der Band liebe ich die Spielfreude. Alles Ausnahmekönner, viele mit Hochschul-Professuren und mit eigenen Bands. Die Qualität ist einfach unbeschreiblich.
Was gibt es in Siegburg zu hören?
Stücke von mir wie „Welt hinter Glas“ oder „Marie“, aber auch Klassiker von meinem Album „Colors“. Es ist ein buntes Programm, auch mit Evergreens wie „Me And Mrs Jones“. Das Programm hat so viel Feuer. Mit einer Battle zwischen Percussionist Rhani Krija und Schlagzeuger Guido Jöris. Oder wenn die Solisten nach vorne treten und auf unglaublichem Niveau ihre Soli spielen. Viel Gesang mit den Backing Vocals Fontaine Burnett und Johannes Papalaja. Ständig passiert etwas.
Es ist ein Feuerwerk von der ersten bis zur letzten Sekunde. Das heißt aber nicht mit einer Lautstärke von 100 Prozent. Es ist oft ganz klein und berührend, aber mit einer Intensität von 120 Prozent.
Das klingt nach viel physischem Aufwand. Ist es da bei 35 eng aufeinander folgenden Konzerten möglich, immer das letzte Hemd fürs Publikum zu geben?
Man muss miteinander umgehen, wenn man so lange unterwegs ist. Von der ersten bis zur letzten Show. Auf der Bühne ist es absolut artgerechte Haltung (lacht). Es ist wie bei Stalltieren. Auf der Wiese fühlen die sich wohl. Im Winter, wenn sie im Stall sind, beginnt die schlimme Zeit. Das ist, wenn wir hinter der Bühne sind.
Gibt es Mutzke in nervös?
Nein. Bei mir ist es von Jugend an ausschließlich das Livekonzert, was meine Stärke und meinen Erfolg ausmacht. Ich weiß, dass ich mich auf mich verlassen kann. Als wir zum ersten Mal zusammen geprobt haben, hat die Band gemeint, es sei, als spielten wir schon immer zusammen. Als ehemaliger Schlagzeuger habe ich einen anderen Zugang zu Timing und Bandgefühl. So hat alles schnell funktioniert.
Trotzdem müssen sich ja die bevorzugten Genres decken.
Das tun sie. Ich habe das große Glück, dass ihre Musik auch meine ist: R’n’B, Jazz, Soul, Richtung Ray Charles und James Brown.
Sie gelten als Perfektionist. Gibt es doch noch etwas zu verbessern?
Ich singe heute so viel anders, sodass ich jetzt manchmal denke, mein „Can't Wait Until Tonight“ (ESC-Lied von 2004, Anm. d.Red.) war damals gar nicht so gut gesungen. Man merkt einfach, dass man sich immer weiter entwickelt. Mit dem Alter verlagern sich ja auch die Geschmäcker und Schwerpunkte, was man können will und wie es klingen soll.
2004 haben Sie den überaus beachtlichen achten Platz beim ESC belegt. Hatten Sie je daran gedacht, irgendwann selbst dafür ein Kandidat zu sein?
Ich wusste vor meiner eigenen Teilnahme am Grand Prix nicht einmal, dass es den gibt. Das liegt an meiner Bullerbü-Kindheit. Ich war ein Mensch, der immer draußen war, immer, immer, immer. Für mich war ESC ein absolut weißer Fleck. Auf einmal hieß es, wir wollen mit dir dahin. Zunächst war es für mich ein weiterer Fernsehauftritt. Erst im Laufe der Zeit habe ich verstanden, dass es die größte Musikveranstaltung der Welt ist.
Und wie war der Hype nach dem Erfolg?
Ich erlebte auf einmal Menschen, die ich bis dahin nur vom Fernseher kannte, meine Heroes wie Helge Schneider, Eminem, Kylie Minogue, Will Smith. Das war schon krass: auf der einen Seite war der Alltag, der so gnadenlos nach vorne ging, und gleichzeitig hast du gedacht, du bist in einem Traum. Und dann wachst du auf und merkst, es war keiner.
Es wird berichtet, Sie hätten keine Gesangsausbildung?
Ja, und das ist ein ganz großes Geschenk in meinem Leben. Als ich 15 war, hat mich ein alter Jazzpianist gehört. Der meinte: Max, tu mir den Gefallen und besuche nie eine Gesangschule. Sie werden dir alles nehmen, was dich ausmacht, mach dein Ding. Ich bin mit diesem Talent gesegnet, dafür bin ich sehr dankbar.
Gibt es persönliche Ziele, unerfüllte Träume?
Erst hinterher stellt sich oft heraus, dass sich Träume erfüllt haben. Ich bin Bill Evans begegnet, den ich seit meiner Jugend verehre. Mittlerweile sind wir Freunde. Ich habe bei ihm gewohnt, wir haben in Nashville zusammen gespielt. Im Publikum saß Billy Gibbons von ZZ Top. „Hey, let’s write a song together“, bot er an. Wir trafen uns in Köln wieder, saßen zusammen, er, seine Frau und ich. Das sind traumhafte Dinge, die dann zum Leben gehören.
Da müsste ja das Album „Durcheinander“ dazugehören, angesichts der Musikprominenz, die da mitgemacht hat.
Das Album war ein Ritterschlag. Ich galt da noch als Popmusiker, und wir wollten ein Jazzalbum machen. Dann dachten wir, wir fragen mal die ganz guten Leute, ob die mitmachen. Es war für mich nicht nur ein Befreiungs-, sondern ein Ritterschlag. Alle, die wir angerufen haben, sagten zu, von Thomas D., DJ Ease, Wigald Boning, Klaus Doldinger bis Götz Alsmann. Und keiner wollte Geld dafür. Das war fantastisch schön.