Streit vor Hennefer BaumarktAkademikerpaar wegen rassistischen Äußerungen verurteilt

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Amtsgericht Siegburg

Amtsgericht Siegburg 

Siegburg/Hennef – Ein harmloser Konflikt vor einem Hennefer Baumarkt eskalierte: Ein älteres Ehepaar, das im April 2020 zunächst mit Mitarbeitern und dann mit den herbeigerufenen Polizisten aneinander geraten war, erhielt jetzt vor dem Siegburger Amtsgericht eine saftige Geldstrafe wegen Beleidigung. Der Mann, emeritierter Professor, muss 6300 Euro bezahlen, die Frau, eine frühere Lehrerin, 2500 Euro. Beide bestritten die Vorwürfe.

Die Angeklagten sollen ohne Einkaufswagen an der langen Warteschlange vorbeigegangen sein. An der Einlasskontrolle wurden sie gestoppt und aufgefordert, sich hinten anzustellen. Es war die erste Corona-Welle, und es durfte sich nur eine begrenzte Anzahl von Kunden in dem Markt aufhalten. Daraufhin soll entweder der Mann oder die Frau laut geäußert haben, dass man sich „von einem Türken und einem Neger“ nichts sagen lasse.

So schilderte es der Mitarbeiter der beauftragten Sicherheitsfirma im Zeugenstand, ein deutsch-syrischer Elektrotechnikstudent. Sein Kollege, ebenfalls Student und von dunkler Hautfarbe, hatte nur einen lauten Wortwechsel gehört, aber keine Einzelheiten.

Ehepaar beschimpfte auch die Polizisten

Ein unbeteiligter Kunde, ein 52-jähriger Immobilienmakler, gab besagten Satz sowohl bei der polizeilichen Vernehmung als auch in der Hauptverhandlung zu Protokoll. Die rassistische Beleidigung habe er genau in Erinnerung. „Ich habe dem jungen Mann geraten, die Polizei zu rufen.“

Gegenüber den Polizeibeamten weigerte sich das Ehepaar zunächst, die Personalien anzugeben. Mehr noch: Als die 24-jährige Polizistin ihren Kollegen mit Namen ansprach, habe einer der Angeklagten laut geäußert: „Ach, noch so ein Mehmet“, da sei es ja klar, dass sie so behandelt würden.

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„Das war sehr unangenehm, der Markt war voll“, sagte die Polizistin im Zeugenstand. Ihr Kollege, ein erfahrener 48-jähriger Kommissar, beschrieb: „Ich habe mich erniedrigt gefühlt.“

Draußen auf dem Parkplatz, wo die Beamten eine Halterabfrage über das Kfz-Kennzeichen zur Identifikation veranlassten, hätten die Angeklagten weiter geschimpft, die Polizistin als ungebildet bezeichnet, den Polizisten als widerlich. Das alles wertete Amtsrichter Herbert Prümper als Beleidigung, die Worte seien „herabwürdigend“.

Der Staatsschutz wurde informiert

Polizeibeamte haben das Recht, die Personalien von Menschen aufzunehmen, die einer Straftat verdächtig sind. Verhält sich jemand extrem unkooperativ und erkennt offenbar die staatliche Autorität nicht an, wird die Verbindung zur Reichsbürgerszene überprüft. Bei dem Vorfall in Hennef haben die Ordnungshüter bei ihren Kollegen im Wohnort des Ehepaares nachgefragt, ihre Namen waren allerdings nicht bekannt.

Zusätzlich wurde der Staatsschutz informiert. Bei einem „Prüffall rechts“, so der Kommissar, seien sie zwingend dazu angehalten. (coh) 

Der Angeklagte verzichtete auf sein Schlusswort, seine Frau nicht: Sie habe nicht, wie in der Anklage behauptet, in Bezug auf die Polizistin von einem minderwertigem IQ gesprochen, sondern von einem „Bildungsdefizit“. Nicht die Zeugen, sie hätten Rassismus erfahren, „mit umgekehrten Vorzeichen“. Sie seien „wie Vieh aus dem Markt getrieben worden“.

Als sie mit erhobener Stimme dem Richter vorwarf: „Ich war für Sie von Anfang an die Schuldige“, drohte Prümper ihr ein Strafgeld von 100 Euro oder ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft an. Nach der Urteilsverkündung schimpfte sie weiter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert.

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