Siegburgerin gewinnt den Münchener BranchenpreisMode wirkt auf sie anziehend

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Preisgekrönt: Modedesignerin Josephine Klock in ihrem Nadelstreifen-Mantel  mit pfiffigem Accessoire.

  • Josephine Klock aus Schneffelrath hat den Münchener Branchenpreis gewonnen.
  • Die 26-Jährige trägt seit vielen Jahren nur noch selbstgeschneiderte Kleidung.
  • Konsumkritik, Nachhaltigkeit, hochwertige Kleidung, auch das sind ihre Themen.

Siegburg – Wie eine Fessel wirkt der Ärmelriegel, doch die Befreiung ist ganz leicht, demonstriert Josephine Klock. Sie öffnet mit zwei Fingern den Magnetverschluss, und die drei Stoffstreifen flattern von ihrer Schulter bis zum Handgelenk. Die graue Blusenjacke gehört zur Kollektion „l’Essence“, mit der die junge Frau aus dem idyllischen Ortsteil Schneffelrath den mit 10 000 Euro dotierten Münchner Modepreis gewann.

Kleidung, nicht nur funktional und schick, sondern als Sinnbild für Eigenverantwortung, Entscheidungsfreiheit, Stärke. Dass die Verbindung zur Philosophie sowohl bei ihren Dozenten der Deutschen Modeschule ankam als auch bei der fünfköpfigen Jury, das hatte die 26-Jährige kaum zu hoffen gewagt. Sie wolle „weg von der Oberflächlichkeit, weg von der Uniformität, hin zu einem veränderbaren Look“, schildert Klock. „Es soll um den Träger gehen.“

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Die Befreiung ist leicht: Nur Magnete halten den Riegel, der wie eine Fessel wirkt. Ohne ihn flattern die drei Ärmelstreifen.

Josephine Klock sitzt mit ihrer Mutter Carmen Staubach-Klock am heimischen Esstisch mit weitem Blick aufs Siebengebirge und kann es noch gar nicht richtig fassen. Erst am Vorabend aus München eingetroffen, geht es bald weiter nach Paris, wo sie derzeit in einem kleinen Atelier ein Praktikum macht und bald auch beruflich Fuß fassen will. Möglichst in einer renommierten Firma, möglichst bei Chanel – Thema eines Referats zu Schulzeiten –, das wäre ein Traum. Die Selbstständigkeit sei ein fernes Ziel, aber – konzentrierter Blick aus braunen Augen unterm schwarzem Pony –: „Es gibt noch so viel zu lernen.“ Die Quelle ihrer Inspiration entsprang in der Schule. Im Siegburger Gymnasium Alleestraße kam sie im Französischunterricht mit der Ideen- und Lebenswelt des Existenzialistenpaars Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir in Kontakt. In dieser Zeit nahm ihre Mutter sie mit zu den Nähkursen im Lohmarer Werkhof Ichen. Bald saß auch die Tochter an der Nähmaschine, schneiderte Flohmarkt-Klamotten um und fand ihren eigenen klaren und minimalistischen Stil.

Kein leichter Weg

„Ich habe seitdem nur noch meine eigenen Sachen getragen.“ Bis zum Gewinn des Münchner Modepreises war es kein leichter Weg. Für die Teilnahme am Modepreis wählten die drei Münchner Modeschulen ihre besten Absolventen aus.

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Auch diese Tasche aus einem Plexiglaswürfel mit vielsagendem Inhalt hat die Designerin aus Schneffelrath gemacht.

Akribisch arbeitete Klock an ihrem Motivationsschreiben und ihrem designten Lebenslauf, bis jedes Wort und jede Linie stimmte. Auch schwierig: fünf Ensembles auszusuchen aus ihrer achtteiligen Kollektion. Jeder Teilnehmer gestaltete ein Schaufenster in München, Videos wurden gedreht, Musik und Models ausgewählt, „für mich viel mehr als Kleiderständer“. Dann die Einzel-Präsentation vor der Jury (unter anderem mit einem Vertreter der Zeitschrift Vogue und des Edeltaschenherstellers Aigner) im Presseclub am Marienplatz: Klock hatte nur zehn Minuten, um mit ihren Worten ein Bild zu zeichnen der 50er-Jahre-Stimmung und diesen Mix aus Melancholie und Aufbruch ins Heute zu transportieren: „Wir müssen uns aktuell wie damals neu orientieren.“

Technik und Mode

Nach der deutschen und französischen Hochschulreife (Abibac) studierte Josephine Klock in Hamburg den Ingenieursstudiengang Bekleidungstechnik, kämpfte sich im Grundstudium durch Elektrotechnik, Physik, Chemie und setzte später ihre Schwerpunkte bei Produktentwicklung und Modedesign. Ihre Bachelorarbeit, ein multifunktionaler Trenchcoat, wurde mit 1,0 benotet. Es folgten Praktika bei Marco Polo und Hugo Boss, dann schaffte sie die Aufnahmeprüfung in München, die sie mit der staatlichen Prüfung zum Modellmacher abschloss. (coh)

Konsumkritik, Nachhaltigkeit, hochwertige Kleidung, auch das sind ihre Themen. Bei der abendlichen Modenschau in der Mufferthalle fieberten Klocks Eltern im Publikum mit. Die Siegburgerin schickte als Letzte ihre Models auf den Laufsteg. Die präsentierten unter anderem einen weißen Pulli aus lauter Sartre-Zitaten (in Anspielung auf den Label-Wahn), gedruckt auf einer Plottermaschine eines Hennefer Sportshops, und mit dem Skalpell eigenhändig ausgeschnitten von Josephine Klock; einen Nadelstreifen-Trench für Damen mit losem Reißverschluss-Stegkragen und umklappbaren Taschen; ein vermeintlich strenges Kleid, verwandelt mit einem Handgriff in ein Wickeloberteil mit schwingender Hose; einen Herren-Blouson mit luftigen Einblicken und einen Herren-Mantel mit Protektor.

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Mode mit Wirkung: „Die Models haben mir nachher gesagt, dass sie sich noch nie so stark gefühlt hätten.“ Und dem Juror, der sie verwundert fragte: „Wer hat das denn alles genäht?“, antwortete sie selbstbewusst: „Ich.“

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