RSVG und Bahnen fahren nichtSo läuft der Streik-Tag im Rhein-Sieg-Kreis

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Männer in gelben Warnwesten der Gewerkschaft stehen unter einem Verdi-Pavillon neben einem Bus.

Bei der RSVG in Troisdorf-Sieglar bezogen die Mitarbeiter den Streikposten.

Am Tag des Streiks im öffentlichen Nah- und Fernverkehr blieben auch im Rhein-Sieg-Kreis die Bahnen und viele Busse im Depot. 

Das befürchtete Chaos blieb aus. Trotz des Warnstreiks im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, zu dem am Montag die Gewerkschaften Verdi und EVG aufgerufen hatten, rollte der Verkehr in der Region weitgehend störungsfrei. Auch in den Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises hatten sich viele Pendler offenbar rechtzeitig auf Bahn- und Busausfälle eingestellt, arbeiteten aus dem Homeoffice und nutzten den eigenen Wagen oder Mitfahrgelegenheit für den Weg zu Arbeit, Schule oder Studium.

Auf der Autobahn 59 zum Beispiel lief der Verkehr am Montagmorgen vergleichsweise reibungslos, von Stau keine Spur. Weitgehend leer dagegen waren die Bahnhöfe in der Region, wo Reisende auf den Anzeigetafeln auf den Warnstreik der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und bei der Bahn hingewiesen wurden: „EVG-Streik: Fern- und Regionalverkehr der DB aktuell eingestellt“.

Alle 480 Beschäftigte der RSVG im Rhein-Sieg-Kreis waren im Ausstand

Ebenfalls vom Streik betroffen war der Busverkehr in der Region. Doch obwohl nach Gewerkschaftsangaben ein Großteil der rund 480 Fahrerinnen und Fahrer der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) dem Aufruf ihrer Gewerkschaft folgten, konnte rund die Hälfte der Fahrten im RSVG-Netz durch Subunternehmer durchgeführt werden.

Dennoch waren überfüllte Busse eher eine Seltenheit. „Da unsere Linien häufig als Zubringer zu den Bahnhöfen genutzt werden und am heutigen Streiktag auch keine Züge fahren, sind die Busse eher weniger stark frequentiert“, erläuterte RSVG-Sprecherin Melanie Matyschok auf Anfrage der Redaktion.

Über menschenleeren Bahnsteigen hängen zwei Anzeigetafeln, auf denen über den Streik informiert wird.

Am Troisdorfer Bahnhof blieben die Bahnsteige leer, die Anzeigetafeln informierten über den Streik.

Bereits am Freitag hatte das Kollegium der Gesamtschule Windeck entschieden, nur die Klassen fünf und sechs in Präsenz in Rosbach zu unterrichten. Die übrigen Schülerinnen und Schüler der größten Flächengemeinde im Kreis seien zum Fernunterricht vor den heimischen Bildschirmen verpflichtet worden, berichtete der stellvertretende Schulleiter Frank Sauerzweig auf Nachfrage.

Wenig los war auch in der Siegburger City: „Die Stadt ist ruhiger als sonst, den Streik merkt man schon“, stellte Lothar Engbrocks, Inhaber der Boutique „Jeans and more“ am Nachmittag fest. Kunden reagierten offenbar gelassen auf den Ausfall von Bussen und Bahnen: „Einer kam zu Fuß aus Troisdorf, ein anderer mit dem Fahrrad.“ Eine weitere Kundin sei ganz normal mit dem Auto zum Shoppen gekommen, so wie immer. Engbrocks betreibt sein Geschäft am Markt seit vier Jahren.

Car-Sharing und E-Roller waren im Rhein-Sieg-Kreis deutlich gefragter als sonst

Streikbedingt überdurchschnittlich gefragt waren am Montag Carsharing-Fahrzeuge und E-Scooter. „Absolut merken wir das“, sagte Tanya Bullmann de Carvalho dos Santos, Geschäftsleitung Vertrieb und Marketing beim Carsharing-Anbieter Cambio Rheinland. An einem normalen Montag liege die Auslastung bei knapp unter 30 Prozent: „Heute erwarten wir locker das Doppelte.“

Autos fahren auf der Autobahn, im Hintergrund erhebt sich das Siebengebirge im Morgennebel.

Kaum mehr Verkehr als sonst gab es morgens um 7.20 Uhr auf der A 59 sowohl in Fahrtrichtung Köln als auch in Fahrtrichtung Bonn.

Teilweise habe sich das auch schon in der vergangenen Woche abgezeichnet: „Der Streik war ja lange schon angekündigt.“ Und so war der Standort Elisabethstraße in Siegburg schon am Montagvormittag ausgebucht, am Berliner Platz und am Verbindungsweg war ab dem Nachmittag kein Auto mehr zu bekommen.

„Im Vergleich zu normalen Tagen registrieren wir steigendes Nutzerverhalten, wenn Bus und Bahn nicht fahren“, so Patrick Grundmann, Pressesprecher von Tier Mobility, auf Nachfrage der Redaktion. Die Firma verleiht bundesweit E-Scooter- und Fahrräder – auch in Hennef, Sankt Augustin, Siegburg und Troisdorf. Auch in diesen vier Städten sind die Buchungszahlen am Streiktag deutlich gestiegen. Beim E-Bike-Anbieter Nextbike haben sich die Ausleihzahlen am Streiktag sogar verdreifacht berichtet Pressesprecherin Mareike Rauchhaus. Das sei aber jedes Mal bei solchen Ereignissen zu beobachten.

Streik: Fahrgemeinschaft angeboten und keine Mitfahrer gefunden

Ein junger Mann steht an der geöffneten Fahrertür seines Pkw.

Der Siegburger Timo Zornbach bot am Streiktag 27. März vergeblich eine Fahrgemeinschaft nach Bonn-Duisdorf an

Und dann gab es da noch private Mobilitätsangebote: Jeden Tag fährt der Wolsdorfer Timo Zornbach nach Bonn-Duisdorf zur Arbeit und freut sich, dass sein Plug-in-Hybrid-Wagen mit einer Ladung für Hin- und Rückfahrt auskommt. Als der Streik weite Teile des öffentlichen Nahverkehrs lahmlegte, hätte der 31-Jährige, der als Veranstaltungstechniker im Landwirtschaftsministerium arbeitet, gern Mitfahrer gehabt. Doch daraus wurde nichts: Sein Angebot, über Social Media eine Fahrgemeinschaft zu bilden und um 7 Uhr in Wolsdorf loszufahren, hatte zwar am Sonntagabend 129 Likes – doch Passagiere fanden sich nicht.

„Vielleicht war das einfach nicht das richtige Medium“, mutmaßt Zornbach, denn immerhin gebe es in Duisdorf zwei weitere Ministerien und eine Berufsschule, so dass es theoretisch schon Interesse durchaus an einer Fahrgemeinschaft geben müsse. Seine Motivation erklärt Zornbach: „Ich fahre eh, ich finde das selbstverständlich.“ Die Notsituation durch den Streik habe das noch „getriggert“.

Auf den Streiktag musste sich auch seine Freundin vorbereiten, mit der er zusammenwohnt: Die studiere in Köln und sei bereits am Sonntag aufgebrochen, um bei einer Kommilitonein zu übernachten – und diese wiederum sei auch anders als sonst extra schon am Vorabend des Streiks angereist. Schwieriger werde es für seine Freundin mit der Rückfahrt, für die sie eine Mitfahrgelegenheit suchen musste: Der Fahrer nehme dafür einen großen Umweg in Kauf, gegen entsprechendes Spritgeld. „Ein Heidenaufwand“, findet Zornbach. Natürlich gebe es ein Streikrecht, die Arbeitsniederlegung sei nun mal das letzte Mittel. „Aber das darf nicht auf dem Rücken der Mitbürger ausgetragen werden.“

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