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Ungewöhnliche Aktion in TroisdorfPony Pegsy besucht Senioren in der Residenz

Lesezeit 3 Minuten
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Streicheleinheiten gab es viele für Pegsy im Altenheim. 

Troisdorf – Die Dame im Rollstuhl stutzt. Da steht ein Pferd auf dem Flur. Ein braun-weiß geschecktes Islandpony läuft durch den Gang der Nobilis-Seniorenresidenz am Wilhelm-Hamacher-Platz, schlägt kurz mit dem Schweif, guckt zur Anmeldung und dann zu der Bewohnerin.

Die strahlt: „Ach, dich kenn’ ich doch! Du bist doch mein Freund!“ Und tatsächlich: Das Islandpony Pegsy senkt den Kopf, schnuppert am Rollstuhl und legt vertrauensvoll seine Nase in die Hände, die sich ihm entgegenstrecken.

Sozialer Dienst hatte den Besuch des Ponys organisiert

Warmer Atem, sanfte Lippen und weiches Fell: Viele der Bewohnerinnen und Bewohner, die im Halbkreis im großen Eingangsraum sitzen, heben die Hand zum Streicheln, schon bevor das Pony bei ihnen angelangt ist. „So ein schönes Pferd!“, wird Pegsy gelobt. „Und so brav!“

Tatsächlich: Der 20-jährige Wallach geht langsam von einem Stuhl zum nächsten und lässt sich tätscheln.

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Ob in dem Korb wohl Möhren sind?

Manchmal bleibt er aber auch stehen und und hält Abstand, wenn die Furcht vor dem großen Tier die Hand doch wieder zurückzucken lässt. Manchmal senkt er den Kopf und schnuppert nur behutsam an den Füßen im Rollstuhl.

„Als ich Kind war, hatten wir große Kaltblüter, die sind mal durchgegangen und haben mich umgerannt“, berichtet eine Frau. Deshalb habe sie Angst.

„Sie können ihn ja auch nur anschauen“, schlägt Pegsys Besitzerin Monika Müller vor und will mit ihm schon weiter zum nächsten Mann, der die Hand bereits ausgestreckt hat. Doch Pegsy wartet noch – und tatsächlich tastet die ängstliche Frau nach seiner Nase, streichelt dann seinen Kopf und mag dann gar nicht mehr aufhören.

Pegsy sucht die Nähe zum Menschen, obwohl er wohl misshandelt wurde

„Er spürt, ob die Leute ängstlich sind, er ist sehr empathisch“, erzählt Müller, die in der Seniorenresidenz als Leiterin der Hauswirtschaft arbeitet. „Er sucht immer die Nähe zum Menschen.“

Dabei habe er ganz sicher schon sehr schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Seine vernarbten Ohren sind für sie ein deutlicher Hinweis, ebenso wie sein früheres Verhalten.

Erst vor vier Jahren kaufte sie den Wallach, der damals als unreitbar galt. „Der wäre doch sonst zum Schlachter gekommen.“ Anfassen ließ sich Pegsy, der eigentlich Pegasus heißt, damals nicht. Furchtsam und schreckhaft war er, lief beim kleinsten Geräusch davon.

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Auf dem Weg hinaus trifft Pegsy noch eine Dame, die er schon bei seinem ersten Besuch kennenlernte.

Irgendwann aber merkte Müller, dass er Vertrauen gefasst hatte, ihre Nähe suchte und dann völlig gelassen blieb. „Wenn ich die Verbindung zu ihm halte, können sogar Kinder auf ihm reiten“, berichtet sie stolz von ihrem Pony. Am liebsten würde sie mit ihm auch Kindergärten und Grundschulen besuchen. „Uns muss man nur anfragen“, sagt sie lachend.

Heimbewohner reagieren positiv auf den tierischen Besuch

Kleine Kunststücke brachte sie dem Isländer bei, der von der Insel importiert wurde: Tänzerisch den Huf heben, auf ein Podest steigen. Sie dachte sich: So lieb und sanft wie Pegsy jetzt ist, müsste er doch eigentlich mal ins Altenheim mitkommen.

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Aus Sicht von Annika Schmidt, der Leiterin des Sozialen Dienstes, ist das ein Glücksfall: „Ich glaube, Tiere erreichen die Menschen ganz anders.“ Im November vergangenen Jahres durfte Pegsy einen Probebesuch machen und ging ganz ruhig in die Lobby des Heims, wo er bereits die ersten Bewohnerinnen und Bewohner verzauberte.

Unbedingt wiederholen wollte Schmidt den Pferdebesuch daraufhin: „Ich habe ja gesehen, wie positiv die Reaktionen sind!“

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Artig verabschiedet sich Pegsy vom Pförtner.

Pegsy gähnt. „Für ihn ist der Besuch im Heim anstrengend“, erläutert Müller. Es ist Zeit zu gehen. Das Pony schlendert gemächlich zurück zum Ausgang. „Tschö, leeve Jung!“, ruft ihm einer hinterher.