Handicap sportlich nehmenTroisdorfer LG gründet Gruppe für Menschen mit Beeinträchtigungen

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Behindertensportgruppe bei der Troisdorfer LG

Fünf Mitglieder mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen trainieren derzeit in der neuen Behindertensportgruppe, die Raphael Hänsel (2.v.r.) gegründet hat.

Der Leiter der Gruppe Raphael Hänsel ist selbst gehandicapt, nachdem er sich bei einem Radsportunfall ein Schädel-Hirn-Trauma zugezogen hat.

Eigentlich heißt es: Aller Anfang ist schwer. Für die neu eingerichtete Behindertensportgruppe bei der Troisdorfer LG scheint das allerdings nicht zu gelten. Wenn man beobachtet, mit welch unbändiger Energie Kevin Kraus schon beim Einlaufen über den Rasen im Aggerstadion wirbelt und einen Handstand einstreut, zeugt das eher von großer Leichtigkeit als mühsamer Schwere.

Der 17-jährige Autist mit dem artistischen Bewegungstalent gehört zu den ersten Neu-Mitgliedern, die sich der neuen TLG-Sporteinheit von Raphael Hänsel angeschlossen haben. Der 59-Jährige ist selbst gehandicapt, nachdem er sich 2002 bei einem Radsportunfall ein Schädel-Hirn-Trauma zugezogen hat und seitdem kognitive Einschränkungen hinnehmen muss.

Ich möchte zeigen, dass auch Menschen mit Behinderung etwas leisten können. Außerdem: Sport verbindet.
Raphael Hänsel, Leiter

„Ich möchte zeigen, dass auch Menschen mit Behinderung etwas leisten können. Außerdem: Sport verbindet“, antwortet Hänsel auf die Frage nach seiner Motivation. Immerhin fünf Mitglieder gehören der Gruppe bereits an. Die Zusammensetzung ist bunt gemischt. Die 15-jährige Julia Rygiel ist ebenfalls Autistin, hat bislang Kung Fu betrieben, möchte jetzt aber zur Leichtathletik wechseln und Langstrecken laufen. Da könnte Annette Weiss ihr Vorbild sein.

Fünf Mitglieder mit unterschiedlichen Handicaps

Der 55-Jährigen musste 2011 nach einer schweren Verletzung eine Achillessehne entfernt werden. Danach wechselte die zuvor erfolgreiche Fußballerin und Leichtathletin in die Para-Klasse und hat aktuell weiterhin große Pläne: „Ich möchte den deutschen Rekord über 5000 Meter in der Klasse T48 brechen.“ Dafür muss sie immerhin knapp unter 21 Minuten laufen. Birgit Rick ist die Fünfte im Bunde.

Früher war die 66-Jährige beim Ju Jutsu und im Handball aktiv. Heute sagt sie schlicht und einfach: „Ich habe Rücken.“ Ein Paradebeispiel dafür, dass die Zielgruppe bewusst weit gefasst ist. „Verschiedenste Beeinträchtigungen, altersübergreifend und ohne Leistungs- oder Wettkampfdruck“, erläutert TLG-Pressesprecher Sebastian Dreesbach das Profil des Angebots der Troisdorfer LG, das zunächst einmal wöchentlich montags von 18 bis 19.30 Uhr durchgeführt wird.

Behinderten-WC fehlt noch im Aggerstadion

Begleitpersonen sind im barrierefreien Aggerstadion gern gesehene Gäste. Ein Behinderten-WC fehlt noch. Der Verein ist diesbezüglich allerdings schon an die Stadt herangetreten. Nach dreimaligem kostenfreiem Probetraining ist eine Mitgliedschaft im Verein obligatorisch. Weitere flankierende Ideen gibt es bereits. So möchte man mit den Werkstätten der Lebenshilfe Rhein-Sieg Kontakt aufnehmen, genauso wie mit dem Sanitätshandel Rahm.

„Wir freuen uns auf die wichtige Erweiterung unserer Gemeinschaft unter dem Motto „Zesamme stark“ und hoffen auf starken Zulauf“, bekräftigt TLG-Vorsitzender Ralf Saborowski. Damit rennt er bei Kevins Pflegemutter Ellen und Julias’ Mutter Ewa offene Türen ein. Beide betonen, sie freuten sich über das Angebot – und es sei eigentlich verwunderlich, dass darauf nicht schon vorher jemand gekommen sei. Denn besonders schwer war der Anfang der Behindertensportgruppe tatsächlich nicht.

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